Schweiz

Billige Arzneimittel gefährden die Versorgung

Berlin - 17.06.2016, 11:10 Uhr

Billiger als Hustenbonbons: Arzneimittel kosten in Schweizer Apotheken oft nur wenige Franken (Foto: Schlierner / Fotolia)

Billiger als Hustenbonbons: Arzneimittel kosten in Schweizer Apotheken oft nur wenige Franken (Foto: Schlierner / Fotolia)


In der Schweiz ist alles teuer, sagt man. Für viele Bereiche des täglichen Lebens trifft dies auch zu. Im Pharmamarkt besteht in den vergangenen Jahren eine gegenteilige Tendenz. Abgesehen von sogenannten Hochpreisern werden Arzneimittel in den Apotheken immer billiger. Das hat schwerwiegende Folgen.

Kassenpreis für Arzneimittel unter einer Tüte Hustenbonbons

Lieferengpässe sind kein deutsches Phänomen. Auch Schweizer Apotheker und Ärzte haben mit der Nichtverfügbarkeit wichtiger Arzneimittel und im Impfstoffe zu kämpfen. Zeit.online hat darüber berichtet. Eine Ursache sollen die niedrigen Preise sein. Während die Preise in Spezialbereichen, etwa bestimmte Chemo- oder Hepatitis-C-Therapeutika, immer öfter Dimensionen erreichten, sodass sie zum Politikum geworden seien, befände sich die Preise für viele gängigen Arzneimittel wie Blutdrucksenker im Fall, heißt es in dem Beitrag. Für diese Präparate bezahle man heute weniger als noch vor zehn Jahren.

Der Kassenpreis für manche Mittel läge unter dem für ein Päckchen Hustenbonbons im Supermarkt. So ist bei den Arzneimitteln, die zwischen 880 und 2750 Franken kosten, der Durchschnittspreis um rund drei Prozent im Vergleich zu 2008 gesunken. Bei den Präparaten mit einem Packungspreis unter 880 Franken, die den Großteil der abgegebenen Packungen ausmachen, bezahlen die Kunden – beziehungsweise die Kassen – im Schnitt sogar zwölf Prozent weniger als noch vor fünf oder sechs Jahren.

Für Apotheker Claus Hysek, der Präsident des Ifakvereins, der die Interessen der unabhängigen Apotheken in der Schweiz vertritt, sind nicht die Fabelpreise  für innovative Arzneimittel verrückt, sondern die billigen. Wenn man betrachtet, dass alle in der Lieferkette an den Präparaten mitverdienen müssen, könne ein Antibiotikum gar nicht zehn Franken kosten.

Es sei an der Tagesordnung, dass jemand, der ein ganz bestimmtes Antibiotikum benötigt, „vor einem achselzuckenden Menschen im weißen Kittel“ steht und „Gibt’s nicht mehr, wird’s so bald auch nicht mehr geben“ zu hören bekommt.  Das sind die Nebenwirkungen der niedrigen Preise.

„Die niedrigen Preise sind verrückt"

Denn was sich nicht lohnt, würde eher zu knapp berechnet. Patienten hätten daher in der Schweiz einen alten Begriff neu kennengelernt: Versorgungsengpass, sagt Hysek. Man sah sich sogar seitens der Regierung gezwungen, eine „Meldestelle für lebenswichtige Humanarzneimittel" einzurichten, um die Versorgungsprobleme in den Griff zu bekommen. Die Liste zeigt allerdings nur einen Teil der Probleme, mit denen Apotheken und Krankenhäuser täglich zu kämpfen haben. Denn sie umfasst nur die von der WHO als lebenswichtig erachteten Mittel. Auskunft wann, wo oder ob die Präparate überhaupt wieder zu haben sind, gebe es kaum. 



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