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Maria Klein-Schmeink zur Rolle der Kammern
Apotheken sind keine bloßen Abgabestellen
Während sich Apothekerverbände und -kammern über die Verhandlungshoheit streiten, mischt sich die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Maria Klein-Schmeink, ein: Aus ihrer Sicht ist es eine Kernaufgabe der Kammern, sich um pharmazeutische Dienstleistungen zu kümmern. Im Interview mit DAZ.online fordert sie die Apotheker zudem auf, ihre Rolle zu überdenken.
Der ABDA-Gesamtvorstand hatte in der vergangenen Woche über ein Papier abgestimmt, in dem es unter anderem um die Verhandlungsrolle der Apothekerkammern geht. Das Papier hätte die Möglichkeiten der Kammern, alleine mit Krankenkassen oder anderen Institutionen zu verhandeln, stark eingeschränkt. Die Spitzen der Mitgliedsorganisationen wollen aber ohne neue Regeln zusammenarbeiten und lehnten eine Abstimmung ab. Klein-Schmeink reagierte auf Twitter und begrüßte diesen „Beschluss“. Im Gespräch mit DAZ.online erklärt sie, warum.
DAZ.online: Frau Klein-Schmeink, auf die Geschichte zur neuen Rolle der Apothekerkammern haben Sie zügig auf Twitter reagiert. Sie finden es begrüßenswert, dass Apotheker in Verhandlungen häufiger ihre pharmazeutischen Kompetenzen einbringen. Was meinen Sie damit?
Klein-Schmeink: Ich will keinen Keil zwischen die Landesapothekerverbände und -kammern treiben. Meine Botschaft ist: Mir ist egal, welche Institution verhandelt. Ich möchte den Apothekern nur mitteilen: Orientiert euch am Versorgungsgeschehen und daran, was die Patienten brauchen. Es geht nicht mehr nur darum, wie viel Eurocent ich mehr oder weniger für ein Rezept bekomme.
DAZ.online: Um was geht es in Verhandlungen im
Apothekenbereich denn sonst?
Klein-Schmeink: Aus meiner Sicht wird das gesamte Gesundheitswesen in Zukunft immer mehr auf Abstimmung und Teamwork aller Beteiligten angewiesen sein. Die Apotheker sollten dabei ihre Arzneimittel-Kompetenz mehr einbringen, weil die ja in der Regel bei den Ärzten nicht so stark ausgeprägt ist wie bei Pharmazeuten.
DAZ.online: Lässt es die derzeitige Aufgabenteilung zwischen Kammern und Verbänden denn nicht zu, dass die Kompetenzen der Apotheker sinnvoll genutzt werden?
Klein-Schmeink: Manche Strukturen sind eher innovativ, andere sind auf die Bewahrung traditioneller Vorgehensweisen angelegt. Auch die in der Apothekerschaft vorhandenen Strukturen sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sich das Versorgungsgeschehen verändert hat und welche Kernkompetenzen die Apotheker dazu beitragen können, bei diesen Veränderungen am Ball zu bleiben. Und das ist aus meiner Sicht eine der Kernaufgaben der Apothekerkammern.
Projekt der Kammer Westfalen-Lippe ist ein gutes Beispiel
DAZ.online: Haben Sie auch einen konkreten Vorschlag parat?
Klein-Schmeink: Das Projekt der Apothekerkammer Westfalen-Lippe mit der AOK, bei der die Pharmazeuten Medikationschecks anbieten, ist ein gutes Beispiel dafür. Aber das kann noch weitergehen: Wenn ein Patient beispielsweise mehrere Rezepte von unterschiedlichen Ärzten in die Apotheke bringt, sollte der Apotheker eine Fallkonferenz einberufen können. Dann könnten sich Haus- und Facharzt mit dem Apotheker schnell austauschen und die Abgabe gegebenenfalls ändern. Dort sollten die Apotheker auch ihr Wissen über den Konsum von OTC-Medikamenten des jeweiligen Patienten einbringen.
DAZ.online: Und wie sollte die Kommunikation in dieser Fallkonferenz genau ablaufen?
Klein-Schmeink: Das muss die Selbstverwaltung vereinbaren. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, solche Modelle bis ins letzte Detail zu planen. Wir müssen uns da auf das Fachwissen der Selbstverwaltung verlassen können.
DAZ.online: Meinen Sie denn, dass die Standesvertretungen der Ärzte und Apotheker ein solches Modell ohne Kompetenzgerangel entwickeln könnten?
Klein-Schmeink: Grundsätzlich muss sich die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern verbessern.
Kein Beratungshonorar ohne Evaluation
DAZ.online: Wie könnte man den Apothekern denn Anreize setzen, damit es zu solchen Projekten kommt?
Klein-Schmeink: Die Vergütung solcher Beratungsmodelle kann man sicherlich nicht über die Abgabepreis-Honorierung lösen. Aber es geht ja auch zunächst nur darum, Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln. Wir können nicht einfach ein flächendeckendes Beratungshonorar einführen, ohne die Wirkung solcher Projekte evaluiert zu haben.
DAZ.online: Was steht Apothekern, Ärzten und Krankenkassen denn aus ihrer Sicht im Weg, solche Versorgungsideen in die Realität umzusetzen?
Klein-Schmeink: Gesetzlich haben alle Akteure heute schon sehr viele Möglichkeiten. Es gibt auch heute schon einige Ärztenetze, in denen sich die Ärzte sehr gut mit den Apothekern austauschen. Wir sollten in Zukunft noch viel mehr darauf setzen, in integrierten Versorgungskonzepten vor Ort häufiger auch das Wissen der Apotheker einzubringen. Der Innovationsfonds wird dazu sicherlich viele Möglichkeiten bieten.
DAZ.online: Kommen denn aus der Apothekerschaft selbst genügend innovative Versorgungsvorschläge?
Klein-Schmeink: Das Perspektivpapier 2030 kann ich nur begrüßen. Im Gesundheitswesen benötigen Veränderungen aus meiner Sicht aber zu oft zu viel Zeit. Die Selbstverwaltung steht sich dabei zu oft im Weg. Grundsätzlich sollten die Apotheker deutlich machen, dass sie mehr sind als nur eine Abgabestelle. Denn sonst wird mit Sicherheit irgendwann die Frage entstehen, ob diese bloße Abgabestelle nicht auch irgendwo anders sein kann.
1 Kommentar
Apotheker - Eierlegende Wollmilchsau ?
von gabriela aures am 17.05.2016 um 20:34 Uhr
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