Unter den in italienischen Krankenhäusern gestohlenen Arzneimitteln fanden sich auch Präparate des Schweizer Konzerns, etwa Avastin, Herceptin und MabThera. Zahlreiche Chargen verschwanden und gelangten über Zwischenhändler unter anderem zu deutschen Arzneimittelimporteuren. Doch nicht nur in Italien verschwanden Medikamente, auch in Deutschland wurden beim Logistikdienstleister Transoflex/ThermoMed in Neuss zahlreiche Arzneimittel gestohlen – darunter viele Importarzneimittel.
Für die betroffenen Hersteller eine höchst missliche Situation – vor allem, wenn die Präparate am Ende tatsächlich derart gefälscht sind, dass sie für den Patienten zur Gefahr werden können. Sie setzen unter anderem auf mehr Sicherheit durch SecurPharm. Doch bis dieses System läuft, wird noch etwas Zeit vergehen. Jetzt hat sich Roche entschieden, Strafanzeige zu stellen – und zwar direkt beim Bundeskriminalamt. Mit der Behörde hat Roche bereits zusammengearbeitet. Das Unternehmen will damit auch ein Signal setzen. Die Hoffnung ist nun, dass die Strafverfolgungsbehörden weitere Spuren auftun, die in Deutschland verfolgt werden können, auch wenn sie zunächst gegen Unbekannt ermitteln müssen.
Angezeigt hat Roche einen ganzen Strauß möglicher Vergehen und Verbrechen. Von der Verletzung arzneimittelrechtlicher Vorschriften, etwa zum Inverkehrbringen gefälschter Arzneimittel, bis hin zu Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit. „Das sind wir unseren Patienten schuldig,“ sagt Hagen Pfundner, Deutschland-Chef von Roche und Vorstandsvorsitzender des Verbands forschender Pharmaunternehmen (vfa). „Die haben schließlich vor allem den Schaden.“ Gegenüber der „WirtschaftsWoche“ machte er auch nochmals deutlich, dass ihm die deutsche Importförderklausel ein Dorn im Auge ist. Der Großteil der gestohlenen Italienware landete sicher nicht ohne Grund in Deutschland. Pfundner ist überzeugt: „Diese Importförderklausel schafft mittlerweile einen Absatzmarkt für kriminelle Machenschaften.“
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Hersteller zur Strafanzeige schreiten werden. Ob sie damit tatsächlich etwas bewirken können, ist unklar. Zumindest ist das Thema auch in der Politik durchaus präsent. Bei der heutigen Justizministerkonferenz steht es ebenfalls auf der Tagesordnung. Beraten wird auf Antrag Hamburgs über Strategien im Kampf gegen die Verletzung des geistigen Eigentums. Erörtert werden soll auch, ob in dieser Hinsicht strafrechtliche Mittel erweitert werden sollten, um die generalpräventive Wirkung des Strafrechts zu stärken.
Berlin - 06.11.2014, 11:14 Uhr