Serie: Mittelstand im Pharmaland – Weleda

Im Einklang mit Natur, Mensch – und Wirtschaftlichkeit

Berlin - 26.08.2016, 08:00 Uhr

Der Geschäftsführer des Naturkosmetikherstellers Weleda, Ralph Heinrichs, im Heilkräutergarten des Unternehmens. (Foto: Daniel Maurer / dpa )

Der Geschäftsführer des Naturkosmetikherstellers Weleda, Ralph Heinrichs, im Heilkräutergarten des Unternehmens. (Foto: Daniel Maurer / dpa )


WELEDA – In 2011 ging bei Weleda vieles schief, beinah die gesamte Geschäftsführung wurde ausgetauscht. Jetzt fühlt sich der Hersteller von Naturkosmetika und anthroposophischen Arzneimitteln wieder fit für neue Herausforderungen. Deutschland bleibt wichtiger Markt, doch nun will man Kunden in Brasilien und den USA erreichen.

Nachhaltiges Handeln und profitables Wirtschaften sind keine Gegensätze. Bilanzielle Kriterien wie Umsatz und Gewinn gelten auch für ein Traditionsunternehmen wie Weleda, das sich dem Credo „im Einklang mit Mensch und Natur“ verschrieben hat.

2011 hatte der 1921 von dem Anthroposophen Rudolf Steiner gegründete Naturkosmetikhersteller und Spezialist für anthroposophische Arzneimittel einen herben Verlust von 8,3 Millionen Euro in seiner Bilanz stehen. Die Ursache dafür war der Versuch, mithilfe von Krediten mehr Wachstum zu generieren. Das ging schief, nüchterne und harte Entscheidungen wurden fällig: So wurde fast die komplette Geschäftsführung ausgetauscht. Die verordnete dem Unternehmen eine Sparkur und machte sich daran, in vier Jahren Schulden von mehr als 100 Millionen Euro abzubauen.

Heute kann die Firma mit Hauptsitz im Schweizerischen Arlesheim behaupten, dass die Heilung vollbracht ist. Nach Abzug der Verbindlichkeiten hat Weleda wieder ein solides Guthaben auf dem Firmenkonto. Bei einem Umsatz von 389,5 Millionen Euro buchte das Unternehmen im vergangenen Jahr ein Betriebsergebnis (Ebit) von 32,9 Millionen Euro. Das Gros der Erlöse fiel dabei auf das Geschäftsfeld Naturkosmetik mit 275 Millionen Euro, während die Sparte Arzneimittel 114,5 Millionen Euro beisteuerte.

Das Firmengebäude der Weleda in Schwäbisch Gmünd. (Foto: Weleda)

Diese Zahlen machen das Management zuversichtlich, nun eine Phase der Expansion einleiten zu können. „Unsere Kriegskasse ist gefüllt“, sagte Vorstandschef Ralph Heinisch kürzlich in Schwäbisch Gmünd mit einer für ein nachhaltig orientiertes Unternehmen ungewöhnlichen Wortwahl. „Wir können jetzt große Aufgaben angehen.“

Als eines der Ziele für die kommenden Jahre hat der Vorstand die Internationalisierung definiert. Während Deutschland unverändert eine tragende Säule im Konzept von Weleda sei, sollen nun auch Geschäftspotenziale zum Beispiel in Brasilien und den USA gehoben werden. Dazu seien „neue Ansätze“ und „erhebliche Investitionen“ nötig. Nach Angaben des Unternehmens sei die Markenstrategie für die weitere Marktentwicklung fertig, Änderungen würden bereits im kommenden Jahr sichtbar werden.

Anthroposophische Medizin für „relevante“ Länder

Auch im Bereich Pharma will sich Weleda mit seinen weltweit 2021 Beschäftigten – davon 754 in der Niederlassung in Schwäbisch Gmünd – neu aufstellen. Künftig werde die Erschließung der „wirtschaftlich relevanten Arzneimittelmärkte“ mit einem kleinen internationalen Sortiment im Vordergrund stehen. Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der Sparte zu stärken und die Existenz des Unternehmens damit langfristig zu sichern. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen die Voraussetzungen für den Marktzugang in allen wichtigen Ländern geschaffen werden. Im Fokus stehe außerdem die anthroposophische Medizin. Weleda werde in diesem Bereich forschen und „bedarfsgerechte Arzneimittelsortimente“ sowie „effiziente Versorgungsstrukturen“ einführen. Insbesondere in Südamerika und Frankreich würden immer mehr Ärzte komplementär-medizinische Produkte verschreiben.

Parallel sind Investitionen in neue Produkte geplant. Insbesondere in der Naturkosmetik komme das Wachstum zu mehr als 80 Prozent von neuen Produkten. Die Geschäftsleitung soll deshalb im laufenden Jahr um ein für Forschung und Entwicklung zuständiges Mitglied erweitert werden. Sämtliche Bereiche, die mit Neuentwicklungen zu tun haben, würden dann dort gebündelt, so Weleda.  

Der Anthroposophie verpflichtet 

Das Thema Nachhaltigkeit soll dabei trotz aller kühlen Managementrhetorik weiterhin eine tragende Rolle spielen. Immerhin sieht sich das Unternehmen hier nach eigenen Angaben als „Pionier und Leuchtturm“. Diesen Spitzenplatz werde man ausbauen.

Die Wurzeln dieses Denkens und Tuns gehen auf den Unternehmensgründer, Philosophen, Naturwissenschaftler und Goethe-Forscher Rudolf Steiner zurück. Der setzte sich auch mit der wissenschaftlichen Erforschung des Geistigen auseinander, der Anthroposophie. Auf Steiners Anregungen hin entstanden unter anderem die Waldorfschulen und -kindergärten, die anthroposophische Medizin, natürliche Körperpflegeprodukte und der biologisch-dynamische Landbau.

Diese Einflüsse, so kommuniziert das Unternehmen, spüre man auch heute noch bei Weleda. Ob bei der Herstellung von Arzneimitteln und Naturkosmetika, beim Umgang mit Partnern, Lieferanten und Mitarbeitern: „Wir haben den Anspruch Mensch, Gesellschaft und Natur ganzheitlich zu betrachten. Ganzheitlich, das bedeutet für uns umfassend, also mit allen Aspekten, die einen Einfluss auf uns und die Natur haben können.“

Erhalt der Biodiversität

Konkret fokussiert sich Weledas Nachhaltigkeitsstrategie auf sieben Handlungsfelder. Ein grosses Anliegen sei dabei die Stärkung des fairen Handels und der Erhalt der Biodiversität bei der Rohstoffbeschaffung. So erhielt das Unternehmen im April 2016 für das Projekt „Ethische Beschaffung natürlicher Rohstoffe“ den Preis des Swiss Excellence Forum. Im Juni ist Weleda zudem bereits zum fünften Mal für seine familienfreundliche Personalpolitik ausgezeichnet worden.

Mittlerweile hat das Unternehmen sein Nachhaltigkeitskonzept auch auf die Themen Kultur und Leadership erweitert. Dieses Konzept solle künftig auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgerichtet werden.

Kein Wunder, dass bei Weleda auch das Logo unter diesen Aspekten zu sehen ist. In seiner ursprünglichen Form entstand es in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre in einer Handzeichnung Rudolf Steiners: Um den Äskulapstab windet sich eine Schlange, Sinnbild von Verjüngung und Heilkunst. Eine gebende und eine nehmende Geste legen sich um den Stab, und bringen dadurch den medizinischen und sozialen Impuls von Weleda zum Ausdruck. Mittlerweile ist das Logo mit vier sich überschneidenden Kreisen umgeben. Sie stehen nach den Worten von Chief Commercial Officer Andreas Sommer für vier wesentliche Aspekte, die den Menschen ausmachen: Körper, Geist, Seele und Bewusstsein. 



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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