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Experimentelle Pharmakologie
Mit EGCG plus Rotlicht gegen Alzheimer
Nanowissenschaftler der Universität Ulm haben eine „Licht-Zell-Pumpe“ entdeckt, mit deren Hilfe Nervenzellen die auf ihnen abgelagerten Beta-Amyloid-Plaques abbauen können. Die gleichzeitige Gabe des im grünen Tee enthaltenen Polyphenols EGCG intensiviert diesen Abbau. Diese Entdeckungen könnten in ferner Zukunft zu einer rationalen Therapie der Alzheimer-Krankheit führen.
Ein Dogma zur Pathogenese der Alzheimer-Krankheit lautet, dass Beta-Amyloid-Plaques auf Nervenzellen nicht mehr zu beseitigen sind und dass es das Ziel der Therapie sein muss, die Entstehung dieser Plaques zu verhindern. Dieses Dogma begann bereits 2010 zu wanken, als es der Arbeitsgruppe um Jan Bieschke in Berlin gelang, in vitro die Beta-Amyloid-Plaques auf Neuronen mithilfe des Polyphenols Epigallocatechingallat (EGCG) in ungiftige Verbindungen umzuwandeln (siehe Grüner Tee gegen Alzheimer-Plaques). Nun scheint das Dogma vollends infrage gestellt. Denn nun wurde ein Mechanismus gefunden, mit dessen Hilfe Neuronen – ebenfalls in vitro – die auf ihnen lagernden Plaques noch besser abbauen können.
Eine Arbeitsgruppe um Andrei Sommer am Institut für Mikro- und Nanomaterialien der Universität Ulm untersucht die physikalischen Eigenschaften von Wasser, das sich direkt auf der Oberfläche von Organellen im Zytosol befindet. Bei Bestrahlung der Zellen mit rotem Laserlicht der Wellenlänge 670 nm vergrößern die ersten drei oder vier Molekülschichten auf den Organellen ihr Volumen enorm. Die plötzliche Volumenzunahme treibt einen Teil des Wassers durch die Zellmembran hindurch nach außen. Wenn die Bestrahlung aufhört, entsteht plötzlich ein Unterdruck in der Zelle, und das Wasser strömt wieder ein. Sommer spricht von einer „Licht-Zell-Pumpe“.
Rein mechanisch verringerte sich in einem In-vitro-Versuch mit Neuroblastomzellen die Plaque auf den mit Nah-Infrarot bestrahlten Zellen durch die Hin-und-her-Bewegung des Wassers um etwa 20 Prozent. In Kombination mit EGCG stieg der Wert auf 60 Prozent, während EGCG allein immerhin einen Abbau von 50 Prozent bewirkte. Ein entscheidender Effekt der „Licht-Zell-Pumpe“ ist, dass sie die Bruchstücke der Plaques in das Zytosol transportiert, wo die Zelle sie „verdauen“ kann. So ist für einen eventuellen In-vivo-Versuch zu erwarten, dass die Plaquebruchstücke sich nicht im Interstitium anreichern, sondern von den Neuronen selbst phagozytiert werden und somit restlos verschwinden.
Quelle: Sommer AP, et al. 670 nm Laser Light and EGCG Complementarily Reduce Amyloid-β Aggregates in Human Neuroblastoma Cells: Basis for Treatment of Alzheimer's Disease? Photomed Laser Surg 2011;29; doi:10.1089/pho.2011.3073.
Ulm - 04.01.2012, 12:04 Uhr