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Anti-Korruptionsgesetz
AOK will keine Schlupflöcher für Apotheker
Der Bundestag will heute das Anti-Korruptionsgesetz beschließen. Nach mehreren Änderungen sind die Apotheker weitgehend ausgenommen. Der AOK-Bundesverband zeigt sich enttäuscht darüber, dass Apotheker eine Sonderstellung erhielten.
Ursprünglich war im Regierungsentwurf eine Tatbestandsalternative „Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel oder von Medizinprodukten“ vorgesehen. Für Apotheker hätte das bedeutet, dass auch sie künftig mittels des Anti-Korruptionsgesetz strafrechtlich dafür belangt werden können, wenn sie beim Verkauf von Arzneimitteln von der Pharmaindustrie beeinflusst werden und beispielsweise Vorteile annehmen. Davon betroffen wären möglicherweise auch Skonti gewesen, die Großhändler üblicherweise Apotheken gewähren. Die vor Ostern bekannt gewordenen Änderungspläne sollen heute jedoch vom Bundestag verabschiedet werden: Die Abgabe wie auch der Bezug von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, die nicht vom Heilberufler selber angewendet werden, werden als Kriterien für mögliche Strafbarkeit gestrichen.
Hiergegen protestiert nun die AOK. Das Gesetz sei gerade deshalb auf breite Zustimmung gestoßen, weil darin nicht nur Ärzte vorgesehen waren, sondern alle Heilberufe. Zur Erklärung: Das Gesetz zielt zwar weiterhin allgemein auf „Heilberufler“ ab, doch auch nach Einschätzung der zuständigen Politiker sind Apotheker nun weitgehend draußen.
Mehr als nur Schlupflöcher?
„Warum sollen die Regelungen zur Bekämpfung von Bestechlichkeit für Ärzte gelten, aber nicht für Apotheker?“, beschwert sich Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. „Beides sind Heilberufe. So wird die vom Bundesgerichtshof aufgezeigte Strafbarkeitslücke vom Gesetzgeber nicht geschlossen. Das sind keine Schlupflöcher, sondern es steht quasi die gesamte Tür sperrangelweit offen“.
Der Kassenverband weist zudem auf die gesetzliche Rolle der Apotheker hin. So heißt es in der Mitteilung weiter: „Der Apotheker entscheidet bei den meisten Verordnungen darüber, welches Arzneimittel der Patient erhält und von der Krankenkasse bezahlt wird, da er zwischen den drei preisgünstigsten oder mehreren rabattierten Arzneimitteln auswählen muss.“ Weil die Krankenkassen jährlich mehr als 35 Millionen für Medikamente ausgeben, dürfe dieser „hochgradig korruptionsgefährdete Bereich“ nicht im Dunkeln bleiben.
Apotheker hätten einen großen Entscheidungsspielraum
Doch damit nicht genug. Der AOK-Bundesverband macht außerdem auf den „großen Entscheidungsspielraum“ der Apotheker aufmerksam. Komme es in der Apotheke zu Marktbeeinflussungen, sind aus Sicht der AOK sowohl der Wettbewerb als auch die Patienteninteressen betroffen. Litsch zieht daher das Fazit: „Auch für diesen Bereich müssen wir einen wirksamen Korruptionsschutz vorsehen und nicht einfach weiterwurschteln.“
Bemerkenswert ist allerdings, dass im Kassenlager offenbar unterschiedliche Ansichten über die letzten Änderungen herrschen. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte Ingo Kailuweit, Chef der KKH: „Wir können mit dem vorliegenden Entwurf sehr gut leben.“ Kailuweit weist auf den Ursprung des Gesetzes hin: „Der Bundesgerichtshof hat von der Politik vor nunmehr fast vier Jahren eine rechtliche Klarstellung gefordert. Die Bundesregierung hat dieses Thema vor über einem Jahr aufgegriffen. Insofern wird es allerhöchste Zeit für das Anti-Korruptionsgesetz.“
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wiederum reagierte ähnlich wie der AOK-Bundesverband. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Was zum Schutz der Patienten gedacht war, entpuppt sich jetzt als Wettbewerbsstärkungsgesetz für Pharmaunternehmen, Ärzte und Apotheker. Patienten müssen weiter fürchten, korruptem Verhalten ausgeliefert zu sein.“ Auch das Problem der umstrittenen Anwendungsbeobachtungen von Medikamenten an Patienten fasse der Gesetzgeber nicht an.
Richtige Richtung - aber nicht weitgehend genug
Ähnlich äußerte sich Christiane Fischer, Ärztliche Geschäftsführerin der Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte (Mezis) und Mitglied des Deutschen Ethikrats, gegenüber der Berliner Morgenpost. „Das Gesetz geht in die richtige Richtung, wir hatten uns aber wesentlich mehr versprochen“, sagte Fischer der Zeitung. „Nur die harte Bestechlichkeit wird verboten – der große Mauschelbereich bleibt erlaubt.“ So werden nach Schätzungen der Ärzteinitiative 80 Prozent der ärztlichen Fortbildungen von der Pharmaindustrie gesponsert oder sogar ganz bezahlt. „Das sind in unseren Augen Werbeveranstaltungen.“
Die Kritik kommt allerdings wohl zu spät: Nach mehreren Änderungen in letzter Minute liegt dem Bundestag nun eine Fassung des Anti-Korruptionsgesetzes vor, auf die sich die Regierungsfraktionen bereits geeinigt haben. Das Vorhaben ist zudem nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Auch über die Bundesländer wird die AOK ihre Kritik an dem Vorhaben also nicht mehr einbringen können.
5 Kommentare
AOK gegen Apothekerschlupflöcher
von alchemilla am 15.04.2016 um 9:03 Uhr
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Schmähgedicht
von Andreas P. Schenkel am 14.04.2016 um 23:46 Uhr
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"Beides sind Heilberufe"
von Andreas John am 14.04.2016 um 12:49 Uhr
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Wer im Glashaus sitz...
von Christiane Patzelt am 14.04.2016 um 11:40 Uhr
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35mio... *facepalm*
von Rolf Lachenmaier am 14.04.2016 um 11:33 Uhr
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