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Die Abmahnung folgt prompt: 12 Euro Rabatt bei gesund.de
Nikolaus-Rabatt sorgt für einen Download-Schub / Wettbewerber ia.de sieht nicht tatenlos zu
Gesund.de hat auf bemerkenswerte Weise Werbung für seine App gemacht: Am 6. und 7. Dezember gab es unter dem Code „Nikolaus“ im „Flash Sale“ 12 Euro „geschenkt“. Wer für mindestens 13 Euro über die App bestellte – egal ob als Neu- oder als Bestandskunde – sollte diesen Vorteil genießen. Mit dieser Aktion sollten möglichst viele Menschen auf die App, die Bestellungen bei Vor-Ort-Apotheken ermöglicht und hinter der Noventi und Phoenix stehen, aufmerksam werden. Tatsächlich landete die App am vergangenen Donnerstag auf Platz drei der deutschen App-Store-Charts – gleich hinter ChatGTP und Temu, aber noch vor Google.
Arzneimittel-Rabatte werden stets kritisch beäugt
Die Apotheken, welche die mit Rabatt bestellten Arzneimittel liefern, müssen für den Nachlass allerdings nicht gerade stehen. Die Kosten der Aktion werden laut gesund.de entweder von dem Plattformanbieter selbst oder von der pharmazeutischen Industrie getragen. Dennoch musste auch gesund.de klar sein: Auch wenn kein konkretes Arzneimittel beworben wurde, werden Gutschein- und Rabattaktionen, die Arzneimittel betreffen, stets kritisch beäugt und auch gerne juristisch angegriffen. Schließlich sind Arzneimittel keine normalen Waren, die mit Sonderangeboten bagatellisiert werden sollten. Schon gar nicht soll eine Werbung zu einem Mehr- oder Fehlgebrauch von Arzneimitteln führen.
Der Wettbewerber ia.de fordert Schadenersatz
Auch bei IhreApotheken (ia.de) – das Pendant des Zukunftspakts Apotheke zu gesund.de – hat man sich bei 12 Euro Rabatt offensichtlich die Augen gerieben. Prompt flatterte der gesund.de GmbH und Co. KG am vergangenen Freitag gleich eine Abmahnung des Wettbewerbers ins Haus. Auch wenn die Aktion bereits beendet ist: ia.de fordert über ihren Anwalt Morton Douglas umgehend den Stopp der Rabattwerbung.
Zudem soll gesund.de auch Auskunft darüber geben, wie viele solcher „Flash Sale“-Gutscheine eingelöst wurden und wie häufig die App heruntergeladen wurde. Mit diesen Auskünften will ia.de dann ermitteln, in welcher Höhe sie Schadenersatz beanspruchen kann.
Vorschub für Arzneimittelfehlgebrauch
Denn dass die Werbeaktion nicht erlaubt war, daran bestehen aus Sicht von Douglas und seiner Mandantin keine Zweifel. Unter anderem verstoße sie gegen das heilmittelwerberechtliche Zugabeverbot. Überdies leiste sie angesichts des hohen Rabatts dem Arzneimittelfehlgebrauch und -mehrgebrauch Vorschub. Und Marketingmaßnahmen, die ein solches Risiko schaffen, seien auch nach europäischem Recht unzulässig, heißt es in dem Anschreiben an die Geschäftsführung von gesund.de. Anwalt Douglas verweist dazu auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die sich mit Werbung lettischer Apotheken befasst hatte und bemerkenswerte Grenzen gezogen hatte. So habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass eine Werbung, die den unzweckmäßigen Einsatz von Arzneimitteln fördern kann, von Mitgliedstaaten verpflichtend zu untersagen ist.
Abmahnungsschreiben: Eine Art Feigenblatt von 1 Euro
Überdies sei zu berücksichtigen, dass die Aktion dazu geführt habe, dass Arzneimittel kostenlos abgegeben werden. „Soweit hier noch eine Art Feigenblatt von 1 Euro vorgesehen ist, der vom Verbraucher zu bezahlen ist, ändert dies an der Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise nichts“, heißt es im Abmahnungsschreiben. Die kostenlose Abgabe von Arzneimitteln hat der EuGH schon vor vielen Jahren für unzulässig erklärt.
Auf den insgesamt 14 Seiten des Schriftsatzes legt Douglas die Gefahren der Werbung dar – auch unterstützt durch zahlreiche Nutzerkommentare, die Vorschläge machen, mit welchen Arzneimittelkombis der 12-Euro-Betrag möglichst gut genutzt werden kann. Die Beispiele zeigten, dass hier „wild und ohne darüber nachzudenken Arzneimittel bezogen werden“.
Die Geschäftsführung von gesund.de ist nun aufgefordert bis zum 15. Dezember eine Unterlassungserklärung abzugeben. Gegenüber der DAZ wollte man sich dort nicht zu dem laufenden Verfahren äußern. |
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