Studie zum Vogelgrippevirus H5N1

Verbreiteter als gedacht aber weniger tödlich

New York/Washington - 24.02.2012, 07:59 Uhr


Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist einer Studie zufolge weniger tödlich als bislang angenommen. Zugleich könnten weit mehr Menschen daran erkrankt sein, als von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) registriert wurden. Das schreiben US-Forscher nach einer Auswertung von 20 Studien im Fachjournal „Science“.

Taia T. Wang und Peter Palese von der Mount Sinai School of Medicine in New York (USA) stellen die WHO-Kriterien zum Nachweis einer Infektion mit dem Erreger infrage. Diese berücksichtigten möglicherweise nur schwere Fälle von Vogelgrippe, bei denen Patienten im Krankenhaus landen und eine schlechtere Prognose haben, die Krankheit zu überleben.

Bei der neuen Auswertung hatten schätzungsweise ein bis zwei Prozent von mehr als 12 500 Studienteilnehmern Nachweise für eine vorausgegangene Vogelgrippeinfektion im Blut. Im Großen und Ganzen zeigten sie davor keine Symptome von Atemwegs- oder fieberhaften Erkrankungen, schreiben Wang und Palese.

Nach Auskunft der „Science“-Autoren treten die Vogelgrippeviren vor allem bei Menschen und Vögeln in ärmeren Gegenden auf, in denen es wenig Gesundheitsversorgung gibt. Sie stellen die These auf, dass viele Menschen mit der Infektion nicht untersucht werden und diese nicht bestätigt werden kann. Darüber hinaus berichteten Menschen mit Spuren einer Vogelgrippe-Infektion im Blut häufig, dass sie keine Grippe-ähnlichen Symptome hätten, schildern Wang und Kollegen. Milde Verläufe würden nicht von der WHO berücksichtigt.

Nach Angaben der WHO sind weltweit seit 2003 fast 600 Erkrankungsfälle durch Vogelgrippe bei Menschen bekannt geworden. Fast 60 Prozent der Patienten starben nach WHO-Daten daran.
 
 Wären tatsächlich ein bis zwei Prozent in gefährdeten Bevölkerungsgruppen betroffen, so könnten Millionen von Menschen schon einmal Kontakt mit den Viren gehabt haben, folgern die Forscher. Es könnte ebenso sein, dass die Zahl der Todesfälle durch Vogelgrippeviren unterschätzt wird. Weil sie dies aber nicht anhand der Daten beweisen können, rufen die Forscher zu groß angelegten Untersuchungen auf, um Klarheit über die Gefährlichkeit des Erregers zu erhalten.

Schlagzeilen machte das Virus H5N1 in den vergangenen Wochen, weil Forscher eine hochansteckende Variante im Labor gezüchtet hatten. Unter anderem hatten die USA Bedenken geäußert, dass dieses „Supervirus“ als Biowaffe eingesetzt werden könne. Ein WHO-Symposium unter Beteiligung der betreffenden Wissenschaftler kam zu dem Schluss, dass die Forschung an der Virenvariante erstmal weiterhin eingestellt und die Bauanleitung dafür – vorerst – nicht veröffentlicht werden sollte.


dpa