Pharmaimporteur im Autogeschäft

Kohl wirbt für sein Elektroauto „Mia“

Merzig/Cerizay - 28.06.2011, 11:52 Uhr


In der Autoindustrie dreht sich alles um den elektrischen Antrieb – genau damit will Edwin Kohl jetzt den Großen der Branche Konkurrenz machen. Und zwar mit dem elektrischen Kurzstreckenauto „Mia“, das über 22.000 Euro kosten soll. Autoexperten finden das Konzept interessant.

Die ersten Fahrzeuge wurden laut Unternehmen jetzt an die französische Stadt La Rochelle ausgeliefert, die Serienproduktion soll im September starten. Bis Jahresende soll „Mia“ dann auch für den Privatmann zu kaufen sein – und damit einige Monate vor den Mini-E-Mobilen der Konkurrenz.

Wenn Edwin Kohl von „der Mia“ erzählt, leuchten seine Augen vor Begeisterung. „Das Konzept ist genial: E-Mobilität, Stadtflitzer, Fahrersitz in der Mitte, zwei Schiebetüren“, wirbt der 61-Jährige. Der Pharmaimporteur aus dem saarländischen Merzig stieg 2010 in die Autobranche ein, indem er die Mehrheit an der Elektroautosparte des insolventen französischen Karosseriebauers Heuliez aufkaufte.

Doch damit ist es nicht getan: „Im globalen Automarkt ist es enorm schwer, Fuß zu fassen“, sagt Experte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Allerdings bringe „Mia“-Entwickler Murat Günak einige Erfahrung aus der Branche mit. Günak arbeitete unter anderem als Chefdesigner bei VW und Peugeot. Jetzt leitet der 53-Jährige das „Mia“-Werk im westfranzösischen Cerizay. Und er setzt im Gegensatz zur großen Konkurrenz auf Bewährtes. So soll bei „Mia“ eine Lithium-Phosphat-Batterie zum Einsatz kommen, wie sie schon vielfach in Bussen eingebaut sei. Diese gilt zwar als vergleichsweise schwer, mit einem Stückpreis von etwa 4500 Euro aber auch als günstig – und laut Experten als besonders sicher.

Damit ein einziger Akku ausreicht, wurde das Gewicht des Autoflohs auf 750 Kilogramm reduziert, auf eine Klimaanlage oder elektrische Fensterheber verzichtet. „Wir haben mit einem 100 Prozent weißen Blatt Papier angefangen und uns immer wieder die gleiche Frage gestellt: Was braucht ein Kunde wirklich, um in der Stadt mobil zu sein?“ erklärt Günak.

„Mia“ ist mit einer Länge von 2,81 bis 3,19 Meter als Kurzstreckenauto angelegt. Die Reichweite soll bei vollgeladener Standardbatterie bei bis zu 90 Kilometern liegen, nachgeladen werden kann zwischendurch an jeder 220-Volt-Steckdose. Bisher haben vor allem Großabnehmer wie kommunale oder private Versorger etwa in Berlin oder Paris mehrere 100 Exemplare vorbestellt. Kohl rechnet damit, auch private „grüne“ Käufer für das Gefährt zu finden.

Auf die Idee mit dem E-Mobil kam Pharmahändler Kohl nach eigenem Bekunden vor einigen Jahren, als er eine Elektroautoflotte für seine Lehrlinge aufbauen wollte, aber nichts Geeignetes auf dem Markt fand. Als Heuliez pleiteging, griff er zu. Denn in seinem angestammten Pharmageschäft läuft es für den Importeur nicht allzu rosig. Die jüngsten Sparmaßnahmen treffen auch Importarzneimittel. In den vergangenen zwölf Monaten hat Kohl Pharma bereits rund 300 Arbeitsstellen abgebaut. Nun will Kohl andere Geschäftsfelder erobern. Von „Mia“ will er möglichst noch in diesem Jahr bis zu 3000 und von 2012 an jährlich 12 000 Stück bauen und absetzen – ein nach Ansicht von Bratzel zumindest ehrgeiziges Ziel. Der Autoexperte verweist darauf, dass etwa auch Daimler nach dem für 2012 angepeilten Start der Serienproduktion des Smart-E-Mobils eine Jahresproduktion im „niedrigen fünfstelligen Bereich“ plane.

Und Smart ist eine eingeführte Marke, die schon ein Händler- und Werkstättennetz besitzt. Dagegen muss sich der „Mia“-Hersteller mia-eletric das Vertrauen potenzieller Käufer erst erarbeiten. Verhandlungen mit Autohäusern und Werkstätten laufen noch. Was sein Geschäft zweifelsohne voranbringen könnte: Eine staatliche Kaufprämie für Elektroautos – nach dem Vorbild der Abwrackprämie.


dpa