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Gewebeersatz
Knorpel aus dem Bioreaktor
Welche Eigenschaften hat menschliches Knorpelgewebe? Diese nur auf den ersten Blick rein medizinische Fragestellung beschäftigt zurzeit Wissenschaftler des Instituts für Allgemeine Mechanik der RWTH Aachen.
Menschliches Knorpelgewebe kann bei einem Unfall beschädigt werden. Daher wird schon lange daran geforscht, Knorpeldefekte in Gelenken durch Ersatzmaterialien zu beheben. Dafür geeignete Materialien müssen sowohl mechanische Lasten übertragen als auch gute Dämpfungseigenschaften besitzen.
Das Forschungsteam arbeitet in einem Netzwerk zusammen mit orthopädischen Kliniken und Industriepartnern daran, optimales Knorpelersatzgewebe zu finden. Gewonnen wird das Material zunächst aus dem so genannten Typ-1-Collagen, das Rattenschwänzen entnommen wird. Anschließend wird es mit menschlichen Knorpelzellen besiedelt. Dieses künstlich hergestellte Material bekommt dann unter mechanischen Wechsellasten gewünschte mechanische Eigenschaften antrainiert. Diese Eigenschaften benötigt das Gewebe für die Bewegungs- und Belastungsfähigkeit beispielsweise bei Stößen oder Sprüngen im menschlichen Körper. Der Effekt ist vergleichbar mit Muskelgewebe, das unter konstantem Training wächst, mit dem Unterschied, dass der Knorpel nicht durchblutet wird, sondern durch osmotische Prozesse genährt wird.
Um den Trainingseffekt des Knorpelersatzmaterials untersuchen zu können, haben Forscher des Instituts für allgemeine Mechanik Bioreaktoren entwickelt, in denen das mit menschlichen Zellen besiedelte Material sowohl in einer Nährflüssigkeit kultiviert als auch mechanisch stimuliert wird. Zyklische Druckbelastungen werden mit einem Stempel auf Materialproben übertragen, die am Boden eines zylindrischen Gefäßes gelagert werden. Innerhalb der meist zweiwöchigen Versuchsreihen, in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Orthopädie des Universitätsklinikums Aachen, muss das Material rund 400.000 Belastungszyklen entweder durch Druck oder Zug durchlaufen. Da die Versuche unter sterilen Bedingungen stattfinden müssen, werden die Proben mit den menschlichen Knorpelzellen nach außen isoliert und mit einer Nährflüssigkeit sowie Gasaustausch versorgt. Anschließend werden die mechanischen Eigenschaften der Proben getestet und biologisch sowie histologisch ausgewertet; die neu entwickelte Faserbildung kann untersucht werden. Darüber hinaus wird die Reaktion des kultivierten Materials mit und ohne mechanische Stimulation bewertet.
Quelle: Pressemitteilung der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), 21. April 2010.
Aachen - 25.04.2010, 08:51 Uhr