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Wahlen in der Hauptstadt
Wen sollten Apotheker in Berlin wählen?
Was halten die Grünen von...
…der derzeitigen Versorgungslage in Berlin?
Grüne: Vereinzelte Lieferengpässe sind ein ernstzunehmendes Problem, das entschlossen angegangen werden muss. Trotzdem beurteilen wir die Gesamtsituation recht positiv: Die Versorgung durch die öffentlichen Apotheken funktioniert gut, zumindest innerhalb des S-Bahn-Rings – auch und gerade die Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch Notdienste.
Bei der Versorgung von Geflüchteten gab es große Probleme. Zwar wurden diese inzwischen behoben, aber hier muss auch für die Zukunft Vorsorge getroffen werden. Es darf nicht sein, dass teilweise sogar lebensnotwendige Arzneimittel aus bürokratischen Gründen verwehrt bleiben.
Wir setzen uns für eine umfassende und verlässliche Arzneimittel-Versorgung aller in Berlin lebenden Menschen ein.
…der Berliner Apothekenzahl und Apothekendichte?
Grüne: Eine flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Apotheken ist uns ein wichtiges Anliegen. Die Qualität der Versorgung ist allerdings nicht ausschließlich anhand der Menge der Apotheken bezogen auf die Bevölkerungszahl zu beurteilen. In dicht besiedelten Gebieten kann eine Apotheke mehr Menschen versorgen als in dünn besiedelten Landstrichen.
Berlin liegt mit ca. 25 Apotheken je 100.000 EinwohnerInnen in etwa im Bundesdurchschnitt. Allerdings sagt dieses wenig über die Situation in den einzelnen Wohnquartieren aus. Im Innenstadtbereich ist die Versorgung – auch mit Notdiensten – offensichtlich bedarfsdeckend. So gibt es manche Straßenzüge, in denen sich Apotheke an Apotheke reiht. Ob dies für eine gute Arzneimittelversorgung nötig ist, darüber lässt sich sicherlich diskutieren. Es ist zu hoffen, dass das große Angebot zu einem Wettbewerb um die besten Beratungsleistungen führt. In einzelnen Außenbezirken gibt es aber durchaus Lücken bei der Versorgung. Wir werden mit dem Berliner Apothekerverein in Gespräche gehen, um das zu ändern.
…der Niederlassungsfreiheit für Apotheker?
Grüne: Für uns steht im Vordergrund, dass die Patientinnen und Patienten in Apotheken gute Beratungsleistungen erhalten. Wenn so ein Wettbewerb um den besten Service entsteht, halten wir ein gesundes Maß an Konkurrenz durchaus für sinnvoll. Allerdings kann ein großes Angebot auch zu einer erhöhten und gesundheitlich nicht unbedingt notwendigen Nachfrage (insbesondere im OTC-Bereich) führen. Das ist riskant und nicht im Sinne der PatientInnen.
…dem anhaltenden Trend zur Filialisierung und dem Schutz von kleineren Apotheken?
Grüne: Wir beobachten aufmerksam die strukturellen Veränderungen in der Apotheken-Landschaft. Mit der Preisbindung ist ein wesentlicher Schutzmechanismus für kleine Apotheken bereits vorhanden. Umsatzstarke Apotheken mit mehreren Filialen können nicht mit „Kampfpreisen“ die kleinen Apotheken in Bedrängnis bringen.
Sollte es trotzdem zu einer Unterversorgung in bestimmten Stadtquartieren kommen, müssten Maßnahmen zur Stärkung der betreffenden Standorte geprüft werden. Denn wir wollen eine Stadt der kurzen Wege, gerade für alte und kranke Menschen, aber auch für Familien.
…der stockenden Einführung des eRezeptes?
Grüne: Es sind kaum sensiblere Daten als die über die Einnahme von Medikamenten denkbar. Äußerst kritisch ist zudem die korrekte Übermittlung von Wirkstoffen und Dosen. Jedes System zur elektronischen Abwicklung von Medikamentenverschreibungen muss also höchste Standards in punkto Datenschutz und Datensicherheit erfüllen.
Die bundesweite Einführung eines einheitlichen Systems, das diese Kriterien erfüllt, ist langfristig wünschenswert und wahrscheinlich. Ein wichtiger Aspekt bei der Systemumstellung sind die Kosten. Im laufenden Betrieb wird ein elektronisches System umsatzstarken Apotheken Kostenvorteile bringen. Allerdings ist mit hohen Anschaffungs- und Wartungskosten zu rechnen. Wir wollen verhindern, dass sich hierdurch die Wettbewerbssituation der kleinen „Kiez-Apotheken“ weiter verschlechtert.
…mehr Kompetenzen für Apotheker im Präventionsbereich?
Grüne: Eine gute, flächendeckende Gesundheitsberatung ist uns ein wichtiges Anliegen – gerade im Ernährungsbereich. Diese dient der Prävention und kann beispielsweise helfen, Diabetes einzudämmen. Prävention, Diagnose und Therapie müssen Hand in Hand gehen und durch qualifiziertes Personal erfolgen. Die Apothekerinnen und Apotheker spielen dabei schon heute eine zentrale Rolle. Mit ihrer fachlichen Kompetenz können sie in Zukunft eine noch stärkere Lotsenfunktion im Gesundheitssystem übernehmen.
Der Bundesgesetzgeber macht hierzu die entscheidenden Vorgaben. Unsere Bundestagsfraktion plädiert für ein modernes Gesundheitsförderungsgesetz, das für alle Bevölkerungsschichten den Zugang zu Gesundheitsberatung und Gesundheitsförderung gewährleisten soll. Wir werden in diesem Zusammenhang auch diskutieren, ob und wie die pharmazeutische Beratung als eigenständige Leistung vergütet werden kann.
…mehr Kompetenzen für Apotheker, um Ärzte zu entlasten?
Grüne: Unser vorrangiges Ziel ist, die medizinische Versorgung durch Hausärzte und Fachärzte flächendeckend zu gewährleisten und die Überlastung der Arztpraxen zu reduzieren. Die Apotheken übernehmen bei der Gesundheitsversorgung eine wichtige Rolle, indem sie die Patientinnen und Patienten umfassend beraten. Ihnen steht im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei, zusätzliche Services anzubieten. Diese Dienstleistungen können sich die Apotheken von den Kundinnen und Kunden vergüten lassen.
Sollte sich gesetzlicher Regelungsbedarf ergeben, so ist hier der Bundesgesetzgeber gefragt.
…neuen Abgabeformen wie einem Video-Automaten (Beispiel: Hüffenhardt)?
Grüne: Das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg ist in diesem konkreten Fall bekanntlich zu einer negativen Einschätzung gelangt. Der bündnisgrüne Minister Lucha hat die Aufstellung des Video-Abgabeautomaten abgelehnt.
Auch in Berlin sehen wir derartige Automaten skeptisch und stimmen der Aussage des Ministeriums voll zu: „Gerade im direkten Patientenkontakt werden manche Fragen, beispielsweise zu Gegenanzeigen oder Neben- und Wechselwirkungen erst aufgeworfen. Viele moderne Arzneimittel sind zudem erklärungsbedürftig. Auch der Aspekt des persönlichen Gesprächs sollte nicht vernachlässigt werden – eine Funktion, die ein automatisches System nicht ersetzen kann.“ Angesichts der ganz überwiegend dichten Besiedlung in Berlin dürfte das Potenzial für derartige Video-Abgabeautomaten ohnehin gering sein.
…einer verstärkten Versorgung durch Versandapotheken?
Grüne: Aus unserer Sicht haben Versandapotheken in Berlin keine besonders große Relevanz, da es kaum „ländliche Räume“ gibt, in denen eine flächendeckende Versorgung durch normale Apotheken nicht gewährleistet ist. In Verbindung mit einem leistungsfähigen öffentlichen Nahverkehr kann die überwiegende Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner die klassischen Apotheken mit ihrem persönlichen Beratungsangebot nutzen. Versandapotheken bieten allerdings beispielsweise für mobilitätseingeschränkte Menschen einen Servicevorteil.
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