Neuer körpereigener Entgiftungsweg

Lebergefäße schützen die Nieren

Mannheim - 14.01.2011, 06:55 Uhr


Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mannheim haben einen Mechanismus entdeckt, mit dem die Leber die Nieren schützt. Sie konnten zeigen, dass die Blutreinigungsfunktion

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des menschlichen Körpers. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist der Abbau stoffwechseleigener und stoffwechselfremder Substanzen. Hierbei sind nicht nur die Hepatozyten, sondern auch die Endothelzellen der Lebergefäße von Bedeutung. Viele der beim Abbau von großen Molekülen entstehenden Abfallprodukte treten in den Blutkreislauf ein, gelangen in die Leber und werden dort schließlich entsorgt. Die Entgiftungsfunktion übernehmen Zellen, die das verzweigte Gefäßbett der Leber (die Lebersinusoide) auskleiden, die so genannten Lebersinusoid-Endothelzellen. Wie dieses Entsorgungs- und Recyclingsystem des Lebergefäßbetts funktioniert, war bislang nicht ausreichend geklärt. Jetzt sind Mannheimer Wissenschaftler dieser Frage nachgegangen.

Die Lebersinusoid-Endothelzellen exprimieren drei Typen von Rezeptoren, die sie bei ihrer Aufgabe unterstützen, indem sie die Aufnahme von Stoffen in die Endothelzellen ermöglichen. Neben dem Mannose-Rezeptor und bestimmten Immunglobulinrezeptoren sind die Rezeptoren Stabilin-1 und Stabilin-2 das wichtigste multifunktionale Rezeptorsystem der Lebergefäße. Um die Funktionen dieser beiden Rezeptoren besser aufzuklären, entwickelten die Wissenschaftler Mäuse, denen jeweils einer der beiden Rezeptoren fehlt, sowie Mäuse, denen beide Rezeptoren fehlen. Die Mäuse mit nur einem der beiden Stabilin-Rezeptoren entwickeln sich phänotypisch normal, das Fehlen eines der beiden Rezeptoren scheint sie nicht zu beeinträchtigen. Mäuse, denen beide Rezeptoren fehlen, sterben dagegen deutlich früher. Allerdings scheint sich der Defekt nicht über die Leber auszuwirken, diese zeigt keine Funktionsstörungen. Die Mäuse entwickeln jedoch ein schweres Nierenleiden – eine Fibrose der Nierenglomeruli, bei der vermehrt Bindegewebe gebildet und die Filterfunktion der Niere massiv beeinträchtigt wird. Des Weiteren wurde ein Wachstumsfaktor (GDF-15) identifiziert, der bei diesen Mäusen unzureichend aus dem Blut entfernt wird. Somit konnte gezeigt werden, dass nicht nur Stoffwechselprodukte, sondern auch Wachstumsfaktoren von den Leberendothelzellen aufgenommen und abgebaut und ihre Spiegel im Blut über diesen Mechanismus reguliert werden können.

Damit wird hier ein völlig neuer Mechanismus beschrieben, bei dem es durch verminderte Blutreinigung im Lebergefäßbett zu einer Schädigung der Niere kommen kann. Die Arbeit öffnet den Weg für weitergehende Untersuchungen zur Beteiligung der Leber an der Entstehung vieler Nierenerkrankungen.

Quelle: Schledzewski, K., et al.: J. Clin. Invest. 2011; Online-Vorabpublikation, DOI:10.1172/JCI44740.


Dr. Bettina Hellwig