Die wechselvolle Geschichte des Antikörpers
Im Jahr 2006 wurde der monoklonale Antikörper TGN1412 als neues Wundermittel für Autoimmunerkrankungen gehandelt, bis es zu lebensbedrohlichen Zwischenfällen durch einen fatalen Zytokin-Sturm kam. Sechs Studienteilnehmer erhielten am 13. März 2006 im Abstand von zehn Minuten Infusionen mit dem Verum, schon anderthalb Stunden später traten generalisierte Entzündungsreaktionen auf. Es kam zu Nierenversagen und Lungenschäden. Wohl nur durch intensivmedizinische Behandlung konnten die Probanden am Leben erhalten werden. Bei einem mussten Teile der Zehen und Finger amputiert werden.
Der Immunologe Thomas Hünig hatte zusammen mit Thomas Hanke das kleine Biotechnologie-Unternehmen TeGenero aus der Universität Würzburg ausgegründet, mit TGN1412 als erfolgversprechendstem Kandidat. Im Juli 2006 musste die Firma Insolvenz anmelden.
Sechs Jahre später konnte Hünig im Fachmagazin Nature Reviews of Immunology aufzeigen, warum alle drei präklinischen Tests versagt hatten. Details hierzu finden Sie in der DAZ 27/2012.
Angesichts der Aufklärung des Zwischenfalls könnten „Millionen von Patienten“ neue Hoffnung schöpfen, schrieb die Welt im Mai 2015. Die Entwicklung des Wirkstoffs ging überraschend weiter. Hünigs russischer Kollege Sergey Chuvpilo, der mit ihm in Würzburg forschte, fand innerhalb von wenigen Monaten Investoren in Russland, 2009 wurde die FirmaTheraMAB gegründet. Chuvpilo leitet nun die Würzburger Filiale.
Der Wirkstoff wird inzwischen TAB08 (Theralizumab) genannt. Nachdem eine erste Studie mit gesunden Probanden abgeschlossen war, läuft nun eine kombinierte Phase-1- und Phase-2-Studie mit Rheuma-Patienten in Russland. Zuerst wurden zweimal neun Patienten unverblindet behandelt, laut Hünig sprachen zahlreiche der Patienten sehr gut an. Die Ergebnisse würden demnächst veröffentlicht. In einem weiteren Teil der Studie werden aktuell ungefähr 100 Patienten randomisiert und mit Kontrollarm untersucht.
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