Nahrungsergänzung

Fatburner enthält Asthmamittel – ist das erlaubt?

Stuttgart - 11.07.2016, 09:30 Uhr

Lipo 100 Hardcore wird nicht über Apotheken, sondern über Fitnessshops vertrieben (Foto: Screenshot / DAZ)

Lipo 100 Hardcore wird nicht über Apotheken, sondern über Fitnessshops vertrieben (Foto: Screenshot / DAZ)


Undurchsichtiger NEM-Markt 

Lipo 100 Hardcore ist ein Beispiel von vielen für die regulatorischen Schwierigkeiten im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel. Im Gegensatz zum streng regulierten Arzneimittelmarkt gibt es wenig klare Regeln. Ob ein Präparat ein NEM oder ein Arzneimittel ist, hängt nicht von Art und Menge der wirksamen Bestandteile ab, sondern von der Zweckbestimmung. Um als NEM deklariert werden zu dürfen, müssen beispielsweise folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Das Präparat muss laut Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NemV) dazu bestimmt sein, „die allgemeine Ernährung zu ergänzen und in dosierter Form, […] in abgemessenen kleinen Mengen in den Verkehr gebracht werden“. Dann bedarf es im Gegensatz zum Arzneimittel keiner Zulassung.

Ein Arzneimittel hingegen wird per Definition zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden eingesetzt.

Oder es dient dazu, die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.

Wenn sich dann aber für ein und denselben Wirkstoff die Health Claims der Nahrungsergänzungsmittel mit den zugelassenen Indikationen der Arzneimittel überschneiden, wird es komplett unübersichtlich. Dann ist es sogar für Fachkreise nicht nachvollziehbar, warum Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden dürfen, die höher dosiert sind als verschreibungspflichtige Arzneimittel – wie es zum Beispiel bei Vitamin D der Fall ist. 

Obergrenze bei Vitamin D

Allerdings gibt es hier mittlerweile eine Empfehlung für eine Obergrenze für NEM. Sie wurde von einer Expertenkommission der zuständigen Bundesoberbehörden, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), herausgegeben. 

Dort heißt es: „Bis zu einer Tagesdosis von 20 μg Vitamin D kann im Kontext der Ernährung/Nahrungsergänzung noch von einer ernährungsspezifischen beziehungsweise einer physiologischen Wirkung ausgegangen werden […]. Präparate bis zu einer Tagesdosis von 20 μg Vitamin D können daher als Nahrungsergänzungsmittel gemäß § 1 NemV eingestuft werden. Allerdings nur, wenn alle lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllt und die empfohlenen Anwendungsgebiete nicht eine Einstufung als Arzneimittel rechtfertigen.“ Bei Tagesdosen, die diese Grenze überschreiten, sieht die Expertenkommission keine „ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung im Kontext der Ernährung“ mehr. Entsprechende Präparate wären also nicht mehr als NEM einzustufen, sondern müssten als Arzneimittel zugelassen werden. 

Im Zweifel die Aufsichtsbehörde kontaktieren 

In der Praxis müssen die regional zuständigen Behörden jedes Präparat einzeln beurteilen. Daher rät die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, sich bei Zweifeln, ob ein Präparat tatsächlich als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden darf, an die regional zuständige Behörde zu wenden. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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