DocMorris in Hüffenhardt

Apotheke oder Abgabe-Automat?

Berlin - 11.08.2016, 15:17 Uhr

DocMorris will per Bildschirm pharmazeutisch beraten und Arzneimittel über einen Autormaten ausgeben. (Foto: DocMorris)

DocMorris will per Bildschirm pharmazeutisch beraten und Arzneimittel über einen Autormaten ausgeben. (Foto: DocMorris)


Schon bald will die Versandapotheke DocMorris im baden-württembergischen Hüffenhardt einen Arzneimittel-Abgabeautomaten einrichten. Die Gemeinde ist voll dabei und freut sich, dass die Bürger im Ort wieder Arzneimittel bekommen. Die zuständige Zulassungsbehörde hat von dem Projekt zwar offiziell noch nichts gehört, sieht es aber jetzt schon kritisch. Vielleicht ist sie aber gar nicht zuständig.

In den Räumen der ehemaligen und einzigen Apotheke in Hüffenhardt sind derzeit die Bauarbeiten in vollem Gange. Die lokale Rhein-Neckar-Zeitung berichtet am heutigen Donnerstag, dass das Apotheken-A zwar noch hängt. Schon bald soll es aber der grünen DocMorris-Plakatierung weichen. Geplant ist ein „Digitaler Beratungsservice mit Abholfunktion für Arzneimittel“. Ursprünglich sollte der Abgabeautomat schon im Sommer 2016 in Betrieb gehen. Aufgrund von Verzögerungen beim Umbau peilt DocMorris nun aber das Ende dieses Jahres als Eröffnungstermin an.

Zur Erklärung: Vor einiger Zeit hatte die Apotheke im Ort geschlossen. Nach monatelangen Suchaktionen war es dem Bürgermeister der Stadt nicht gelungen, einen Nachfolger für die Apotheke zu finden. Die niederländische Versandapotheke DocMorris hatte dann das Konzept der Video-Apotheke vorgestellt. In der Gemeinde scheint das Konzept sehr gut anzukommen. Der Gemeinderat hat die Errichtung des Abgabeautomaten mehrfach thematisiert und nicht widersprochen. Zuletzt war das Gemeinde-Gremium sogar einer Einladung nach Heerlen in den Niederlanden gefolgt. Die Mitglieder des Gemeinderates schauten sich dort den Hauptsitz von DocMorris an.

Unklar ist allerdings, wie und ob DocMorris eine Erlaubnis für den Betrieb dieses Automaten bekommt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist in der Region dafür zuständig, Apotheken eine Betriebserlaubnis zu erteilen. Gegenüber DAZ.online sagte die Behörde, dass DocMorris noch keine Prüfungsunterlagen eingereicht habe. Deswegen könne man auch offiziell noch nicht sagen, ob die Abgabestelle eine Betriebserlaubnis bekäme oder nicht.

Der Behördensprecher gab jedoch ein paar juristische Hinweise, die die Einstellung des Regierungspräsidiums andeuten. Auf die Frage, welche Anforderungen die Video-Apotheke erfüllen müsste, um eine Betriebserlaubnis zu erhalten, sagte der Sprecher: „Eine Apotheke müsste insbesondere den Regelungen des AMG, des ApoG und der ApBetrO entsprechen. Auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu der Abgabe von Arzneimitteln über Apothekenterminals und zum Verbot der Selbstbedienung (§ 52 AMG) wird hingewiesen.“ Das heißt insbesondere: Ein Apotheker – und nicht etwa eine Kapitalgesellschaft – muss die Apotheke persönlich und in eigener Verantwortung leiten, und Arzneimittel müssen durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt werden. Ferner müssen die Räume auch sonst den Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung entsprechen. Zudem ist verboten, Arzneimittel durch Automaten in den Verkehr zu bringen, wenn der Kunde das Medikament ohne Einschaltung eines Apothekers nach Bezahlung automatisch erhält. Nicht zuletzt ist das Viavisa-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu beachten.

Ein rechtlich fragwürdiges Unterfangen

All diese Anforderungen dürfte die Video-Abgabestelle nicht erfüllen. DocMorris hat schließlich betont, dass nur anfangs ein Mitarbeiter anwesend sein soll, um den Nutzern das Terminal zu erklären. Und das holländische Unternehmen dürfte selbst wissen, dass es in Deutschland keine Apotheke selbst gründen darf. Welche Strategie verfolgt DocMorris also? Soll der Abgabe-Automat gar nicht als Apotheke zugelassen werden? Das Unternehmen selbst wollte sich zu diesen Fragen nicht äußern.

Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hält das Konstrukt für rechtlich nicht umsetzbar. Dort hieß es auf Nachfrage, die Kammer stehe im Kontakt mit dem Regierungspräsidium und dem Sozialministerium. Zurzeit sei der Fall aber noch zu wenig konkret.

Das Regierungspräsidium bleibt jedenfalls am Ball. Wie die Rhein-Neckar-Zeitung berichtet, war ein Behördenmitarbeiter bereits in Hüffenhardt, um sich die Baustelle anzuschauen. Derzeit habe man keine Erkenntnisse darüber, dass in den Räumen der ehemaligen Apotheke Vorbereitungen für Geschäftstätigkeiten getroffen werden, die sich auf eine Arzneimittelabgabe beziehen könnten.

Was den Betrieb des Arzneimittel-Abgabeautomaten betrifft, weist der Behörden-Sprecher darauf hin, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Visavia-Apotheken-Terminal einige Fragen aufwerfe, die bei der DocMorris-Frage in Hüffenhardt noch eine Rolle spielen könnten. Das Gericht hatte damals entschieden, dass Arzneimittel auf Verschreibung nicht über Abgabeterminals, die nicht persönlich besetzt sind, sondern mittels Ferneinrichtungen bedient werden, nicht abgegeben werden dürfen. Unzulässig sei es zudem, wenn die Geräte nicht von dem Personal der Apotheke, sondern über ein Servicecenter bedient werden. Überdies genüge die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über ein Abgabeterminal nicht den rechtlichen Dokumentationspflichten des Apothekers.

Selbst wenn DocMorris den Automaten in Hüffenhardt nicht als Apotheke etabliert, sondern als Automaten, dürfte es dem Unternehmen also schwerfallen, an dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorbeizukommen. Es bleibt spannend abzuwarten, wie DocMorris den Betrieb des Automaten rechtfertigen will.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Doc Morris Abgabeautomat

von R. Maucher am 26.04.2017 um 12:45 Uhr

Es wäre zu prüfen, was geschieht, wenn wir in unseren Filialen statt eines Filialleiters eine entsprechende technische Vorrichtung installieren. Da sowieso keine Apotheker mehr verfügbar sind( wir suchen schon seit Monaten einen Filialleiter) wäre dies eine kostengünstige Lösung. In Zeiten der "Gleichbehandlung" wird man uns das wohl nicht genehmigen.

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Pfändung des Warenlagers

von Thomas Mann am 14.12.2016 um 18:33 Uhr

Na klasse, dann können endlich die rechtskräftig verhängten Bußgelder gegen Doc Mo. eingetrieben werden.!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Arzneimittelautomaten

von Heiko Barz am 12.08.2016 um 11:01 Uhr

"Steter Tropfen höhlt den Stein"
DocMorris bleibt auf allen illegalen Wegen stets wehrhaft in der Spur. Die Hauptsache ist, man ist dauerhaft im Gespräch.
Das Problem würde sich von allein lösen, verböte man die Versendung verschreibungspflichtiger Arzneimittel.

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Geld

von Frank ebert am 11.08.2016 um 22:56 Uhr

Wieviel ?

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