Folgen des Studien-Skandals in Indien

Diefenbach: Apotheker baden die Probleme aus

Berlin - 10.12.2014, 17:04 Uhr


Die mutmaßlich gefälschten Studien für Generika, die in Deutschland dazu geführt haben, dass jetzt 80 Arzneimittel nicht mehr verkehrsfähig sind, lassen derzeit einige Apotheker verzweifeln. Schließlich finden sich auf der BfArM-Liste der betroffenen Arzneimittel viele Rabattvertragspräparate. Für den stellvertretenden HAV-Vorsitzenden Hans Rudolf Diefenbach ist dies ein Skandal – vor allem weil wieder Ärger in der Apotheke abgeladen wird, die Unterstützung aber fehlt.

Diefenbach kann nur den Kopf schütteln, dass auch Pharmaunternehmen mit Rang und Namen den strengen Normen unserer Arzneimittelgesetzgebung offensichtlich nicht genügen. „Wir in unseren Apotheken bekommen auch in diesem Fall wieder die Verärgerung der Patienten ab.“ Packungen landeten auf den HV-Tischen, einige Kollegen seien bereits rüde attackiert worden, „dass ja wohl die Apotheke auch nicht sicher sei“, berichtet Diefenbach DAZ.online. Doch seitens der ABDA gibt es nur die Information: Die Apotheken dürfen die betroffenen Arzneimittel zwar nicht mehr abgeben, die Patienten müssten sich aber keine Sorgen machen, fragliche Präparate, die sie schon zuhause haben, weiter einzunehmen. Das mag richtig sein – aber schwer vermittelbar.

Haben Kassen Prüf-Pflicht?

Der HAV-Vize gibt zu bedenken: Sind nicht die gesetzlichen Kassen verpflichtet, zu prüfen ob ihre Rabattvertragspartner alle Qualitätsvorgaben erfüllen, ehe sie Verträge abschließen? Nun finden viele dieser Verträge ein jähes Ende. Obwohl die Laienpresse schon zwei Tage über die gefälschten Studien berichtet und Patienten verunsichert werden, gibt es bislang wenig Information für die Apotheken, beklagt Diefenbach. Die Listen der betroffenen Arzneimittel müsse man sich selbst besorgen, Rote-Hand-Briefe seien noch nicht da. Und wo blieben die Hinweise der Kassen, wie die Apotheken damit umgehen sollen? Und wo die Statements der Regierungspräsidien? „Wir Apotheker werden bei jeder (un)passenden Gelegenheit diskreditiert, hier aber, wo Schlampereien in großem Maße stattgefunden haben, da dürfen wir – jedenfalls bis heute noch – wieder die Probleme ausbaden.“

Apotheker haben Recht auf Aufklärung und Information

Dabei müssten sich Apotheker auf das – scheinbar doch nicht so engmaschige – Netz von Qualitätsnormen verlassen können. Der Staat, so Diefenbach, reklamiere für sich eines der besten Systeme der Welt. Dazu trügen auch Apotheker erheblich bei. Daher hätten sie auch ein Anrecht auf lückenlose Aufklärung und den Hinweis des BfArM, dass die Apotheken maximale Sicherheit bei der Arzneimittelabgabe bieten, aber auf das vertrauen müssen, was man ihnen gibt. Doch dieses Vertrauen sei momentan gestört.

Politik muss eingreifen, ABDA Stellung beziehen

Es müsse doch zu denken geben, so Diefenbach, wenn sich die Menschen beklagen, dass Modelabels in Billiglohn-Ländern unter unmenschlichen Bedingungen produziert werden, sich aber nicht fragen, wie unsere Arzneimittel in diesen Ländern produziert werden. Der HAV-Vize sieht nun die Regierungsparteien gefordert. Sie müssten eingreifen „in das größenwahnsinnige Sparprogramm der Festbeträge und Giga-Nachlässe der Firmen gegenüber den Kassen“. Unternehmen, die dem anhaltenden Preisdruck standhalten wollen, müssen schauen, wie sie am günstigsten produzieren können. Für Diefenbach ein nicht mehr tragbarer Zustand. Auch die ABDA fordert er zum Handeln auf: „Ein Statement von Friedemann Schmidt ist fällig. Eine deutliche einheitliche Sprache des gesamten Standes auch zur Information der Patienten und Ärzte(!) ist so zwingend geboten wie selten.“


Kirsten Sucker-Sket


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