Pharma-Honorare

Wir haben ja nichts zu verbergen

Stuttgart - 01.07.2016, 17:30 Uhr


Durchsetzen tut sich das, was hilft

„Es ist ja nicht viel, was ich verdiene – dafür schäme ich mich nicht“, sagt der Epileptologe Thomas Mayer, Ärztlicher Leiter des Sächsischen Epilepsiezentrums Radeberg. Er erhielt 2015 knapp 25.000 Euro von UCB. „Das kommt hin, das ist eine Zahl, die stimmt“, sagt Mayer. Die Zahlungen erhält er beispielsweise für Vorträge oder seine Arbeit in Beratungsgremien. Für Vorträge zahle UCB normalerweise Honorare von 600 bis 1000 Euro – das sei „nichts, was man nicht angeben dürfte“, erklärt Mayer. Die Ärzte, die sich der Initiative „Mein Essen zahl ich selbst“ angeschlossen haben, würden vermutlich gut verdienen – und im Westen leben. Die Pharma-Zahlungen sind für ihn „der kleine Bonus, sich das zu finanzieren, was man sich sonst nicht leisten könnte“.

Mayer erhält auch Unterstützung für die Durchführung von Studien sowie Anwendungsbeobachtungen. Diese Gelder werden im Rahmen des Transparenz-Codex nicht individuell veröffentlicht. „Ich hätte nichts dagegen“, sagt der Arzt. „Ich weiß, wie die Gelder früher verteilt wurden – inzwischen verschenkt die pharmazeutische Industrie ja nicht einmal mehr Kugelschreiber“. Über das in der Presse gezeichnete Bild ärgert er sich – da er auch alles ordentlich versteuert.

Uneigennütziges Engagement?

Bergen Pharma-Zahlungen nicht auch das Risiko von Interessenkonflikten? „Die Gefahr besteht, das würde ich auch bestätigen“, räumt Mayer ein. Das Problem sei jedoch nicht so groß, wenn man mit allen – oder vielen – Firmen zusammenarbeitet. Bei ihm seien es drei weitere. Außerdem gäbe es in der Epileptologie nicht so viele innovative Mittel. Darüber hinaus würden ihm die Patienten schnell sagen, was ihnen gut tut. „Durchsetzen tut sich das, was hilft“, sagt Mayer. Daher habe er persönlich nicht viel Einflussmöglichkeit: Er überrede keinen Patienten. In anderen Fächern – wie der Psychiatrie oder der Inneren Medizin – könne dies anders sein.

Für den Lübecker Onkologen Jens Kisro ist ein offensiver und proaktiver Ansatz die einzige Möglichkeit, mit den Zahlungen umzugehen. „Wir haben ja nichts zu verstecken“, erklärt er. Er war mit Zahlungen in Höhe von rund 18.000 Euro einer der Ärzte, die am meisten von Roche erhielten. „Ich habe Beraterfunktionen für Pharmafirmen, mache Studien“, sagt er. Ein großer Teil ginge auch bei ihm in Auslandsreisen, was wichtig sei, um sich über neue Daten zu informieren. „Das mache ich nicht für mich“, erklärt Kisro. Er verdiene soviel Geld, dass er die Zahlungen von Pharmafirmen gar nicht brauche.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
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