Immer wieder warnten Doudna und Charpentier vor einem
blauäugigen Vorpreschen, mahnten an, das System erst einmal grundlegend zu
erforschen – mit mäßigem Erfolg. Und Dabrock bemerkt: Potenziell gefährliche
Manipulationen von Erregern seien bisher nur in bestens ausgestatteten Labors
möglich gewesen. „Dort bleibt ein Supervirus auch wirklich im
Hochsicherheitstrakt.“ Mit Crispr werde das anders, weil die Technik keiner komplexen
Ausstattung bedürfe. „Der Schutz vor missbräuchlicher Anwendung scheint mir
derzeit der ethisch relevanteste Bereich und die wichtigste Sicherheitsfrage zu
sein.“
Statt um die akuten Fragen bei Pflanzenzüchtung und die
Verbreitung gentechnisch veränderter Lebewesen drehten sich die aktuellen
Debatten jedoch vor allem um eher symbolische Aspekte etwa bei Gentherapien,
sagt Dabrock. „Das sind abstrakte Fragestellungen, die absehbar für Jahre noch
gar keine bedeutende klinische Rolle spielen.“ Eine auf Körperzellen bezogene
Gentherapie sei mit Crispr ohnehin nicht zwingend dramatisch anders als bisher.
Doch die Technik geht noch weiter: Im vergangenen Jahr
verlautbarte ein Team aus Guangzhou (China), Dutzende in einer
Fruchtbarkeitsklinik aussortierte Embryonen manipuliert zu haben. Der
Genaustausch per Crispr war nur bei einigen Zellhäufchen erfolgreich – aber das
weltweite Entsetzen gigantisch. Die Schreckensvision eines im Labor gezüchteten
Menschen wirkte näher denn je. „Solche Versuche halte ich für extrem
problematisch“, sagt Puchta.
Goldgräberstimmung auf der einen Seite, die Angst vor einer
geöffneten Büchse der Pandora auf der anderen: Welchen Weg Crispr-Cas nimmt,
wird sich erst in Jahren zeigen. Selten jedenfalls sei so rasch eines klar
gewesen, sagt Stefan Endres, Forschungsdekan der Medizinischen Fakultät der
Universität München: „Das hat so grundsätzliche Bedeutung, dafür gibt es auf
jeden Fall den Nobelpreis.“
1 Kommentar
Großartige Chancen, immense Risiken, erstaunlich dumme Menschheit
von Linus am 12.03.2017 um 13:43 Uhr
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