Arzneimittel und Therapie

Medikation unter der Lupe

Tipps und Tricks für die Medikationsanalyse –Fall 5: Eine Patientin mit Beinvenenthrombose und Lungenembolie in der Anamnese

Erweiterte Medikationsberatung ist eine der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die Apotheken ihren Patientinnen und Patienten mit Polymedikation anbieten können. Herzstück ist eine Medikationsanalyse. Sie ist die Basis für das Erkennen und Lösen von arzneimittelbezogenen Problemen. Neben einem strukturierten Vorgehen ist detek­tivischer Spürsinn gefragt. Mit unserer neuen crossmedialen Serie „Medikation unter der Lupe“ fordern wir diesen Spürsinn heraus.
Foto: MaG8 – unsplash.com

Einmal im Monat stellen wir in der DAZ und auf DAZ.online einen Fall vor und geben Anregungen für Lösungen. Dann sind Sie gefragt. Wie würden Sie vorgehen, um die Probleme in den Griff zu bekommen? Ihren Lösungs­ansatz können Sie dann in einem Webinar mit unseren Autorinnen und Autoren diskutieren, die ihrerseits einen Vorschlag präsentieren werden. Das Webinar zu unserem fünften Fall, den hier Apothekerin Dr. Dorothee Dartsch vorstellt, startet am 15. Februar 2023 um 20:00 Uhr.

Der Fall

Die Patientin: Frau Senger, eine 83-jährige Patientin (162 cm, 65 kg) nimmt das Angebot der erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation wahr. Zum Anamnesegespräch bringt sie ihren aktuellen Medikationsplan, ihre Medikamente und einen Laborbericht vom Vormonat mit. Im Apothekensystem liegt ein Kundensatz vor.

Subjektive Parameter: Frau Senger hat einen kleinen Bluterguss unter dem linken Auge, der ihr wegen der jüngst erlebten Thrombose und Embolie Sorge bereitet. Außerdem fragt sie, ob sie wirklich so viele Medikamente einnehmen müsse oder ob man nicht auf einige verzichten könnte. Sie habe aber keine grundsätzlichen Probleme mit der Handhabung oder dem Überblick über ihre Arzneimittel – was glaubhaft erscheint. Sie versuche, so viele Besorgungen wie möglich zu Fuß zu erledigen und verwende dafür ihren Rollator. Allerdings sei ihre Mobilität durch Schmerzen in beiden Knien etwas eingeschränkt. Insgesamt fasst sie ihren Zustand auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) zusammen mit „noch nicht ganz 10, sondern 7,5“, weil sie sich seit der Lungenembolie noch schlapp fühle.

Objektive Parameter: Bekannte Dia­gnosen sind essenzielle Hypertonie, Dyslipidämie, Diabetes mellitus Typ 2, Polyneuropathie verbunden mit neuropathischem Tremor der Hände sowie eine vor fünf Monaten stattgehabte Beinvenenthrombose mit anschließender Lungenembolie.

Die Tabelle gibt den Medikationsplan wider.

Tab.: Medikationsplan
Wirkstoff/Präparat
Stärke
Form
morgens
mittags
abends
besondere Hinweise
Pantoprazol 1A Pharma
40 mg
magensaft­resistente Tablette
1
0
0
30 Minuten vor dem Frühstück
Nebivolol Puren
5 mg
Tablette
1
0
0
Amlodipin Hexal
5 mg
Tablette
1
0
0
Spironolacton Accord
25 mg
Filmtablette
1
0
0
Januvia
50 mg
Filmtablette
1
0
0
Torasemid 1A Pharma
10 mg
Tablette
1
0,5
0
Moxonidin-CT
0,3 mg
Filmtablette
1
0
1
Metformin ratiopharm
1000 mg
Filmtablette
1
0
1
Primidon Holsten
250 mg
Tablette
0,5
0
0,5
Simvastatin AL
40 mg
Filmtablette
0
0
1
Candesartan AbZ
16 mg
Tablette
0
0
1
Dekristol
20.000 IE
Weichkapsel
nur am Sonntag: 1 Kapsel

Unter den mitgebrachten Arzneimitteln finden sich alle im Medikationsplan genannten sowie Eliquis® 5 mg. Frau Senger erklärt, dass sie Torasemid statt wie verordnet meistens nur mittags einnimmt (dann eine Tablette), um am Vormittag einkaufen zu können. Das Moxonidin sei auf 0-0-1-0 reduziert, zusätzlich nehme sie seit dem Krankenhausaufenthalt vor fünf Monaten morgens und abends je eine Tablette Eliquis 5 mg. Das Teilen der Torasemid- und Primidon-Tabletten sei mit einem Tablettenteiler gut machbar.

Der in der Apotheke gemessene Blutdruck von Frau Senger liegt bei 150/95 mmHg. Das Blutdrucktagebuch enthält systolische Werte zwischen 135 und 150 mmHg sowie diastolische Werte zwischen 90 und 100 mmHg. Die Laborwerte (Elektrolyte, Blutbild, Gerinnungsparameter, Leber, Creatin-Kinase­[CK]-Wert) liegen im Referenzbereich. Serumkreatinin: 0,8 mg/ml, HbA1c-Wert: 7,8%, LDL-Cholesterol-Wert: 82 mg/dl.

Tipps und Tricks

Die Medikation sollte auf folgende Arzneimittel-bezogenen Probleme (ABP) überprüft werden:

  • falsche Dosierung (Über-/Unterdosierungen, Dosierungs­intervall)
  • ungeeignete Darreichungsform
  • Einnahmezeitpunkte
  • Doppelmedikation, Pseudodoppelmedikation
  • Kontraindikationen (Alter, Geschlecht, Nierenfunktion …)
  • Interaktionen
  • fehlendes Arzneimittel trotz Indikation
  • fehlende Indikation für verordnetes Arzneimittel
  • Handhabungsprobleme
  • Probleme mit Therapie- und Einnahmetreue
  • Bericht von empfundener Nebenwirkung
  • Aufbewahrung der Medikation

Lösungswege

Dr. Dorothee Dartsch, Apothekerin und Fachtoxikologin, Campus Pharmazie GmbH Hamburg, wird am 15. Februar 2023 um 20:00 Uhr mit Ihnen in einem Webinar Lösungswege diskutieren. Das Webinar ist buchbar unter https://akademie.dav-medien.de/medikation-unter-der-lupe-eine-patientin-mit-beinvenenthrombose-und-lungenembolie-in-der-anamnese/

Das Webinar ist kostenfrei für Abonnenten der DAZ und Scholz online sowie für DPhG-Mitglieder. Alle anderen zahlen 35,00 Euro für die Teil­nahme. |

Disclaimer

Die Kasuistiken beruhen teils auf tatsächlichen Gegebenheiten, teils auf Ergänzungen und Fiktion. Ihren Pharmakovigilanz-Verpflichtungen sind die Autoren nach eigenem Ermessen und nach eigener Bewertung nachgekommen

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