Sodbrennen

Kein Grund, sauer zu sein: Hilfe gegen das Brennen hinter dem Brustbein

23.12.2014, 08:00 Uhr


Alle Jahre wieder ist es so weit: die fetten Tage stehen bevor - mit Gänsebraten, einem Gläschen Wein und vielerlei Süßem, aber damit bei manchen auch mit lästigen Beschwerden. Wenn es in Magen und Speiseröhre brennt, ist schnelle Hilfe aus der Apotheke gefragt. Doch welche Mittel sind für die Selbstmedikation geeignet? Wann muss an den Arzt verwiesen werden? Und warum sind ältere Menschen und Schwangere besonders oft von Sodbrennen betroffen?

Symptome im Überblick

Sodbrennen gehört mittlerweile zu den häufigsten Erkrankungen in den westlichen Industrienationen. Rund 30% der Deutschen leiden regelmäßig oder gelegentlich unter gastroösophagealen Refluxsymptomen [1, 2]. Viele Betroffene beschreiben ein Druckgefühl im Oberbauch und retrosternales Brennen, wobei der Schmerz bis in den Hals oder Rachen ausstrahlen kann. Häufig wird über saures Aufstoßen und Regurgitation (Zurückfließen von Mageninhalt bis in den Mundraum ohne Erbrechen) geklagt. Besonders ausgeprägt sind die Beschwerden meist im Liegen, wenn der saure Mageninhalt leichter in die Speiseröhre zurück fließen kann. Rechtsschläfer haben aus anatomischen Gründen – der Mageneingang, der sich auf der rechten Körperseite befindet, zieht dann nach links – doppelt so häufig Sodbrennen wie Linksschläfer [3].

Die Symptome werden ausgelöst durch die in den Belegzellen des Magens gebildete Magensäure. Sie ist unverzichtbar für die Verdauungsprozesse. Wird allerdings zu viel Magensäure produziert oder ist der Schutz der Magenschleimhaut vor der Säure gestört, kommt es oftmals zu Magendruck oder Magenschmerzen. Viel häufiger als im Magen führt die Säure jedoch in der Speiseröhre zu unangenehmen Beschwerden. Am Übergang zum Magen verschließt der Ösophagussphinkter die Speiseröhre und verhindert somit, dass die Nahrung wieder nach oben steigt. Ist dieser Schließmuskel geschwächt oder in seiner Funktion beeinträchtigt, kann Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließen. Ein temporärer geringer Reflux vom Mageninhalt in die unteren Abschnitte der Speiseröhre ist physiologisch und kommt hauptsächlich postprandial vor. Übersteigt der Reflux allerdings ein kritisches Ausmaß, so wird die ösophageale Schleimhaut geschädigt und Krankheitssymptome wie das unangenehme Brennen treten auf. Solange die Beschwerden nur gelegentlich verspürt werden und spontan wieder verschwinden, gelten sie als harmlos. Häufiges Sodbrennen, das mindestens ein- bis zweimal pro Woche auftritt und mit einer relevanten Minderung der Lebensqualität einhergeht, kann hingegen ein Zeichen einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD, gastroesophageal reflux disease) sein, die ärztlich behandelt werden sollte. Pathophysiologisch liegen der Krankheit ein insuffizienter unterer Ösophagussphinkter und/oder eine axiale Hiatushernie zugrunde. Der verstärkte Säurereflux ist verbunden mit einem erhöhten Risiko für ösophageale Komplikationen wie Ösophagitis, Stenosen, Barett-Ösophagus und extraosöphagealen Begleitsymptomen wie Räusperzwang, Globusgefühl, chronischem Husten, nächtlichen oder morgendlichen Asthmaanfällen oder Heiserkeit [4]. Jeder vierte Betroffene hat zusätzliche respiratorische Probleme, die entweder auf Mikroaspirationen im Liegen oder auf über den Nervus vagus vermittelte Reflexbögen zurückgehen. Denn die zurückfließende Säure führt im unteren Drittel der Speiseröhre zu Kontraktionen der glatten Muskulatur. Über eine Fehlschaltung im Rückenmark wird diese Krampfbereitschaft der glatten Muskulatur dann auf die Bronchialmuskulatur weitergeleitet [5].

Die häufigsten Ursachen

Zahlreiche Auslöser können die Entstehung von Sodbrennen begünstigen, wobei in etwa 60% der Fälle keine organischen Störungen zugrunde liegen. Die „funktionellen“ Beschwerden werden hier durch äußere Faktoren ausgelöst. Unter anderem spielt der Lebensstil eine große Rolle. In vielen Fällen führt ein reichhaltiges Essen mit fetten oder süßen Speisen am besten noch in Kombination mit Alkohol zu den typischen Beschwerden. Auch Coffein-haltige Getränke und Nicotin sind sogenannte Säurelocker. Darüber hinaus können Nervosität, Stress und seelische Belastungen sowie Übergewicht und enge Kleidung Sodbrennen hervorrufen.

Für den Reflux sind zudem organische Ursachen verantwortlich, die die Funktion von Schließmuskel und Ösophagus-Muskulatur beeinträchtigen. Die Funktion des Sphinkters kann durch bestimmte Arzneimittel (z.B. Schmerzmittel) beeinträchtigt oder als natürliche Folge des Alterns geschwächt werden, weshalb gerade ältere Menschen besonders oft über Sodbrennen und saures Aufstoßen klagen. Im Alter nimmt zusätzlich das Durstgefühl ab, die tägliche Trinkmenge ist häufig nicht ausreichend, so dass durch einen verringerten Speichelfluss die natürliche Selbstreinigungsfunktion der Speiseröhre beeinträchtigt werden kann. Aufgrund von Bettlägerigkeit wird der Rückfluss des sauren Mageninhaltes in die Speiseröhre ebenfalls erleichtert.

Ursachen für Sodbrennen und Folgeerkrankungen

  • ungesunde Ernährungsgewohnheiten
  • scharfes Essen
  • Genussmittel (Alkohol, Coffein, Nicotin)
  • Stress, Hektik
  • Druck auf den Magen (Übergewicht, Schwangerschaft, zu enge Kleidung)
  • Arzneimittel wie Theophyllin, Nitrate, Calciumantagonisten, orale Kontrazeptiva, NSAR
  • gastroösophageale Refluxkrankheit
  • Ösophagitis
  • Hiatushernie (Zwerchfellbruch)
  • Achalasie (Funktionsstörung des Speiseröhrenschließmuskels)
  • Speiseröhrendivertikel
  • Barrett-Ösophagus
  • Ösophagus-Karzinom
  • Reizmagen

Wann zum Arzt?

Kommt Sodbrennen nur sporadisch vor, ist es in der Regel harmlos und kann gut in der Selbstmedikation behandelt werden. Wird die Magensäure jedoch zum „Dauerbrenner“ und tritt Sodbrennen immer wieder auf oder besteht dauerhaft, ist ein Arztbesuch ratsam. Auch wenn durch die Behandlung mit rezeptfreien Arzneimitteln keine Besserung der Beschwerden erzielt wird und diese länger als zwei Wochen bestehen bleiben, sollte ein Arzt die zugrundeliegenden Ursachen der Symptome klären. Ebenso erfordern Alarmsignale wie Schluckbeschwerden, starke und unbeabsichtigte Gewichtsabnahme, Schwellungen im Bauchraum, wiederholtes oder blutiges Erbrechen sowie ein schwarzgefärbter Stuhl, aber auch ein Magen- oder Zwölffingerdarm-Geschwür in der Vorgeschichte unbedingt eine Arztkonsultation. Um Ursache und Ausmaß des Refluxes zu ermitteln, kann eine Gastroskopie und möglicherweise gleichzeitig eine Biopsie erfolgen. Hierbei lässt sich vor allem feststellen, ob die Ösophagus-Schleimhaut entzündet ist und schon Erosionen aufweist, ob Stenosen oder Zellveränderungen vorliegen. Zeigt die Magenspiegelung keine sichtbare Reizung der Schleimhaut, kann die sogenannte pH-Metrie Anwendung finden. Eine feine Sonde wird für 24 Stunden in der Speiseröhre kurz vor dem Mageneingang platziert und so der pH-Wert von aufsteigendem Mageninhalt gemessen.

Arzneimittel in der Selbstmedikation

Sodbrennen kann die Lebensqualität erheblich einschränken. Daher greifen viele Patienten nach einem der rezeptfrei erhältlichen Arzneimittel, um die Beschwerden schnell und nachhaltig zu lindern. Doch welcher Wirkstoff ist der richtige: Antazidum, H2-Blocker oder lieber sofort ein Protonenpumpenhemmer? Die Medikamente bewirken über unterschiedliche Wege eine Reduktion der Magensäure: Entweder über die Bindung der überschüssigen Säure direkt im Magen oder über die Hemmung der Säureproduktion. Welches Präparat zum Einsatz kommt, hängt vor allem davon ab, wie häufig die Beschwerden auftreten, wie lange sie bestehen und wie ausgeprägt sie sind.

Antazida sind basische Salze, die bereits gebildete, überschüssige Magensäure direkt im Magen binden und neutralisieren. Da der Wirkstoff nicht erst ins Blut aufgenommen werden muss, wirken sie sehr schnell innerhalb von 15 bis 30 Minuten und sorgen somit für eine rasche Beschwerdefreiheit. Antazida haben sich bei sporadisch auftretendem Sodbrennen und leichten Reflux-Symptomen nach einem opulenten Essen oder einem „feucht-fröhlichen“ Abend bewährt. Der Nachteil der Antazida liegt in ihrer kurzen Wirkdauer, die nur maximal zwei bis vier Stunden anhält, in nüchternem Zustand mitunter nur eine halbe Stunde.

Diese nachfolgende Tabelle ist recht groß, weshalb die Darstellung hier gekürzt ist. Für eine vollständige Darstellung bitte klicken.

Tab.: Übersicht über eine Auswahl an Antazida [7]. Empfohlen wird eine Säurebindungskapazität von 20 bis 25 mVal pro Einzeldosis.
FertigarzneimittelWirkstoffDosierungZulassungSäurebindungskapazität
Gaviscon® Lemon KautablettenNatriumalginat, Natriumhydrogencarbonat, Calciumcarbonatbei Bedarf zwei bis vier Tabletten gut zerkaut einnehmenin Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmen

Gaviscon® Advance Pfefferminz

Suspension
Natriumalginat, Kaliumhydrogencarbonat5 bis 10 ml nach den Mahlzeiten und vor dem Schlafenab zwölf Jahre; besonders gut geeignet für Schwangere
Gelusil Lac® TablettenAluminium-Magnesium-silikathydratmehrmals täglich drei Tabletten kauen oder lutschenin Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmenTablette mit 500 mg Aluminium-Magnesium-Silicat (1:2:3): 7 bis 9 mVal
Kompensan®TablettenAluminium-Natriumcarbonat-dihydroxidmehrmals täglich ein bis zwei Tabletten lutschen oder gut zerkaut schlucken; maximal acht Tabletten täglichab zwölf Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit möglichst nicht anwenden

Tablette mit 300 mg Aluminium-Natrium- carbonat-dihydroxid:

7,79 mVal

Maaloxan® 25 mVal Liquid/Suspension

Kautabletten
Magnesiumhydroxid, Aluminiumoxidje nach Bedarf vier- bis sechsmal täglich; maximal vier bis sechs Beutel oder Kautabletten täglich; maximal zwei Wochenab zwölf Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmen

Kautabletten mit 400 mg Algedrat (200 mg Aluminiumoxid): 25 mVal

Beutel mit 230 mg Aluminiumoxid: 25 mVal
Rennie®Kautabletten

Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat

Medizinprodukt
bis zu dreimal täglich ein bis zwei Tabletten lutschen oder kauenin Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmen

Riopan®Gel-Beutel

Kautabletten
Aluminium-Magnesium-hydroxid-sulfathydrat (Magaldrat)maximal vier bis acht Tabletten bzw. vier Beutel täglichab zwölf Jahren; in Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmen

Beutel mit 1600 mg Magaldrat: 45,2 mVal;

Kautabletten mit 800 mg Magaldrat: 22,6 mVal

Talcid®Kautabletten

Liquid Suspension
Aluminium-Magnesium-hydroxid-carbonathydrat (Hydrotalcit)maximal zwölf Kautabletten oder sechs Beutel täglichab zwölf Jahren; in Schwangerschaft und Stillzeit nur kurzfristig und in einer möglichst niedrigen Dosierung einnehmen

Kautabletten mit 500 mg Hydrotalcit: 13 mVal,

Liquid mit 1000 mg Hydrotalcit: 26 mVal

Obwohl das Wirkprinzip bei allen Antazida gleich ist, gibt es dennoch Unterschiede zwischen den angebotenen Präparaten in Form von Gel, Suspension oder Kautabletten. Das breite Produktspektrum umfasst neben Carbonat-haltigen Antazida wie Calcium- oder Magnesiumcarbonat (z.B. Rennie®), Magnesium- und Aluminiumverbindungen (z.B. Maaloxan®) sowie modernere Schichtgitter-Antazida wie Hydrotalcit (z.B. Talcid®) oder Magaldrat (z.B. Riopan®) (siehe Tabelle). Als besonders günstig werden Alginat-haltige Antazida beurteilt (z.B. Gaviscon®), da die Alginsäure aufgrund ihrer niedrigen Dichte auf dem Mageninhalt schwimmt und bei dessen Rückfluss in die Speiseröhre die Schleimhaut mit einem Schutzfilm überzieht. Von dem früher viel verwendeten Natriumhydrogencarbonat (Trivialname: Natron) ist hingegen abzuraten, da bei der Neutralisation der Salzsäure rasch große Mengen von Kohlendioxid frei werden, das erhebliche Blähungen hervorrufen kann. Außerdem werden die Natriumionen nahezu vollständig resorbiert, daher ist die Anwendung zu vermeiden bei Krankheiten wie Hypertonie, Herzinsuffizienz und Ödemen [6].

Tee-Tipp bei Sodbrennen


Kamillenblüten 40,0 g

Süßholzwurzel 30,0 g

Malvenblätter 10,0 g

Ringelblumenblüten 20,0 g

Zur Zubereitung zwei Teelöffel der Teemischung in 150 ml siedendes Wasser geben, zehn Minuten ziehen lassen und dann abseihen. Von dem Tee dann drei- bis fünfmal täglich eine Tasse schlückchenweise trinken.

Quelle: Komplementärmedizin für die Kitteltasche. Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation. Deutscher Apotheker Verlag 2012.

Beratungstipps zu Antazida

Bei der Empfehlung in der Apotheke ist auf eine gute Säurebindungskapazität der Produkte zu achten. Sie sollte 20 bis 25 mVal pro Einzeldosis betragen. Das bedeutet, dass eine Einzeldosis eines Antazidums etwa ein Viertel der HCl-Menge neutralisiert, die an einem Tag gebildet wird. Darüber hinaus dürfen bei der Abgabe von Antazida wichtige Einnahmehinweise nicht fehlen. So müssen Präparate in Beutelform vor Gebrauch kräftig durchgeknetet werden. Der Beutelinhalt ist entweder auf einen Löffel zu geben und dann unverdünnt einzunehmen oder direkt aus dem Beutel in den Mund zu entleeren. Kautabletten sollten möglichst gut zerkaut werden, damit die Wirkstoffe in fein zerteilter Form ihren Zielort erreichen.

Da Antazida mit mehrwertigen Kationen die Resorption von Eisensalzen, Bisphosphonaten, Tetracyclinen und Gyrasehemmern durch Adsorption oder Komplexbildung herabsetzen können, ist unbedingt ein zweistündiger Einnahmeabstand zu diesen Arzneimitteln einzuhalten. Der gleichzeitige Genuss von säurehaltigen Getränken wie Fruchtsäften, Wein oder Brausetabletten mit Fruchtsäuren sollte vermieden werden, da sich ansonsten die Aluminium-Aufnahme aus dem Darm erhöht.

Hemmung der Säureproduktion im Magen: H2-Blocker und PPI

Tritt Sodbrennen mehrmals in der Woche und über längere Zeit auf, reichen Antazida oft nicht zur Behandlung aus. In diesen Fällen können systemisch wirkende H2-Blocker oder Protonenpumpenhemmer zum Einsatz kommen, die die basale Säureproduktion im Magen reduzieren. H2-Antagonisten greifen in die Prozesse der Säurebildung im Magen ein, indem sie Histamin-Rezeptoren auf den Parietal-Zellen der Magenschleimhaut kompetitiv blockieren. Sie eignen sich in der Selbstmedikation zur Kurzzeitanwendung von maximal 14 Tagen vor allem bei Patienten, die unter nächtlichem Sodbrennen leiden. Im Vergleich zu Antazida erfolgt der Wirkungseintritt der H2-Blocker mit einer Verzögerung von 30 bis 60 Minuten, dafür hält ihre Wirkung sechs bis zehn Stunden an. Zurzeit steht nur der Wirkstoff Ranitidin (Ranitic®) in der rezeptfreien Dosierung von 75 mg zur Verfügung. Unter der Einnahme treten gelegentlich Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Durchfälle oder Verstopfung, Juckreiz, Muskel- und Gelenkschmerzen auf. Schwangere und Stillende sollten dieses Medikament nicht anwenden.

Die stärkste Unterdrückung der Salzsäure-Sekretion kann durch Protonenpumpeninhibitoren (PPI) erreicht werden, die zunächst als Prodrugs vorliegen. Im sauren Milieu der Belegzelle entsteht die Wirkform, ein Sulfenamid, welches an die H+/K+-ATPase (Protonenpumpe) bindet und das Enzym irreversibel blockiert. Eine Enzym-Regeneration ist nur durch Neubildung möglich, so dass die Wirkung trotz der kurzen Halbwertzeit der Benzimidazol-Derivate über ein bis drei Tage anhält [6]. Um eine Besserung der Symptome zu erreichen, sollten Protonenpumpeninhibitoren mindestens zwei bis drei Tage eingenommen werden. Auf diese Weise führen sie zu einer weiteren Abnahme der Säure-Sekretion, bis nach etwa sieben Tagen ein steady state erreicht ist [8]. Im Gegensatz zu Antazida oder H2-Antagonisten ist eine Bedarfsmedikation von PPI ineffektiv. Die stärkste Säuresuppression erzielen die Protonenpumpenhemmer bei Einnahme 30 Minuten vor einer Mahlzeit, auf nüchternen Magen, am besten vor dem Frühstück. Da die Nahrungsaufnahme dann die Belegzellen stimuliert, können so möglichst viele aktive Protonenpumpen erreicht werden. Wegen ihrer Instabilität im sauren Milieu werden die Protonenpumpeninhibitoren in magensaftresistenten Kapseln verabreicht. Mit Esomeprazol (S-Omeprazol, Nexium Control®), Omeprazol (z.B. Antra®) und Pantoprazol (z.B. Pantozol Control®) stehen drei Protonenpumpenhemmer für die Selbstmedikation ab 18 Jahren zur Verfügung. Zugelassen sind rezeptfreie PPI für eine maximale Behandlungsdauer von zwei (Omeprazol, Esomeprazol) bzw. vier (Pantoprazol) Wochen. Die Anwendung von Protonenpumpeninhibitoren in der Schwangerschaft und Stillzeit sollte nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen. Die Tabletten bzw. Kapseln müssen unzerkaut und unzerstoßen mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden. Bei Schluckbeschwerden können Tabletten mit Esomeprazol oder Omeprazol alternativ auch unter Rühren in einem Glas stillen Wasser aufgelöst werden. Die trübe Flüssigkeit wird sofort getrunken. Eventuelle Rückstände im Glas werden mit weiterer Flüssigkeit ausgespült und eingenommen [9, 10, 11].

Bei einer zeitlich limitierten Einnahme bis maximal zwei Wochen sind Nebenwirkungen von PPI selten. Auch Interaktionen mit anderen Medikamenten (z.B. Clopidogrel) treten begrenzt auf. Mitunter kann es im Rahmen der Behandlung mit Protonenpumpeninhibitoren zu Magen-Darm- Beschwerden (z.B. Übelkeit, Durchfall, Verstopfung), Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen kommen. Die Unterdrückung der Belegzellen kann zu einem Intrinsic-Factor-Mangel und daraufhin zu einer mangelhaften Vitamin-B12-Aufnahme führen. Auch eine Unterversorgung mit Magnesium und Calcium kann bei einer längeren Therapie mit PPI nicht ausgeschlossen werden.

Sodbrennen in der Schwangerschaft

Sodbrennen bei Schwangeren ist besonders häufig, mehr als 70% der werdenden Mütter leiden besonders im letzten Trimenon darunter. Zwei Faktoren sind für das vermehrte Auftreten verantwortlich: einerseits bewirken hormonelle Veränderungen eine Schwächung des Schließmuskels zwischen Speiseröhre und Magen, andererseits steigt mit fortschreitender Schwangerschaft durch den wachsenden Fötus der Druck auf den Magen der Mutter. Hinzu kommt, dass Frauen gerade im letzten Schwangerschaftsdrittel mehr liegen müssen und so der Reflux des sauren Mageninhalts ebenfalls begünstigt wird. Schwangere, die unter Sodbrennen leiden, sollten insbesondere die klassischen Auslöser von Sodbrennen meiden (siehe Kasten „Ursachen für Sodbrennen und Folgeerkrankungen“). Darüber hinaus können sie zunächst auf bewährte Mittelchen aus der Hausapotheke setzen z.B. auf stärkehaltige Nahrungsmittel wie trockenes Weißbrot oder Haferflocken, die schnell einen Überschuss an Magensäure binden und so Linderung verschaffen. Auch ein Glas Milch oder das Kauen von Nüssen helfen, die Magensäure zu neutralisieren. Reichen diese Hausmittel nicht aus, können komplementärmedizinische Präparate sowie bestimmte Antazida empfohlen werden.

Komplementärmedizin

Gerade bei Schwangeren, aber natürlich auch bei allen anderen Betroffenen kann versucht werden, Sodbrennen mit natürlichen Heilmitteln aus dem Bereich der Homöopathie oder Anthroposophie in den Griff zu bekommen. Das entzündliche Beschwerdebild spricht für eine Therapie mit Pulvis stomachicus cum Belladonna (Weleda), dreimal täglich eine Messerspitze [12]. Bolus alba comp. Pulver (Wala) soll für geordnete Stoffwechselprozesse im Verdauungssystem bei gestörter Sekretion und Motilität sorgen. Hierzu werden ein bis drei Teelöffel in einem Glas Wasser gelöst und über den Tag schluckweise getrunken. Vor jeder Einnahme muss kurz umgerührt werden, da sich ein Bodensatz bildet. Amara Tropfen (Weleda) werden bei häufigem Sodbrennen kurmäßig über drei Monate angewendet in einer Dosierung von zehn bis 15 Tropfen dreimal täglich. Sie sind nicht geeignet in Schwangerschaft und Stillzeit. Homöopathisch kann Capsicum D6 eingesetzt werden, wenn der brennende Schmerz hinter dem Brustbein gleichzeitig verbunden ist mit Aufstoßen und einer brennenden Zunge, Iris versicolor D6 bei gleichzeitigem starkem Speichelfluss und vor allem in Ruhe auftretenden Beschwerden. Nux vomica D6 wird nach reichlichem Essen, Kaffee, Stress sowie zu viel Alkohol verwendet. Robinia pseudoacacia D6 kann als unspezifisches homöopathisches Mittel bei Sodbrennen eingesetzt werden, wenn keine weiteren charakteristischen Begleitsymptome vorliegen [13].

Modifikation des Lebensstils

Sodbrennen kann durch bestimmte Ernährungs- und Lebensgewohnheiten begünstigt werden. Wer vorbeugen will, sollte auf eine ausgewogene Ernährung achten, üppige Mahlzeiten meiden und Stress abbauen. Geben Sie Ihren Kunden folgende Tipps mit auf den Weg:

  • Mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt essen, gründlich und langsam kauen.
  • Keine schwer verdaulichen Speisen wie fettes, geräuchertes Fleisch, Wurstwaren, Frittiertes, schwere Soßen, Mayonnaise oder Süßigkeiten sowie scharfe Gewürze. Vor allem abends auf leichte Kost achten und kurz vor dem Schlafengehen nichts mehr essen.
  • Säurelocker meiden! Dazu gehören z.B. Kaffee, Cola, Tomaten, Zitrusfrüchte und Fruchtsäfte.
  • Getränke ohne Zucker und Kohlensäure wählen, optimal sind stilles Wasser oder ungesüßte Kräutertees. Alkohol und Nicotin sind tabu.
  • Zu hohes Körpergewicht durch Bewegung und eine reduzierte Kalorienmenge abbauen.
  • Entspannungstechniken (z.B. Yoga, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training) oder Sport sind gut geeignet, die innere Anspannung zu lösen und Stress abzubauen.
  • Wenn Sodbrennen den Schlaf raubt, den Oberkörper um etwa 10 bis 15 Zentimeter höher lagern durch ein zusätzliches Kissen. Rechtsschläfer sollten sich auf die linke Seite legen. 

 

Quelle

[1] Locke III GR, Talley NJ, Zinsmeister AR, Melton III LJ. Prevalence and clinical spectrum of gastroesophageal reflux: a populationbased study in Olmsted County, Minnesota. Gastroenterology 1997;112:1448-1456

[2] Richter JE. Typical and atypical presentations of gastroesophageal reflux disease. The role of esophageal testing in diagnosis and management. Gastroenterol Clin North Am 1997;25:75-102

[3] Wolf E. Hilfe für Sodbrennen-Geplagte: Interview, PZ 2005;51

[4] Karow T, Lang-Roth R. Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie, 23. Aufl., Pulheim 2015

[5] Eissele, R. Refluxkrankheit - Aktuelle Aspekte zu Ursachen, Diagnose und Therapie, MMP 2003;10:338-343

[6] Mutschler E, Geisslinger G, Kroemer HK, Menzel S, Ruth P. Arzneimittelwirkungen Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, 10. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2012

[7] Rote Liste, Buchausgabe, 54. Aufl., 2014

[8] Schlenger R. PPI sind keine Bedarfsmedikation, DAZ 2014;29:28

[9] Gebrauchsinformation Pantozol Control®, Stand 02/2014

[10] Gebrauchsinformation Antra®, Stand Juli 2009

[11] Fachinformation Nexium Control®, Stand Juli 2014

[12] Girke M. Innere Medizin, Salumed Verlag, 1. Aufl., Berlin 2010

[13] Bauer G et al. Komplementärmedizin, 2. Aufl., Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2011

 

Autorin

Ines Winterhagen hat in Marburg Pharmazie studiert und ist seit der Approbation 2003 in der öffentlichen Apotheke tätig. Sie ist Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde. In der Reihe „Beratungspraxis“, die im Deutschen Apotheker Verlag erscheint, schrieb sie die Bücher „Neurodermitis“ und „Psoriasis“. Sie ist Referentin und Mitglied im Weiterbildungsausschuss der LAK Baden-Württemberg.