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Welche Informationen sind bei einem Beratungsgespräch in der Apotheke für den Patienten wichtig? Welche hilfreichen Tipps kann der Apotheker zu Arzneimitteln und Therapien geben? Im Beratungs-Quickie stellen wir jeden Donnerstag einen konkreten Patientenfall vor. Diesmal geht es um eine Verordnung über Fluconazol für eine junge Frau.
Formalien-Check
Da die Kundin das Rezept kurz nach
ihrem Geburtstag einlöst, gratuliert ihr der junge Apotheker nachträglich zum
Ehrentag. Die junge Frau antwortet pikiert, dass das Medikament nicht für sie
sei. Sie hole es nur für eine Freundin.
Verordnet ist eine Hartkapsel Fluconazol HEXAL® 150 mg, N1. Das Rezept ist vollständig und eindeutig. Die Gynäkologin erlaubt den Aut-idem-Austausch. Rabattverträge sind daher zu beachten. Die Kundin ist gebührenpflichtig. Ab Ausstellungsdatum ist das Rezept einen Monat gültig.
Beratungs-Basics
Der Kundin scheint eine Beratung unangenehm zu sein. Trotzdem sollten ihr einige Informationen vermittelt werden, vor allem zum Thema korrekte Einnahme und wirksame Empfängnisverhütung. Mit der Bitte, die wichtigen Informationen an ihre Freundin weiterzugeben, erfolgt das Gespräch diskret in der Beratungsecke. Pilzinfektionen im Intimbereich sind kein Grund zur Scham und kommen häufig vor. Sie sind auch kein Zeichen für mangelnde Hygiene, sondern eher für eine übertriebene Intimhygiene.
Der Wirkstoff Fluconazol ist ein Breitband-Antimykotikum zur Behandlung von Hefepilzinfektionen. Fluconazol wirkt fungistatisch auf Dermatophyten, Hefen und dimorphe Pilze. Die Substanz wird ausschließlich systemisch eingesetzt.
In der Wirkstärke 150 mg ist das Arzneimittel als Einzeldosis auf dem Markt und zur Behandlung der akuten Vaginal-Candidose oder der Candida-Balanitis (Entzündung der Eichel) bei Erwachsenen zugelassen, wenn die Pilzinfektion durch eine lokale Therapie nicht wirksam zu behandeln ist. Laut Gebrauchsinformation „kann die Therapie begonnen werden, bevor Ergebnisse von Kulturen und andere Laborwerte vorliegen. Sobald diese Ergebnisse verfügbar sind, sollte die antiinfektive Therapie entsprechend angepasst werden.“
Fluconazol wird neben der Behandlung von Pilzinfektionen (der Schleimhäute, der Haut, der Nägel oder innerer Organe) auch zur Vorbeugung eingesetzt, zum Beispiel bei immunsupprimierten Personen.
Die vorliegende Indikation kann mit einer Einmaldosis behandelt werden. Für andere Indikationen sind vielfältige Behandlungsschemata möglich, die individuell vom Arzt festgelegt werden.
Die Einnahme der Hartkapsel erfolgt, ungeöffnet und unzerkaut, unabhängig von einer Mahlzeit. Um Anwendungsfehler zu vermeiden, ist es wichtig zu betonen, dass die Hartkapsel eingenommen und nicht vaginal eingeführt wird!
Der Wirkstoff Fluconazol führt häufig zu Magen-Darm-Beschwerden, wie Übelkeit und Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfall. Außerdem können Kopfschmerzen und Hautausschlag auftreten. Mitunter sind Schwindelgefühl und Krampfanfälle möglich. Das Reaktionsvermögen kann durch Fluconazol stark beeinträchtigt werden.
Fluconazol darf während einer Schwangerschaft nicht in hohen Dosen oder längerfristig angewendet werden. Auch die Einmalgabe ist nur bei unbedingter Notwendigkeit indiziert.
Auch noch wichtig
Eine Mitbehandlung des Partners ist empfehlenswert (zunächst mit einer lokalen Therapie mit dem Wirkstoff Clotrimazol). Um den sogenannten Ping-Pong-Effekt zu vermeiden, sollte die Kundin außerdem Kondome verwenden, bis die Pilzinfektion beseitigt ist. Im Falle dieser zusätzlichen antimykotischen Lokaltherapie beim Partner, kann die Reißfestigkeit und Sicherheit von Latex-Kondomen bei gleichzeitiger Anwendung der Creme herabgesetzt sein.
Im Rahmen einer effektiven Pilzbehandlung müssen Unterwäsche und Handtücher bei mindestens 60° Celsius gewaschen werden. Der Kundin kann an dieser Stelle der Einsatz des Canesten® Hygiene Wäschespüler empfohlen werden.
Fluconazol hat ein hohes Interaktionspotenzial. Der Wirkstoff wird über CYP3A4 metabolisiert und ist ein Hemmer von CYP2C9, CYP2C19 und CYP3A4. Wechselwirkungsstudien beziehen sich auf Mehrfachgaben von Fluconazol, müssen aber auch bei der Einmalgabe berücksichtigt werden. Fluconazol darf auf keinen Fall mit Arzneimitteln kombiniert werden, die von CYP3A4 metabolisiert werden oder das QT-Intervall verlängern, wie zum Beispiel Terfenadin, Cisaprid, Astemizol, Pimozid, Chinidin und Erythromycin. Auch die gleichzeitige Anwendung von Colchicin ist kontraindiziert, da die Gefahr einer Colchicin-Intoxikation besteht.
Es treten Wechselwirkungen mit zahlreichen, weiteren Wirkstoffen auf. So ist bei Diabetikern beispielsweise eine Verstärkung der Wirkung von Sulfonylharnstoffen möglich und somit das Risiko einer Hypoglykämie erhöht. Im Notfall muss Traubenzucker eingenommen werden. Auch die Wirksamkeit von Saccharomyces cerevisae (Perenterol®) wird eingeschränkt oder aufgehoben.
Fluconazol wird nur langsam eliminiert. Die hemmende Wirkung auf die Verstoffwechselung anderer Wirkstoffe kann bis zu fünf Tage nach der Einnahme anhalten.
Vorsicht ist auch bei Leber- oder Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen geboten. Wird Fluconazol längerfristig eingesetzt, müssen die Leberwerte regelmäßig kontrolliert werden.
Darf´s ein bisschen mehr sein?
Als begünstigende Faktoren für die Entwicklung einer Pilzinfektion im Intimbereich gelten eine eingeschränkte Abwehr (zum Beispiel bei Cortison-Einnahme), eine bestehende Schwangerschaft, Diabetes mellitus, sexuelle Aktivität mit wechselnden Partnern und die Einnahme von Antibiotika.
- Candida albicans ist der häufigste Erreger einer Vulvovaginalcandidose. Er gehört zur physiologischen Flora und kann sich nur vermehren, wenn das natürliche Gleichgewicht gestört ist.
- Zum Erhalt der physiologischen Flora empfiehlt sich daher eine geeignete Intimhygiene (zum Beispiel Vagisan®) und zur Stärkung der Vaginalflora ein Präparat mit Milchsäurebakterien (zum Beispiel Vagiflor®).
- Treten die Pilzinfektionen rezidivierend auf (mehr als viermal pro Jahr), spricht man von einem chronischen Vaginalpilz. Hier ist das Anlegen einer Pilzkultur besonders wichtig.
Die Kundin verabschiedet sich. Sie werde ihrer Mitbewohnerin alles ausrichten. Sie zwinkert dem Apotheker zu. Und wenn sie ihr von der reizenden Beratung berichte, werde ihre Freundin in Zukunft ihre Rezepte sicher immer selbst einlösen wollen.
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