Kommentar

Der gute Wille entscheidet

02.11.2012, 11:49 Uhr


Bei den Verhandlungen über den Kassenabschlag hat der GKV-Spitzenverband die Berufung eines unabhängigen Prüfers für die Geschäftsdaten der Apotheken gefordert. Dies ist ein beliebter Schachzug in Verhandlungen: Wenn man nicht auf inhaltliche Argumente eingehen will, bezweifelt man die Datengrundlage. Das schindet Zeit und bietet zumindest die Chance, mit anderen Zahlen ein besseres Ergebnis zu erzielen.

§ 130 (1) SGB V fordert, bei den Verhandlungen über den Kassenabschlag die tatsächlichen Betriebsergebnisse repräsentativ ausgewählter Apotheken zu berücksichtigen. „Berücksichtigen“ heißt allerdings nicht „identisch abbilden“. Das Gesetz schreibt keinen Automatismus vor, sondern Verhandlungen. Und dazu gehört der Wille, Leistungserbringer angemessen zu honorieren und Leistungen anzuerkennen. Das Interesse an einer vernünftigen Versorgung und der partnerschaftliche Umgang unter den Vertragsparteien zählen also mehr als mögliche Unsicherheiten über Nachkommastellen in den Betriebsergebnissen.

Wenn sich schon guter Wille nicht einfordern lässt, so sollte die Argumentation wenigstens logisch sein, aber auch da gibt es ein Problem: Die Kassen fordern, nur für diejenigen Kosten aufkommen zu müssen, die nur die Kassenpatienten verursachen. Der Rest sei Sache der AMPreisVO. Das ist logisch, auch wenn der Verordnungsgeber leider den Apotheken den vollen Ausgleich ihrer Kostensteigerung durch die Gegenrechnung der Rohgewinnzuwächse verwehrt hat. Wenn aber nur der Kostenanteil gesucht ist, der auf Kassenleistungen beruht, können Betriebsergebnisse nicht weiterhelfen. Dieser Anteil könnte nur mit einer kostenrechnerischen Analyse ermittelt werden und gerade nicht anhand der gesamten Geschäftstätigkeit der Apotheken. Möglicherweise könnte der geforderte unabhängige Prüfer eine solche Analyse erstellen. Doch auch über die richtige Analyse ließe sich dann endlos streiten - oder mit gutem Willen ein Ergebnis aushandeln.

Lesen Sie hierzu:

2. Runde Kassenabschlag vor dem Aus: GKV fordert unabhängigen Prüfer


Dr. Thomas Müller-Bohn