Anträge zum DAT 2016

Das werden die Highlights des Apothekertags

Berlin - 01.09.2016, 15:15 Uhr

Sorgenkinder ruhig gestellt? Die kritischsten ABDA-Mitglieder stellen beim diesjährigen DAT in München keine Anträge. (Foto: Schelbert)

Sorgenkinder ruhig gestellt? Die kritischsten ABDA-Mitglieder stellen beim diesjährigen DAT in München keine Anträge. (Foto: Schelbert)


Die ABDA-Datenbank in einer Handy-App, mehr Geld für pharmazeutische Dienstleistungen, die ABDA auf gesundheitspolitischen Kongressen und die Öffentlichkeitsarbeit der Standesvertretung – das könnten einige der berufspolitischen Highlights auf dem diesjährigen Deutschen Apothekertag werden. DAZ.online erklärt die spannendsten Anträge zum DAT in München.

Die Hauptversammlung der Apotheker trifft sich einmal jährlich auf dem Deutschen Apothekertag (DAT). Jede Kammer und jeder Verband benennt vor dem DAT mehrere Delegierte, die über die eingereichten Anträge der ABDA-Mitgliedsorganisationen abstimmen dürfen. Die Aufgabe der Hauptversammlung ist die berufspolitische Willensbildung innerhalb der Apothekerschaft. Mit dem Beschluss von Anträgen sollen die grundsätzlichen Ziele der Lobby-Arbeit der ABDA festgelegt werden. Daher sind auch alle Beschlüsse für das Handeln der ABDA verpflichtend.

In den vergangenen Tagen hat die ABDA das Antragsbuch an ihre Mitgliedsorganisationen verschickt. Das Buch enthält alle von den Verbänden und Kammern eingereichten Anträge, die von der ABDA zur Abstimmung zugelassen wurden. Auch der geschäftsführende Vorstand der ABDA selbst kann Anträge erstellen und einreichen. Die Anträge sind dabei in mehrere thematisch sortierte Kapitel unterteilt.

Neben den gesundheitspolitischen Reden (unter anderem von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe) könnten das die Highlights der mehrtägigen Antragsberatung werden:

Im Kapitel „pharmazeutische Kompetenz“ geht es in erster Linie um das von der Hauptversammlung schon beschlossene Leitbild „Apotheke 2030“. Der ABDA-Vorstand und die Landesapothekerkammer (LAK) Hessen fordern die Bundesregierung beispielsweise auf, die Kompetenzen der Pharmazeuten zu nutzen und dafür zu sorgen, dass Apotheker und Ärzte beim Medikationsplan gleichberechtigte Partner werden. Mehrere ähnliche Anträge beschäftigen sich ebenfalls mit dem Medikationsplan und der damit verbundenen Honorierung für Apotheker.

Der Medikationsplan dürfte somit also eines des größten Gesprächsthemen werden. Derzeit ist im E-Health-Gesetz vorgesehen, dass Apotheker auf Patientenwunsch die vom Arzt erstellten Pläne ergänzen dürfen – und dafür kein Geld abrechnen können.

Weg mit allen Ausschreibungen!

Mehrere Apothekerkammern fordern zudem eine Evaluation und Verbesserung der Inhalte des Pharmaziestudiums. Die Bundesapothekerkammer solle sich gemeinsam mit der Hochschulprofessorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz auf eine Arbeitsgruppe einigen, die dann die Studieninhalte optimieren soll. Ziel soll es sein, eine gleichermaßen gute Ausbildung im gesamten Bundesgebiet zu haben.

Ebenso ist es mehreren Kammern ein Bedürfnis, die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Apothekern und anderen Heilberuflern zu verbessern. Auch dazu soll es laut Antrag eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe geben, die aus Vertretern der Hochschulprofessoren von Medizin und Pharmazie, der Bundesärztekammer und der Bundesapothekerkammer sowie der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) und des BPhD bestehen könnte. Die Kammern sprechen damit ein wichtiges Thema an. Denn insbesondere die die Zusammenarbeit mit den Medizinern ist verbesserungsbedürftig: Während sich Ärzte und Apotheker in anderen europäischen Ländern wie selbstverständlich über die Medikation ihrer Patienten austauschen, gibt es in Deutschland ein Kompetenzgerangel derer Lobby-Verbände. Einzige Ausnahme: das in Thüringen und Sachsen gestartete Arzneimittel-Beratungsprojekt ARMIN.

Hessen fordert die Abschaffung aller Rabattverträge

Im Kapitel „Sicherstellung der Versorgung“ geht es dem ABDA-Vorstand zunächst darum, die Arzneimittelversorgung zu sichern und den Apothekern Planungssicherheit zu verschaffen. Darunter aufgeführt sind die Kernforderungen der ABDA: Aufrechterhaltung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes und der Arzneimittelpreisverordnung, regelmäßige Überprüfungen des Apothekenhonorars sowie eine engere Einbindung der Pharmazeuten in alle AMTS-Maßnahmen.

Auf große Zustimmung dürfte ein Vorstoß des Hessischen Apothekerverbandes stoßen. In dem Antrag wird die komplette Abschaffung aller Ausschreibungen in der ambulanten Arzneimittelversorgung gefordert. Grund für diese Forderung seien unter anderem die Aufrechterhaltung der freien Apotheken- und Arztwahl, die Verhinderung einer „Atomisierung“ der Versorgung sowie die Vermeidung von Oligopolisierungen im Markt. Selbst wenn die Hauptversammlung diesen Antrag beschließt, dürfte er in der Politik nicht realistisch umzusetzen sein. Denn der Gesetzgeber und die Bundesregierung haben sich in den vergangenen Jahren mehrfach zum Rabattvertrags-System bekannt.

Handy-App für die ABDA-Datenbank

Beim diesjährigen DAT darf natürlich nicht die aktuelle Diskussion um die neuen Zyto-Ausschreibungen mehrerer Krankenkassen fehlen. Die LAK Berlin fordert, die ambulante Versorgung mit patientenindividuellen Zytostatikazubereitungen heilberuflich zu gestalten und die Leistungen entsprechend zu vergüten. Industrielle Strukturen in der Versorgung onkologischer Patienten lehne man ab.

Für Verärgerung bei den Apothekern hatte in den vergangenen Wochen die Entscheidung der Firma Medisana gesorgt, die eines ihrer Blutzuckermessgeräte über den Discounter Aldi vertreibt. Der Apothekerverband Nordrhein will, dass Blutzuckermessgeräte nicht mehr nur ausschließlich über den Direktvertrieb verkauft werden.

Ein großes Thema auf dem diesjährigen DAT werden mit Sicherheit Verträge zwischen Kassen und Apothekern über pharmazeutische Dienstleistungen werden. DAZ.online hatte in der Vergangenheit darüber berichtet, dass mehrere Aufsichtsbehörden solche Verträge anzweifeln. Betroffen war beispielsweise eine Schwangerenberatung in bayerischen Apotheken, die der dortige Apothekerverband gemeinsam mit der AOK vereinbart hatte. Die Behörden sind teilweise der Meinung, dass es für solche Leistungen und deren Vergütung keine ausreichende gesetzliche Grundlage gebe. In drei Anträgen wird der Gesetzgeber daher von verschiedenen Apothekerverbänden aufgefordert, diese Grundlage im Gesetz zu verankern.

Ein spannender Vorstoß kommt von der Apothekerkammer Hamburg. Die Kammer von Präsident Kai-Peter Siemsen fordert im Kapitel „Grundlagen der Berufsausübung“, dass es für die ABDA-Datenbank künftig eine Handy-App geben soll. Bei Visiten im Krankenhaus oder im Pflegeheim müssten die Pharmazeuten Zugriff auf die Datenbank haben, so die Begründung. Die Kammer Hamburg fordert auch, dass die ABDA-Datenbank verbessert wird. Sie gelte insbesondere bei Kliniken als ungenau und unvollständig. Die ABDA-Datenbank sollte daher auch Informationen externer Anbieter zur Verfügung stellen, um zur „verlässlichsten Anwendung im deutschsprachigen Raum“ zu werden.

PR-Arbeit der ABDA im Fokus

Auch das Kapitel „berufsständische Organisation“ beinhaltet einige Leckerbissen. Die Kammer Westfalen-Lippe beispielsweise will die PR- und Öffentlichkeitsarbeit der ABDA dahingehend verbessern, dass wieder mehr pharmazeutische Themen in den Medien platziert werden. Die Apotheker träten in der öffentlichen Wahrnehmung in erster Linie durch Honorarforderungen in den Vordergrund. Außerdem gebe es zu viele „Negativthemen“ wie das Apothekensterben, Retaxationen oder dem Nachwuchsmangel. Die Kammer schlägt vor, den „pharmakotherapeutischen Nutzen der Apotheke und der Apotheker/-innen für die Gesellschaft in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit stärker hervorzuheben“. Das Vertrauen in die Apotheker sei zwar groß, ein Großteil der Bevölkerung wisse aber beispielsweise nichts über eventuelle Dienstleistungsangebote von Apotheken.

Auch die Apothekerkammer Hamburg beschwert sich zumindest indirekt über die PR-Arbeit der ABDA. Die Hamburger möchten, dass sich die ABDA häufiger auf Veranstaltungen im Gesundheitswesen blicken lässt. „Die ABDA sollte bei Kongressen und Versammlungen wie z. B. dem Hauptstadtkongress, der Jahrestagung des Aktionsbündnisses Patientensicherheit, Pflegekongressen etc. die Apotheker repräsentieren. Erforderlich ist die regelmäßige, deutlich wahrnehmbare Präsenz“, heißt es in dem Antrag.

Aus Thüringen kommt ein Vorstoß zur DAT-Antragsbearbeitung selbst. Die dortige Kammer  möchte mehr Transparenz in die Bearbeitung der beschlossenen DAT-Anträge bringen. Bislang nimmt die ABDA alle Beschlüsse einfach nur entgegen und berichtet ein Jahr später darüber, was sich in den einzelnen Angelegenheiten getan hat. Die Kammer Thüringen stellt sich das folgende Verfahren vor: „Mittelfristig, das heißt innerhalb von 3 Jahren, sind alle DAT-Anträge in einer Datenbank mit ihrem Bearbeitungsstand und der Stellungnahme des Antragstellers im internen Bereich der ABDA-Internetseiten transparent darzustellen. Damit werden wichtige demokratische Prinzipen der ABDA gefestigt.“

Beim Durchblättern des Antragsbuches fällt auf, dass einige sonst sehr aktive Mitgliedsorganisationen beim diesjährigen DAT eher zurückhaltend agieren wollen. Die Kammer Nordrhein mit Präsident Lutz Engelen beispielsweise stellt keinen einzigen Antrag.

Komplett draußen ist auch Brandenburg. Die Kammer von Präsident Jens Dobbert hatte im Frühjahr für Aufsehen gesorgt, weil sie ihre ABDA-Beiträge aus Unzufriedenheit schlichtweg gekürzt hatte. Außerdem fällt auf, dass auch einige Themen, die noch vor wenigen Wochen sehr kritisch diskutiert wurden, in den DAT-Anträgen keine Rolle mehr spielen. Der von der ABDA-PR-Abteilung geplante Newsroom spielt beispielsweise keine Rolle mehr, auch die erneuten Steigerungen bei den Mitgliedsbeiträgen oder die Personalaufstockungen bei der ABDA werden beim DAT voraussichtlich keine Rolle spielen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Anträge zum Brüsselurteil?

von Heiko Barz am 02.09.2016 um 18:41 Uhr

Die wichtigste Diskussion zum Apo-Tag ist, wie gehen wir mit dem zu erwartenden Urteil aus Luxemburg um? wird bis hier und heute überhaupt nicht mehr berührt.
Es hat schon wieder Methode.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Na, da wollen wir 'mal sehen ......

von Gunnar Müller, Detmold am 02.09.2016 um 18:04 Uhr

..... ob Sie mit Ihrer Einschätzung richtig liegen .......

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.