Brexit

Gröhe will EMA nach Deutschland holen

Berlin - 29.06.2016, 14:05 Uhr

Nicht nur stark im Karneval: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wirbt mit der Kompetenz des BfArM, um die EMA ins Rheinland zu locken. (Foto: dpa)

Nicht nur stark im Karneval: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wirbt mit der Kompetenz des BfArM, um die EMA ins Rheinland zu locken. (Foto: dpa)


Einige Tage nach der Austritts-Entscheidung der britischen Bürger positioniert sich das Bundesgesundheitsministerium zum EMA-Umzug. Gröhe verweist gegenüber DAZ.online auf die geballte Kompetenz des BfArM: Auch für die EMA sei das Rheinland ein guter Standort. Die dortige Landesregierung unterstützt die Pläne.

Wohin mit der Europäischen Arzneimittelagentur EMA, wenn die britische Regierung tatsächlich das Votum ihrer Bürger befolgt und die EU verlässt? „Dazu können wir heute nur sagen: Die Standortfrage der EMA wird im Kreis der EU-Staaten zu diskutieren sein“, schrieb die Pressestelle des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) noch am Montagnachmittag. Derweil hatten sich schon verschiedene europäische Pharmaverbände dafür ausgesprochen, die Arzneimittelagentur in ihr Land zu holen – so die Bundesverbände der Arzneimittelhersteller (BAH) und der Pharmazeutischen Industrie (BPI).

Gröhe hält das Rheinland für gut geeignet

Am gestrigen Dienstag soll BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe sich bei einer Veranstaltung der CDU Hessen dafür ausgesprochen haben, die EMA zukünftig in Bonn / Düsseldorf oder Frankfurt / Wiesbaden anzusiedeln, wenn sie ihre bisherige Heimat London verlassen muss. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe setzt sich nun für den Umzug nach Deutschland ein. „Mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte haben wir in Bonn geballte Kompetenz in Fragen der Zulassung und Sicherheit von Arzneimitteln“, erklärte der Minister gegenüber DAZ.online. „Auch für die Europäische Arzneimittel-Agentur wäre das Rheinland ein guter Standort.“

Auch die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) will für einen Umzug ins – möglichst nördliche – Rheinland kämpfen. „Natürlich wäre es hervorragend, wenn diese wichtige Behörde künftig ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen als größtem deutschen Bundesland haben könnte“, erklärte sie. Steffens schrieb Gröhe an, dass sie eine Bewerbung Deutschlands um den Sitz der EMA mit dem Standort Bonn gerne unterstützen würde.

Vorteile für den Standort Deutschland

Nicht nur beim BAH, der selbst in Bonn angesiedelt ist, dürfte die Positionierung der Minister mit Freude aufgenommen werden. Auch wenn die EMA mit Vertretern aller Mitgliedsstaaten – außer Luxemburg – besetzt ist und Zulassungsentscheidungen auf den Voten der nationalen Behörden basieren, brächte ein Umzug entscheidende Vorteile mit sich: Einerseits beinhaltet die Behörde rund 900 Arbeitsplätze, so dass der Umzug mit einer möglichen Zuwanderung regulatorischer Expertise verbunden wäre. Außerdem haben auch trotz digitaler Kommunikationsmöglichkeiten mitunter kurze Wege weiterhin Vorteile.

Zuvor hatte sich auch die italienische Gesundheitsministerin Betraice Lorenzin um die EMA geworben. „Wir haben die Voraussetzungen, erfüllen die Qualität und haben ausreichend Kompetenzen dafür“, erklärte sie gegenüber der Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“. „Unsere Arzneimittelagentur AIFA ist ein Modell, für das alle uns beneiden. Der Technik-Standort Mailand wäre der ideale Platz für die EMA.“

Zulassungsverfahren müssen weiter laufen

Der BPI hatte betont, dass der Brexit die Arbeit der Arzneimittelagentur nicht zu sehr einschränken dürfe. „Die EMA betreibt zum Beispiel komplexe IT-Systeme, die nicht leicht zu verlagern sind“, erklärte der Verband. „Ein Umzug bindet erhebliche Kapazitäten, welche die ununterbrochene und uneingeschränkte Funktionsfähigkeit der Zulassung und Qualitätsprüfung von Arzneimitteln, sowie die Überwachung der Arzneimittelsicherheit behindern können.“ Daher solle die Zeit bis zum Ausstieg Groß-Britanniens gut genutzt werden.

Wann das Vereinigte Königreich diesen Schritt geht, ist allerdings weiter offen. Zunehmend wird auch betont, dass der Volksentscheid das britische Parlament nicht verpflichtet, den Austritt zu erklären – die Parlamentarier sprechen sich selber überwiegend für die Mitgliedschaft in der EU aus.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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