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Substitution: Apotheken dringend benötigt
Mehr Patienten, doch immer weniger Suchtmediziner
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert (SPD), will mit einem Teamwork von Arztpraxen und Apotheken eine deutlich bessere Versorgung für Menschen erreichen, die eine Drogensubstitution erhalten sollen. „Wir wollen gemeinsam noch mehr Apothekerinnen und Apotheker für diese Behandlungsform gewinnen“, verkündete Blienert nach einem Fachgespräch mit der ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Im vergangenen Oktober wurde bekannt, dass er die Dialogreihe Runder Tisch Substitutionsversorgung ins Leben gerufen hatte (AZ 2022, Nr. 42, S. 3). „Gemeinsam mit der ABDA, der BÄK und vielen anderen (...) werden wir daran arbeiten, die Substitution jetzt und in Zukunft voranzubringen“, so Blienert damals.
Nur jede achte Apotheke aktiv
Ein Artikel in „Tagesspiegel Background“ vom 31. Januar 2023 thematisiert die Herausforderungen bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten in der Drogensubstitution. ABDA-Präsidentin Overwiening kommt darin zu Wort und erklärt, dass ein entsprechendes Angebot der Apotheken „bisher leider oft ein Draufzahlgeschäft“ sei. Die gesetzlichen Krankenkassen müssten sich bewegen. Overwiening selbst versorgt in ihrer Apotheke im westfälischen Borken neun Heroinabhängige mit Methadon, Levomathadon und Buprenorphin. Laut Angaben der ABDA beteiligen sich bislang allerdings nur 2300 der rund 18.000 Apotheken an der Substitutionsversorgung – und das größtenteils in Städten und Ballungszentren.
Patienten vor allem in den Stadtstaaten
„Tagesspiegel Background“ berichtet, dass Entlastung für die teilweise schwer überlasteten Suchtmedizinerinnen und -mediziner dringend nötig sei. Seit dem Jahr 2012 sinke ihre Zahl. Laut eines Berichts der Bundesopiumstelle habe dieser Trend zeitweise gebremst werden können – zwischen 2015 und 2019 habe die Anzahl stabil bei etwa 2600 gelegen – während der Pandemie jedoch habe sich die Negativentwicklung „in beschleunigter Weise“ fortgesetzt.
Zuletzt, im Jahr 2021, waren bundesweit nur noch 2496 Substitutionsärztinnen und -ärzte gemeldet. Das sind 235 weniger im Vergleich zu 2012.
Laut Recherchen von „Tagesspiegel Background“ sei parallel dazu jedoch die Zahl der Substitutionspatienten während der Pandemie nicht gesunken, sondern gestiegen. Laut Recherchen von „Tagesspiegel Background“ waren Mitte 2019 noch 79.400 solcher Patientinnen und Patienten gemeldet – in den Jahren 2020 und 2021 bereits jeweils 81.300.
Die meisten Substitutionspatienten gab es 2021 in Nordrhein-Westfalen, ihre Zahl betrug 25.730. In Baden-Württemberg waren es 10.481, in Bayern 9254 und in Berlin 5780. Brandenburg dagegen kam gerade mal auf 122 Patienten. Auf 100.000 Einwohner gerechnet lagen die Stadtstaaten ganz vorn: Bremen mit 244, Hamburg mit 221 und Berlin mit 158. Am unteren Ende befanden sich Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 19 sowie Brandenburg mit nur fünf von 100.000 Einwohnern.
Eine stärkere Beteiligung der Apotheken an der Substitution wäre „ein wichtiger Beitrag für die Versorgungssicherheit“, heißt es vonseiten des Drogenbeauftragten Blienert. Overwiening äußert gegenüber dem „Tagesspiegel Background“ ihre Einschätzung, dass durch mehr „interprofessionelle Zusammenarbeit“ zu den gut 80.000 Behandelten nochmal rund 40.000 hinzukommen könnten.
Zugleich wird Kritik an den Kassenärztlichen Vereinigungen sowie an den Krankenkassen geäußert. „Es wäre schon viel gewonnen, wenn sie sich nicht länger weigern würden, beim Thema Substitution in offene und zielorientierte Verhandlungen mit dem Deutschen Apothekerverband einzutreten“, wird Overwiening zitiert. |
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