Innovationsfonds-Projekt

Apotheker wollen den eMedikationsplan testen

Berlin - 20.06.2016, 13:00 Uhr

Vielversprechendes Projekt: In Bayern bewerben sich unter anderem die Apotheker beim Innovationsfonds, um den elektronischen Medikationsplan zu testen. (Foto:Photographee/fotolia)

Vielversprechendes Projekt: In Bayern bewerben sich unter anderem die Apotheker beim Innovationsfonds, um den elektronischen Medikationsplan zu testen. (Foto:Photographee/fotolia)


Die Bewerbungen um Mittel aus dem Innovationsfonds gehen in die heiße Phase. Auch die Apotheker sind an vielversprechenden Projekten beteiligt. In Bayern wollen die Pharmazeuten beispielsweise neben dem e-Rezept auch den eMedikationsplan testen. Das Vorhaben ist professionell organisiert, eine Krankenkasse ist auch schon im Boot.

Mehr als 500 Bewerbungen beim Innovationsfonds?

Eines hat der Innovationsfonds jetzt schon geschafft, obwohl er noch gar nicht gestartet ist: In ganz Deutschland haben sich Konsortien von Heilberuflern, Universitäten, Instituten, Kliniken und anderen Interessierten gebildet, um sich zu überlegen, an welchen Stellen unser Gesundheitssystem durch ein innovatives Versorgungsprojekt wie verbessert werden könnte. Bis Anfang Juli müssen alle Projektgruppen beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ihre Bewerbung hinterlegt haben. Schon in der vergangenen Woche mussten Interessierte allerdings eine Interessensbekundung beim Ausschuss vorlegen, in der sie das geplante Versorgungsmodell kurz vorstellen.

Noch will der G-BA nicht verraten, wie viele Gruppen sich bewerben. In Fachkreisen geht man allerdings davon aus, dass dem Ausschuss jetzt schon mehr als 500 Interessensbekundungen vorliegen. Die Motivation der Projektgruppen ist klar: Jedes Jahr schüttet der Fonds 300 Millionen Euro aus. Davon gehen 225 Millionen Euro in innovative Versorgungsformen, weitere 75 Millionen Euro bekommen Versorgungsforscher. Ein erklärter Schwerpunkt der ersten Zuschlags-Tranche: die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS).

Erstmals ein flächendeckender Test des e-Medikationsplans

Auch für die Apotheker, die ihre pharmazeutischen Dienstleistungen ja ohnehin ausbauen möchten, ist der Innovationsfonds daher sehr interessant. Auf Nachfrage wollte die ABDA nicht verraten, bei wie vielen Modellen sich Pharmazeuten beteiligen. Man hört aber immer wieder, dass insbesondere in Bayern die Anstrengungen groß sind. Schon seit längerer Zeit ist bekannt, dass ein Konsortium von Ärzten, Apothekern und einem Institut des Bayerischen Gesundheitsministeriums das e-Rezept testen will.

Doch auch der e-Medikationsplan könnte in Bayern erstmals flächendeckend zur Anwendung kommen. Ein großes Konsortium mit mehreren Hochschulen, der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK), einem IT-Dienstleister und einem Zusammenschluss von Gesundheitsdienstleistern der Metropolregion Nürnberg (Medical Valley) will in mehreren bayerischen Regionen den elektronischen Medikationsplan in der Versorgungspraxis testen. Die Landesapothekerkammer und der Landesapothekerverband sind in das Projekt als Kooperationspartner eingebunden. Um Mediziner für das Projekt zu gewinnen, wurden bislang mehrere kleinere und mittlere Ärztenetzwerke direkt angesprochen und um Mitarbeit gebeten.

Und so soll das Projekt funktionieren: Das AMTS-Projekt soll bei einem Zuschlag durch den Innovationsfonds in den vier Regionen Regensburg/Amberg, Nürnberg/Feucht/Erlangen/Forchheim, der Rhön und in München ausgerollt werden. Diese Regionen wurden ausgewählt, weil die SBK in diesen Gebieten einen besonders hohen Anteil an Versicherten mit Polymedikation hat, die von einem AMTS-Projekt profitieren könnten. Grundsätzliches Ziel des Versorgungsmodells mit dem Namen „Partner@AMTS“ ist es, die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker zum Wohle des Patienten zu elektronisieren und somit zu verbessern.

Wie soll der eMedikationsplan funktionieren?

In einer ersten Stufe sollen die teilnehmenden Ärzte einen elektronischen Medikationsplan der Patienten erstellen, der neben allen verordneten Rx-Medikamenten auch wichtige Diagnosen enthält. Der Mediziner lädt den Plan dann, ähnich wie beim Medikationsmanagement im ARMIN-Modell, auf einen Server. Von dort aus kann der vom Patienten ausgewählte Apotheker sich den Plan herunterladen. Der Pharmazeut führt gemeinsam mit dem Kunden einen sogenannten Brown-Bag-Check durch, er geht also die gesamte Medikation (auch OTC-Medikamente) des Patienten durch und schreibt dies in den Plan.

Auf Basis dieses Medikationsplans erfolgt im zweiten Schritt eine Medikationsanalyse, die Arzt und Apotheker gleichberechtigt gemeinsam durchführen. Das Ziel ist es, Arzneimittel-bezogene Probleme in der Therapie zu erkennen und zu vermeiden. Die beiden Heilberufler kommunizieren ausschließlich über einen gesicherten, strukturierten elektronischen Weg. Kein Fax, keine Telefonanrufe. In einem bislang einzigartigen letzten Schritt sollen Ärzte und Apotheker die Möglichkeit bekommen, ein sogenanntes AMTS-Kompetenzzentrum zu kontaktieren. Falls beide ein Problem in der Medikation finden und dabei wissenschaftliche Hilfe benötigen, können sie über die Serververbindung mehrere Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Uni-Klinikums Erlangen um Auskunft bitten.

Vergütung für Ärzte und Apotheker gleich hoch

Auch die Vergütung soll für Apotheker und Ärzte gleich hoch sein. Wie hoch das Zusatzhonorar genau ist, entscheidet sich aber erst nach einem eventuellen Zuschlag durch den G-BA. Die Projektpartner arbeiten derzeit noch an der Art der Vertragslösung. Denn auch die SBK und die Apotheker haben mitbekommen, dass insbesondere in Bayern Beratungs-Verträge mit Apothekern schnell von der Kassen-Aufsicht angezweifelt werden. Ein Selektivvertrag ist mit der direkten Beteiligung der Apotheker nicht möglich. Denkbar wäre hingegen ein Modellversuch, aber auch dafür müssen einige rechtliche Grundlagen erfüllt sein.

Aus politischer Sicht ist die Bewerbung des Konsortiums Partner@AMTS erstens zeitlich vielversprechend und zweitens inhaltlich aussichtsreich. Denn laut E-Health-Gesetz soll der elektronische Medikationsplan in zwei Jahren ohnehin bundesweit erhältlich sein. Warum sollte er bis dahin nicht schon einmal in Bayern getestet werden? Inhaltlich ist das Vorhaben vielversprechend, weil die Beteiligten (ähnlich wie die Initiatoren des ARMIN-Modells) beweisen können, dass eine problemlose elektronische Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker möglich ist – ohne Kompetenzgerangel.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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