Schweiz

Billige Arzneimittel gefährden die Versorgung

Berlin - 17.06.2016, 11:10 Uhr

Benzylpenicillin-Benzathin, das Standardantibiotikum bei Syphilis, muss in die Schweiz importiert werden (Foto: Infectopharm)

Benzylpenicillin-Benzathin, das Standardantibiotikum bei Syphilis, muss in die Schweiz importiert werden (Foto: Infectopharm)


Hohe Eintrittshürden für einen wenig attraktiven Markt

Der ZEIT-Beitrag führt konkrete Beispiele an: Calcium-Ampullen, die vom Markt genommen wurden, weil der Wirkstoff auf dem Weltmarkt nicht mehr zu haben war. Beim Antibiotika-Saft Bactrim (Trimetoprim, Sulfamethoxazol) lagen die vom Bundesamt für Gesundheit akzeptierten Preise unter den Herstellungskosten. Original und Generikum verschwanden vorübergehend vom Markt. Benzathin-Penicillin, das Standardmittel gegen Syphilis, wird weltweit von drei Herstellern produziert. Da die Nachfrage sank, weil die Krankheit auf dem Rückzug war, liefert keiner in die Schweiz. Jetzt ist die Syphilis zurück, das Arzneimittel aber nicht mehr erhältlich. Nicht mehr zugelassen oder kein Geschäft – je nachdem, wenn man fragt.

Im Bericht zur Medikamentenversorgung, in dem der Bundesrat diesem Lieferproblem ein Unterkapitel widmete, hieß es jüngst: „Da die Zulassung des Medikamentes in der Schweiz fast mehr kostet als die Jahreskosten für alle Behandlungen, hat kein Hersteller ein Interesse, das Arzneimittel dem Schweizer Markt zuzuführen". Die Hürden für einen Markteintritt seien hoch, die wirtschaftliche Attraktivität hingegen tief. Als Folge könnten praktizierende Ärztinnen und Ärzte das Präparat nur aus dem Ausland beziehen. Unwirksame Fehlbehandlungen mit Alternativprodukten (Penicillin G) sind beobachtet worden.

Deutsche Rabattverträge werden vorrangig  bedient

Ärzte wie Apotheker berichten, dass sie zur Improvisation gezwungen seien. Oft sei es eine Zitterpartie, wird ein Krankenhausapotheker zitiert. Kinderarzneimittel, Schmerzmittel, Impfstoffe, Zytostatika und Antibiotika fehlten am häufigsten. Und zwar immer dann,  wenn nach Patentablauf und der Zulassung von Generika an den Präparaten nichts mehr zu verdienen ist.

Experten zufolge sind es aber nicht allein  die niedrigen Preise, die  für die Engpässe verantwortlich sind. So spielten zum Beispiel behördliche Auflagen eine Rolle. Ebenso wie die Tatsache, dass die Schweiz nur ein kleines Land ist. Schließt eine  Generikafirma einen Rabattvertrag mit einer deutschen Krankenkasse, hat dessen Erfüllung Priorität. Wird es eng, weil irgendwo die Produktion ausfällt, bleibe die Schweiz außen vor.

Unterm Strich machten die niedrigen Preise die Versorgung dann teuer, weil nicht verfügbare Arzneimittel aus dem Ausland bezogen werden müssten, so das Fazit. Am Ende bezahlte man höhere Summen, sagt ein Krankenhausapotheker.

Das Gesundheits- und Apothekenwesen in der Schweiz 

Die Apotheker in der Schweiz haben es nicht leicht, betrachtet man das Umfeld, in dem sie sich bewegen: selbstdispensierende Ärzte, Drogerien, die OTC-Arzneimittel abgeben dürfen, ständig sinkende Erträge aus dem rezeptpflichtigen Segment, für viele deutsche Kollegen sicher ein „Schreckens-Szenario“. Aber die eidgenössischen Kollegen haben es gelernt, ihre Kompetenzen Schritt für Schritt auszubauen und bekommen dafür als Lohn nicht nur Honorare von den Versicherungen, sondern auch Unterstützung von der Politik und viel Anerkennung durch die Verbraucher. Die DAZ hat einen Blick in das schöne Alpenland geworfen.

Den Beitrag finden Sie in der aktuellen Ausgabe der DAZ (2016, Nr. 24) auf Seite 22.



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