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Dauerthema Lieferengpass
Wann gibt es wieder Metoprolol?
ZUSAMMENFASSUNG
Der Betablocker Metoprololtartrat ist nicht lieferbar. Apotheken kritisieren die Informationspolitik der Pharmazeutischen Unternehmer. Ist ein Austausch gegen Metoprololsuccinat möglich?
Wann gibt es wieder Metoprolol?
Das Problem um die Lieferengpässe bei Arzneimitteln reißt nicht ab. In der DAZ.online-Themenwoche „Den Defekten auf der Spur” gingen wir den Ursachen auf den Grund – und befragten pharmazeutische Unternehmer, Großhändler, betroffene Apotheker aus Offizin und Klinik sowie die Krankenkassen. Wer ist schuld? Diese Frage blieb auch zum Schluss unbeantwortet – keiner der Agierenden wollte sich diesen Schuh anziehen.
Aber: Schuld oder nicht schuld – die Situation um die Patientenversorgung mit Metoprolol spitzt sich zu. Bereits im Mai führte der Betablocker-Blockbuster unsere Negativ-Hitliste nicht verfügbarer Arzneimittel an Position eins an. Nun erreichten DAZ.online erneut Meldungen aus Apotheken – zeitweise sei kein einziger Hersteller des Retardpräparats mit dem Wirkstoff Metoprololtartrat lieferfähig, von Versorgungsnotstand für die Patienten ist die Rede. Betroffen ist vor allem die Stärke mit 200 Milligramm Wirkstoff. Was tun? Welche Metoprolol-Präparate dürfen – ärztlich abgeklärt – ausgetauscht werden?
Zum Thema Lieferengpässe
Ein Handzettel für Apotheker
Eine Apothekerin aus Schleswig-Holstein äußerte sich gegenüber DAZ.online zu ihrem Alltag mit diesem Problem. Am meisten störe sie – neben der Versorgungslücke für den Patienten – die Informationspolitik seitens der Pharmazeutischen Unternehmer. Auf Nachfrage zu Gründen oder zum voraussichtlichen Zeitrahmen der Nichtlieferfähigkeit, erhalte sie oft gar keine Information, sagt die Pharmazeutin. Bei Ärzten stoße sie teilweise auf Verständnis – teilweise sei die Praxis aber noch nicht einmal informiert über bestehende Engpässe.
Die Apothekerin sieht hier die pharmazeutischen Unternehmer in der Pflicht. Sie wünscht sich eine bessere Information: Eine Handlungshilfe – „schwarz auf weiß” – die ihre Angaben den Ärzten gegenüber stützt. Eine Art Handout schlägt sie vor, mit den wichtigsten Eckdaten, die sie an die Ärzte weitergeben könne. Warum nicht verfügbar? Und wie lange? Konkrete Alternativen, die der Arzt verordnen kann. Diese Punkte erachtet die Apothekerin für wichtig – und die würden sie im täglichen Apothekenbetrieb ehrlich unterstützen.
Auch für Patienten fände sie solch einen Handzettel zur Mitgabe sinnvoll. Nicht selten seien Patienten verunsichert und besorgt: „Ist das gefährlich? Wird das zurückgezogen?” seien alltägliche Fragen, mit denen sie konfrontiert würde, erklärt die Apothekerin. Eine erklärende Stellungnahme des Herstellers würde vielleicht auch die Skepsis der Patienten ausräumen.
„Erfreulich hohe Nachfrage“
DAZ.online hat bei Hexal und Teva nachgefragt. Hexal sieht über die „Mitarbeiter im Außendienst“ den „direkten Draht in Apotheken und Arztpraxen“ gewährleistet –und somit eine ausreichende Information „über die aktuelle Situation bei Metohexal retard“. Die Notwendigkeit zusätzlicher, unterstützender Maßnahmen, sieht man seitens der Hexal AG offenbar nicht.
Den Lieferengpass erklären die generischen Pharmaunternehmer mit einer unerwartet gestiegenen, hohen Nachfrage. Diese sei zwar „erfreulich”, heißt es bei Hexal, dem daraus resultierenden „unerfreulichen” Kapazitätsengpass sei man durch einen neuen Lieferanten für Metohexal retard begegnet. Die Validierung der Produktionsabläufe gestalte sich allerdings „sehr zeitintensiv, erklärt der Pharmakonzern aus Holzkirchen. Vor Herbst rechne man nicht mit einem Ende der Lieferschwierigkeiten.
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Auch die Teva GmbH, die Firmen wie ratiopharm oder Abz unter ihrem Dach vereint, begründet den Ausfall mit einem gestiegenen Bedarf an dem Präparat. Durch Lieferausfall „eines großen Rabattpartners” sei die Nachfrage auch bei Teva gestiegen – „trotz aller Anstrengungen” könnten Nicht-Rabattvertragspartner diesen Engpass so kurzfristig nicht kompensieren. Teva sieht ab Mitte bis Ende Juli ihre Lieferfähigkeit wiederhergestellt.
Hexal betont an dieser Stelle die volle Lieferfähigkeit bei den Succinat-Präparaten. Die spielten ohnehin eine größere Rolle im Metoprolol-Markt. Doch hilft das Patienten oder Apothekern? Wie sieht es mit dem Austausch der einzelnen Metoprolol-Arzneimittel aus? Was darf gegen welches Präparat substituiert werden?
Vorsicht beim Austausch!
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da verschiedene Retard-Formulierungen bei Metoprololtartrat auf dem Markt sind.
Bei „herkömmlichen” Retardierungsprinzipien wird die Tablette mit einem Retardüberzug versehen. Der Wirkstoff wird hier mit einer Kinetik erster Ordnung freigesetzt. Dieses Prinzip findet sich beispielsweise bei Metohexal® retard-Tabletten.
Metoprololtartrat kann aber auch anders verpackt werden: Der Betarezeptoren-blockierende Wirkstoff ist dann in eine Polymermatrix eingebettet. Nach Einnahme quillt die Matrixtablette auf – der Wirkstoff diffundiert langsam aus der Quellschicht an der Oberfläche. Die Konzentration des gelösten Wirkstoffes kann innerhalb der Matrix als konstant betrachtet werden. Die Freisetzung folgt bei dieser Galenik einer Kinetik nullter Ordnung. Arzneimittel mit derartigen Retardierungsformulierungen tragen im Handelsnamen beispielsweise „Zero“, „NK“, „Z“ – als Hinweis für die Kinetik nullter Ordnung.
Obwohl beide Arzneiformen Metoprololtartrat enthalten, dürfen diese Retardierungsprinzipien nicht gegeneinander ausgetauscht werden.
Bei Metoprolosuccinat-haltigen Arzneimitteln ist der Wirkstoff in zahlreichen kleinen Pellets eingeschlossen, die mit einer Polymerhülle umgeben sind. Vorteil hierbei ist, dass Metoprolol aus dieser Darreichungsform – wie auch bei der Polymermatrix – sehr konstant freigesetzt wird. Verdauungssäfte lassen die Polymerhülle quellen – der Wirkstoff wird gelöst und diffundiert langsam durch die Polymermembran. Der Wirkstoffgehalt an der Innenseite der Membran kann ebenfalls als nahezu konstant betrachtet werden, solange noch ungelöster Wirkstoff vorliegt. Auch hier liegt pharmakokinetisch eine Freisetzung nullter Ordnung vor.
Biopharmazeutisch betrachtet, ist Metoprololtartrat mit Kinetik nullter Ordnung äquivalent zu Metoprololsuccinat. Ein Austausch dieser Präparate mit ZOK-Galenik ist somit prinzipiell möglich. 190 mg Succinat entsprechen in diesem Fall 200 mg retardiertem Tartrat.
Lesen Sie hier die Zusammenfassung
Metoprololtartrat ist in unterschiedlichen Retardierungsformulierungen auf dem Markt. Nicht immer lassen sich diese problemlos untereinander austauschen. Ausschlaggebend ist nicht das Salz, sondern die Freisetzungskinetik. So lassen sich Retardpräparate, aus denen Metoprololtartrat mit einer Kinetik erster Ordnung freigesetzt wird, zum Beispiel Metohexal® retard-Tabletten, ausschließlich untereinander substituieren. Metoprololtartrate, die im Handelsnamen ein „Zero“,„NK“ oder „Z“ tragen und mit einer Kinetik nullter Ordnung (ZOK-Galenik) freigesetzt werden, lassen sich ebenfalls nur untereinander austauschen. Zusätzlich steht bei diesen Präparaten als Alternative Metoprololsuccinat zur Verfügung. Hier muss eine Dosisumrechnung erfolgen.
4 Kommentare
Metoprolol 200
von Elli am 11.02.2019 um 21:40 Uhr
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Metoprolol 200 mg
von Kefferstein Christine am 08.12.2016 um 15:30 Uhr
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Auf dem Rücken der Betroffenen
von Gabriele M. am 18.10.2016 um 15:54 Uhr
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Lieferengpässe
von Alexander Zeitler am 08.07.2016 um 20:53 Uhr
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