Regeln für Heilpraktiker

Verbote wären ein „unheimlicher Eingriff“

Stuttgart - 26.08.2016, 15:45 Uhr

Waren die Gesetze zu lax? Drei Patienten eines „Biologischen Krebszentrums“ in Brüggen-Bracht verstarben kurz nach der alternativmedizinischen Behandlung. (Foto: dpa / picture alliance)

Waren die Gesetze zu lax? Drei Patienten eines „Biologischen Krebszentrums“ in Brüggen-Bracht verstarben kurz nach der alternativmedizinischen Behandlung. (Foto: dpa / picture alliance)


Wie soll der Staat nicht-wissenschaftliche Ausbildungen regeln?

Die Vizepräsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker, Ursula Hilpert-Mühlig, bedauert gegenüber DAZ.online die pauschalen Verdächtigungen gegen Heilpraktiker. „Dass damit der gesamte Berufsstand mal wieder in den Blickpunkt geraten ist, ist mir klar“, sagt sie. Als Verband versuchten sie alles, derartiges zu verhindern. „Wir haben aber keine Möglichkeiten wie eine Ärztekammer“, sagt sie.

Gegen Fälle wie in Brüggen-Bracht gäbe es keine Patentrezept – das könne auch keine „supergeregelte Ausbildung“ verhindern. Hilpert-Mühlig spricht sich dafür aus, dass ein gewisses Fortbildungs-Kontingent vorgeschrieben wird, doch der Staat könne nicht die Ausbildung regeln. „Die Verfahren, die von Heilpraktikern ausgeübt werden, sind ja nicht-wissenschaftlich“, sagt sie. Woraus solle dann das Curriculum bestehen? „Diese Frage kann der Staat nicht beantworten“, erklärt die Heilpraktikerin. Beim Schröpfen oder der Anwendung von Blutegeln sei vieles Erfahrungsmedizin. „Da kann der Staat schlecht sagen, du musst so und soviel Stunden auf diese Art und Weise Blutegel setzen – er hat dafür ja keine wissenschaftlichen Grundlagen.“

Sind nur die Inhalte problematisch?

Aus ihrer Sicht wäre es ein „unheimlicher Eingriff“, wenn Heilpraktikern beispielsweise Infusionen verboten würden. „Kann man einem Berufsstand eine Therapieform verbieten, nur weil in einem Einzelfall womöglich nicht lege artis gearbeitet wurde?“, frägt sie. „Chemische“ Substanzen wie 3-Bromopyruvat, die am Menschen noch überhaupt nicht erprobt sind, sollten zu Therapiezwecken nicht in der Praxis angewendet werden – weder von Heilpraktikern noch Ärzten, erklärt Hilpert-Mühlig. „Er kann die Infusionen völlig richtig gemacht haben – das Problem ist dann der Inhalt dieser Infusion“, sagt sie. „Ich persönlich bin der Ansicht, dass die Verabreichung solcher nicht als Arzneimittel zugelassener Substanzen geregelt werden sollte.“

Grundlegenden Änderungsbedarf sieht die Vizepräsidentin des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker nicht. „Heilpraktiker sind sehr vorsichtig, auch weil sie den Eindruck haben, nicht so gut abgesichert zu sein wie andere“, sagt Hilpert-Mühlig. Es könne sinnvoll sein, den Gegenstandskatalog der Heilpraktikerprüfung entsprechend einer verbessernden Gefahrenabwehr zu erweitern, doch solle die Therapiefreiheit erhalten bleiben. „Ich schätze diesen sehr freien demokratischen Staat, der es Heilberufen auch ermöglicht, Erfahrungen zu sammeln und im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht Therapieentscheidungen zu treffen“, erklärt sie.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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