Arzneimittel und Therapie

Vorsicht mit PPI bei Typ-2-Diabetikern

Langzeiteinnahme kann kardiovaskuläres Risiko und Mortalität erhöhen

Nehmen Typ-2-Diabetiker Protonenpumpenhemmer ein, erkranken sie signifikant häufiger an kardiovaskulären Erkrankungen wie koronarer Herzkrankheit, Herzinfarkt und Herzinsuffizienz. Auch die Gesamtmortalität ist 30% höher als bei Patienten ohne. Das ergab nun eine Auswertung von knapp 20.000 Diabetikern – und vermutet wird als Ursache eine veränderte Darmflora.

Bei Langzeiteinnahme eines Protonenpumpenhemmers (PPI) drohen zahlreiche Nebenwirkungen: Die Liste reicht von Knochenbrüchen über Niereninsuffizienz bis hin zu einem erhöhten Risiko für Clostridioides-difficile-Infektionen. Eine groß angelegte Studie bestätigt nun auch eine Assoziation zwischen PPI-Einnahme und kardiovaskulärem Risiko. Diese wurde bereits in der Vergangenheit in mehreren Beobachtungsstudien festgestellt.

In einer aktuellen Untersuchung nutzten Wissenschaftler eine große populationsbasierte prospektive Kohortenstudie (UK Biobank). Sie beobachteten insgesamt 19.229 Teilnehmer mit Diabetes mellitus Typ 2, die weder an Herzinsuffizienz oder koronarer Herzkrankheit (KHK) litten noch anamnestisch einen Myokardinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben. Die Nachbeobachtungsdauer betrug im Median rund 11 Jahre.

Kein erhöhtes Schlaganfallrisiko

Diabetiker mit PPI hatten nicht nur einen höheren BMI und waren durchschnittlich älter, sondern litten zudem häufiger an begleitender Hypertonie, Hypertriglyceridämie und Krebs. Doch selbst unter Berücksichtigung von Faktoren wie Schweregrad des Diabetes, Diabetesmedikation, Plättchenhemmung und Indikation des PPI traten kardiovaskuläre Erkrankungen unter Protonenpumpenhemmern signifikant häufiger auf:

Das Risiko für eine KHK war bei Einnahme eines PPI um 27% erhöht, die Risiken für einen Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz waren um 34% bzw. 35% erhöht. Auch die Hazard Ratio der Gesamt-Mortalität lag unter Einnahme eines PPI bei 1,30. Zur Erinnerung: Hazard Ratio (HR) bezeichnet das Verhältnis der Auftrittswahrscheinlichkeit zweier Gruppen. Bei einer HR von 1 gäbe es keinen Unterschied. Die Einnahme von Omeprazol und Co. war also mit einer um 30% höheren Gesamtmortalität innerhalb der Beobachtungszeit assoziiert. Lediglich in Bezug auf Schlaganfall war die Assoziation statistisch nicht signifikant.

Veränderte Darmflora schuld?

In der Vergangenheit wurde ursächlich für das erhöhte kardiovaskuläre Risiko zunächst eine Arzneimittelwechselwirkung zwischen PPI und Clopidogrel vermutet. Denn als Prodrug wird Clopidogrel erst durch Oxidation mit nachfolgender Hydrolyse zum aktiven Metaboliten. Omeprazol und Esomeprazol hemmen über CYP-Enzyme die Bildung und vermindern so die Clopidogrel-Wirkung. Panto­prazol, Rabeprazol und Lansoprazol scheinen von der Interaktion weniger betroffen. Allerdings ist die klinische Relevanz noch immer unklar, und es liegen widersprüchliche Daten vor.

Die Studienautoren mutmaßen, dass die veränderte Darmflora hinter dem erhöhten kardiovaskulären Risiko steckt: Durch die Anhebung des gastralen pH-Werts finden sich vermehrt Bakterien der oralen Mikrobiota im Darm, während zugleich die mikrobielle Diversität abnimmt. Als Folge der Dysbiose verändern sich Metaboliten, die von der Darmflora freigesetzt werden. Hierdurch könnten Entzündungen begünstigt, die Zusammensetzung der Lipoproteinsub­klassen und auch der Meta­bolismus von Makro- und Mikronährstoffen verändert werden. Zusätzlich scheinen PPI direkt die Blutzuckerkontrolle zu verschlechtern. Ein erhöhter HbA1c-Wert, der bei Diabetikern mit PPI beobachtet wird, beeinflusst wiederum das Risiko für makrovaskuläre Schäden.

Diabetiker sind also in vielerlei Hinsicht gefährdet. Einerseits haben sie eine dreifach höhere Prävalenz für die Einnahme eines PPI, andererseits erleiden sie zwei- bis viermal häufiger kardiovaskuläre Komplikationen und vorzeitigen Tod als die Gesamtbevölkerung. Als Schlussfolgerung mahnen die Autoren dazu, Nutzen und Risiko einer PPI-Therapie bei Diabetikern besonders sorgfältig abzuwägen und sie bei Einnahme verstärkt im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse zu überwachen. |

Literatur

Geng T et al. Proton Pump Inhibitor Use and Risks of Cardiovascular Disease and Mortality in Patients with Type 2 Diabetes. J Clin Endocrinol Metab 2022;dgac750, doi: 10.1210/clinem/dgac750

Apothekerin Anna Carolin Antropov

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