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Arzneimittel und Therapie
Bye, bye Grippe?
Universeller mRNA-basierter Grippeimpfstoff im Tierversuch erfolgreich
Bald ist es wieder so weit: Jährlich im Februar tagt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und entscheidet über ihre Empfehlungen zur Zusammensetzung des Influenzaimpfstoffes für die kommende Grippesaison. Wie gut die Auswahl sein wird, zeigt sich erst nach der Saison. Je nachdem, wie schnell sich die zirkulierenden Viren verändern, kann die Wirksamkeit besser oder schlechter ausfallen. Beispielsweise in der Saison 2018/2019 lag die Wirksamkeit bei nur 21%, weil insbesondere Influenza-A(H3N2)-Viren schnell zu mutieren schienen [1]. Universal-Grippeimpfstoffe könnten diese saisonale Anpassung überflüssig machen. Forschungsansätze dazu konzentrierten sich bisher meist auf eine Impfung gegen konservierte Virusbestandteile, die in vielen Virus-Subtypen zu finden sind. Bis zur Zulassung geschafft hat es aber noch kein solches Vakzin. Wissenschaftler um Claudia P. Arevalo von der University of Pennsylvania schlugen mit der mRNA-Technologie, die sich in der Corona-Pandemie bewährt hat, nun einen neuen Weg ein [2]. Sie verpackten 20 verschiedene Nukleosid-modifizierte mRNA-Lipidnanopartikel, die sich gegen repräsentative Hämagglutinin-Antigene (H) aller Influenza-A-und -B-Subtypen richten, in einen Impfstoff (2,5 µg pro individuelle mRNA, entspricht 50 µg gesamt). Mit der herkömmlichen Methode im Hühnerei wäre ein solcher multivalenter Impfstoff aufwendig, mit der flexiblen mRNA-Plattform aber kein Problem.
Robuste Antikörperantwort
Im Tierversuch an Mäusen induzierte der 20-valente Impfstoff gegenüber allen untersuchten Subtypen robuste Antikörpertiter, die auch nach vier Monaten noch unverändert hoch waren. Um das Ergebnis mit herkömmlichen Impfstofftechnologien zu vergleichen, testeten die Wissenschaftler außerdem einen 20-valenten, rekombinanten Protein-Impfstoff. Die resultierenden Titer waren durchweg niedriger als nach der mRNA-Impfung. Auch eine vorangegangene Infektion der Versuchstiere mit H1N1-Viren verzerrte die Antikörperbildung nicht zugunsten des „bekannten“ Subtyps. Insgesamt entstanden keine kreuzreaktiven Antikörper, sondern distinkte Populationen an Antikörpern, die für die verschiedenen Hämagglutinin-Typen spezifisch waren.
Mäuse überlebten Grippe
Wie gut die Impfung gegen eine Grippeinfektion half, testeten die Wissenschaftler mit Provokationsversuchen an geimpften Mäusen. Sie infizierten die Tiere entweder mit einem H1-Stamm, der dem Impfantigen ähnlich war (A/California/07/2009), oder mit einem H1-Stamm, der nur zu 81% dem geimpften Antigen ähnelte (A/Puerto Rico/08/1934). Ein solcher „unbekannter“ Stamm simulierte ein neuartiges Virus, das eine Pandemie auslösen könnte. Kontrollmäuse, die beispielsweise nur gegen H3 geimpft waren, verloren nach der Infektion unabhängig vom verwendeten Virusstamm stark an Gewicht, erkrankten schwer und starben nach circa einer Woche. Mäuse, die mit dem 20-valenten Vakzin geimpft waren, schlugen sich weit besser. Sie erkrankten nicht nur weniger stark und überlebten alle den „bekannten“ Stamm, sondern erkrankten auch nach Infektion mit dem „unbekannten“ Stamm weniger stark, und fast alle überlebten. Das hört sich bekannt an? Wie auch bei der COVID-19-mRNA-Impfung schützte die gegen das Originalvirus gerichtete Impfung vor einem schweren Verlauf bei einer Infektion mit den neuen Varianten.
Schutz vor Pandemien
Derzeit arbeiten die Wissenschaftler an klinischen Studien. Würden sich die Ergebnisse auch am Menschen bestätigen, könnte man so ein Langzeit-Immungedächtnis gegen alle Influenza-Subtypen aufbauen und mögliche zukünftige Pandemien verhindern [3]. |
Literatur
[1] Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland Saison 2018/19. Arbeitsgemeinschaft Influenza des Robert Koch-Instituts, 2019
[2] Arevalo CP et al. A multivalent nucleoside-modified mRNA vaccine against all known influenza virus subtypes. Science 2022;378(6622):899-904, doi: 10.1126/science.abm0271
[3] Penn Scientists develop 20-subtype mRNA flu vaccine to protect against future flu pandemics. Pressemitteilung der University of Pennsylvania vom 24. November 2022, www.eurekalert.org/news-releases/972218
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