Streit um Zuzahlungsclub eskaliert

Schlammschlacht um Viva Vita

Berlin - 04.04.2012, 10:57 Uhr


Drohungen, Detektive, Strafanzeigen – der Streit um den Zuzahlungsclub Viva Vita eskaliert zu einer juristischen Schlammschlacht. Zwischen den beiden Hauptprotagonisten Dr. Karl Blüher, bis 31. März Viva-Vita-Präsident, und Apotheker Christian Kraus aus Pforzheim hagelt es bedrohliche E-Mails, Unterlassungserklärungen und Strafanzeigen. Selbst Detektive sind undercover als Testkäufer im Einsatz.

Angefangen hatte alles mit einer Klage von Apotheker Kraus gegen die Werbung der EU-Versandapotheke für den Viva-Vita-Zuzahlungsclub. Inzwischen ist daraus ein handfester Streit erwachsen. Und ein Ende der immer härteren Auseinandersetzung ist nicht in Sicht. Weder Apotheker Kraus noch der seit 1. April neue Viva Vita-Präsident Christopher Günter sehen Anlass, den Streit beizulegen. „Eine Vermittlungsbemühung durch den neuen Präsidenten Herrn Günter wird es nicht geben, da dazu kein Anlass besteht. Wir befinden uns mit der Familie Kraus und speziell mit Herrn Christian Kraus nicht im Rechtsstreit“, teilte Viva Vita auf DAZ.online-Anfrage mit. Und der Pforzheimer Apotheker Kraus ist „entschlossen“, die Angelegenheit bis zum Ende durchzufechten.

Die Kosten spielen dabei offenbar keine Rolle. Im Auftrag von Kraus hat sich die Detektei „Condor International“ als Testkäufer bei Viva Vita versucht: Am 24. Februar bestellte ein Mitarbeiter der Detektei ein Arzneimittel bei der mit Viva Vita kooperierenden EU-Versandapotheke unter Beifügung seiner Viva Vita Mitgliedsnummer. Am 29. Februar wurde das Päckchen geliefert. Was die Detektive stutzig machte: Obwohl nur Viva Vita über die Bankdaten des Testkäufers verfügte, buchte die EU-Versandapotheke den fälligen Zuzahlungsbetrag direkt von seinem Konto ab. „Hierdurch entsteht der Eindruck, dass die Buchhaltungen der EU-Versandapotheke und der Viva Vita Netzwerk Gesundheit e.V. zusammenarbeiten und geschäftliche Verflechtungen nicht auszuschließen sind“, schrieb „Condor International“ an seinen Auftraggeber Kraus. Übrigens: Bis zum 16. März hatte der Testkäufer die von Viva Vita versprochene Zuzahlungserstattung noch nicht auf seinem Konto.  

Über solche und andere Nachstellungen im Auftrag von Apotheker Kraus geriet der zum 31. März ausgeschiedene Viva Vita-Präsident Karl Blüher derart in Rage, dass er sich mit seiner Frau ins Auto setzte und am 16. März unangekündigt nach Pforzheim in die Apotheke Im Arlinger zu Kraus fuhr. Das Gespräch blieb sachlich, aber ohne Annäherung in der Sache.

Noch immer entrüstet schickte Blüher daraufhin zwei E-Mails in mindestens bedenklicher, teilweise militärischer Tonlage an Kraus: Die Lage sei „hochexplosiv“, heißt es darin und könne „sich durchaus zu einer existenziellen Bedrohung auch für Sie und Ihre Familie entwickeln“. Und weiter: „Der Viva Vita Beirat habe aufgrund Ihrer Denunzierungen, Diffamierungen und sonstigen Nichtsnutzigkeiten den Verteidigungsfall festgestellt und den Vorstand beauftragt und bevollmächtigt, alle juristischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Sie und Ihre Familie einzuleiten und solange durchzuführen“, bis die Angelegenheit juristisch geklärt sei. Zudem kündigte Blüher an, die Apotheken der Familien Kraus „auf Ihrem Territorium in Pforzheim anzugreifen“.

Seitdem fühlt sich Apotheker Kraus bedroht und greift zur Gegenwehr: Über seine Rechtsanwälte spricht Kraus ein Hausverbot gegen Blüher aus. Es folgten Abmahnung und sogar Strafanzeige gegen Blüher wegen „versuchter Nötigung und versuchter Erpressung“. Inzwischen räumt Ex-Viva Vita-Präsident Blüher gegenüber DAZ.online ein, die Tonlage der E-Mails „heute so nicht mehr zu wählen“.

Obwohl der neue Viva Vita-Präsident Günter in der Sache hart bleiben will, distanziert er sich vom Schlammschlachtcharakter der Auseinandersetzung: „Wir können zwar seine Intention sehr gut nachvollziehen, halten aber ein bis zwei Formulierungen in den Mails für nicht besonders geglückt“, so Viva Vita-Pressesprecher Roman König. Außerdem: Die ursprünglich als Vermittlung gedachte Aktion von Blüher sei „rein privater Natur“ gewesen und habe „nichts mit Viva Vita e.V. zu tun“. Blüher habe bereits im Januar aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt erklärt und sei zum 1. April von seinem Nachfolger Günter abgelöst worden. „Der Vereinssitz wird in diesem Zusammenhang nach Stuttgart verlegt“, so König.

Allerdings kann Apotheker Kraus durch die neue Viva Vita-Führung nicht automatisch auf Entspannung hoffen. Denn als ausdrücklich persönliche Meinung fügt Viva Vita-Sprecher König gegenüber DAZ.online hinzu: „Herr Christian Kraus darf sich nicht wundern, dass es, wenn er Detekteien engagiert, um bei Kollegen Testeinkäufe durchführen zu lassen, sich nicht gerade um vertrauensbildende Maßnahmen handelt und auch seine Kollegen entsprechend reagieren.“ Fortsetzung folgt.


Lothar Klein