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Nach Todesfall in Rennes
EMA und BfArM planen verschärfte Regeln für Phase-I-Studien
Sind die neuen Ansätze sicher – und überhaupt zulässig?
Auf einer Veranstaltung Ende Juni diskutierte das BfArM die Zukunft früher klinischer Studien mit mehr als 100 Mitgliedern der Industrie, Ethik-Kommissionen und Behörden in Bonn. Journalisten waren nicht zugelassen, doch wurden inzwischen Folien von Vorträgen online gestellt. Hiernach hat der Leiter der Abteilung „Wissenschaftlicher Service“, Thomas Sudhop, zu Beginn erst einmal auf die Grundlagen aufmerksam gemacht: Laut AMG müssen „die vorhersehbaren Risiken und Nachteile gegenüber dem Nutzen für die Person, bei der sie durchgeführt werden soll …, und der voraussichtlichen Bedeutung des Arzneimittels für die Heilkunde“ ärztlich vertretbar sein. Bei der Prüfarznei BIA 10-2474 von Bial gab es hierbei erhebliche Zweifel.
Laut seinem Vortrag werden integrierte Protokolle auch in Deutschland zunehmend eingesetzt – bei fast jeder vierten frühen Studie. Wichtigste Motivation sei die Zeit‐ und Geldersparnis. Umstritten ist, inwiefern integrierte Studien ohne Zwischen-Überprüfung durch Ethikkommissionen überhaupt zulässig sind. Sudhop thematisierte in seinem Vortrag, dass die geltende GCP‐Verordnung verkürzte Prüfungsfristen bei aufeinanderfolgenden Studien eines Phase-I-Entwicklungsprogramms vorsieht. Nach Einschätzung mancher Experten gibt es aufgrund dieser Möglichkeit berechtigte Zweifel, ob diese externe Prüfung bei Teilstudien tatsächlich übergangen werden darf.
Zwischenfälle haben nur Verlierer
Sudhop wies auf das Dilemma der Nutzen-Risiko-Bewertung bei integrierten Protokollen hin: Die jeweilige Behörde und Ethikkommission hat zum Zeitpunkt der Genehmigung naturgemäß keine Informationen zur Sicherheit aus den einzelnen Studienabschnitten. Ein Ausweg wäre, den Prüfplan nach Fertigstellung einer Teilstudie zu ergänzen und neu einzureichen.
BfArM-Mitarbeiter Heiko Preußer vom Fachgebiet Klinische Prüfung kritisierte Aspekte, die direkt auch den Zwischenfall in Rennes betrafen, in seinem Vortrag offenbar scharf. So beispielsweise den Fall, wenn Entscheidungen in Prüfprotokollen der „Meinung“ der Prüfärzte oder Sponsoren überlassen werden, wie es in Bials Studie erfolgte. „Zwischenfälle wie BIA 10‐2474 oder TGN1412 haben nur Verlierer!“, erläuterte er. Strenge regulatorische Anforderungen schützten nicht nur die Probanden und Patienten, sie schützen auch die Forschenden.
Laut Georg Golor vom Auftragsforschungsunternehmen Parexel sinkt bei Sponsoren die Akzeptanz gegenüber traditionellen, getrennten Protokollen. Die unterschiedlichen Beurteilungen in der EU führe zu „verlockenden“ Alternativen in anderen Ländern. Seiner Einschätzung nach sind integrierte FIM Studien sicher durchführbar, wenn klar definierte Kriterien eingehalten werden. „Ein integriertes Studiendesign darf nicht mit einem erhöhten Risiko für die Probanden einhergehen“, sagte er laut seiner Folien.
Sicherheit und Fairness
Joerg Hasford, der in Bonn als Vertreter des Arbeitskreises medizinischer Ethikkommissionen sprach, sieht integrierte Studiendesigns kritisch. Eine erhebliche Schwierigkeit ist die Aufklärung der Probanden, da die entsprechenden Unterlagen immer den aktuellen Erkenntnissen angepasst werden müssen – in Frankreich wurde deutlich, wie wichtig dieser Schritt ist.
Ihm liege am Herzen, dass die Politik für Fairness bei den Anforderungen klinischer Studien sorgt, sodass Probanden überall auf gleichem Niveau geschützt werden müssen. „Es kann nicht sein, dass in Frankreich alles durchgewunken
wird und Phase-I-Forschung nach Frankreich oder England abwandert“, erklärte er gegenüber DAZ.online.
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von Christina Rehm am 27.07.2016 um 15:43 Uhr
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von Christina Rehm am 27.07.2016 um 15:43 Uhr
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