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Urteil zu Verkehrssicherungspflichten
Kundin stürzt in Apotheke - kein Schadenersatz
Im Winter kann der Fußboden in der Offizin schon mal rutschig sein. Was muss die Apotheke tun, um Kunden vor einem Sturz zu bewahren? Das Amtsgericht München hat nun klargestellt: Eine Apotheke treffen jedenfalls geringere Verkehrssicherungspflichten als beispielsweise Kaufhäuser, in denen mehr Publikumsverkehr herrscht.
Wer ein Geschäft betreibt, setzt damit in gewisser Weise auch eine Gefahrenquelle für seine Kunden. Wenn im Supermarkt ein Joghurt runterfällt, besteht das Risiko, dass ein Kunde, der gezielt einen bestimmten Frischkäse im Kühlregal sucht, das Malheur übersieht und ausrutscht. Die Geschäfte müssen daher Personal haben, das ein waches Auge hat und die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen trifft, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Allerdings: Selbst in Kaufhäusern und Supermärkten kann nicht jeder potenziellen Gefahr vorgebeugt werden. Haften müssen die Ladenbesitzer erst dann, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter – etwa die Gesundheit – anderer verletzt werden.
Doch wie weit gehen diese sogenannten Verkehrssicherungspflichten in einer Apotheke? Mit dieser Frage musste sich unlängst das Amtsgericht München auseinandersetzen. Was war geschehen?
Eine Kundin – die Klägerin – hatte 2015 an einem winterlichen Februar-Tag eine Apotheke betreten. In deren Eingangsbereich befanden sich zwei Fußmatten mit einer Lauflänge von jeweils circa 1,40 m. Eine davon war etwas gröber und lag vor der Eingangstür. Die andere war etwas feiner und befand sich im Innenbereich. Vor den HV-Tischen lagen keine Fußmatten. Auch Warnschilder hinsichtlich einer etwaigen Rutschgefahr waren nicht aufgestellt. Doch eine Reinigungskraft reinigte zu diesem Zeitpunkt den Boden.
Die Klägerin begab sich zur Beratung an einen HV-Tisch. Als sie für einen Blick auf den Computer um die Theke herumgehen wollte, fiel sie hin, stürzte auf ihren rechten Arm und verletzte sich am Ellenbogen. Zudem wurde eine Fraktur mit Gelenkbeteiligung festgestellt. Die Klägerin musste operiert werden und war dann sechs Wochen arbeitsunfähig.
Die Klägerin behauptet, dass sie wegen des feuchten Fußbodens ausgerutscht sei und verlangte von dem Apotheker Schadenersatz, unter anderem, weil sie ihren Haushalt nicht allein führen konnte. Zudem beanspruchte sie ein Schmerzensgeld von mindestens 1500 Euro. Bei der Berechnung räumte sie ein, dass sie für den Unfall zur Hälfte selbst die Schuld trage.
Kein ablenkendes und sturzgefährdendes Sortiment in der Apotheke
Doch die Klage scheiterte vor dem Amtsgericht. Das Gericht verneinte einen Schadensersatzanspruch, weil der Apotheker keine (vor-) vertragliche Schutzpflicht verletzt habe. Zwar treffe den Beklagten eine Schutzpflicht für seine Kunden, die das Gebot umfasst, Körper, Leben, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des anderen Teils nicht zu verletzen.
Bei der Bestimmung der an diese Verkehrssicherungspflicht zu stellenden Anforderungen sei aber zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorgebeugt werden könne. „Es sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind“, heißt es im Urteil.
Eine Apotheke, so das Gericht weiter, treffen geringere Verkehrssicherungspflichten als zum Beispiel Kaufhäuser oder sonstige Einrichtungen mit großem Publikumsverkehr. Denn in Apotheken herrsche regelmäßig kein Publikumsandrang, der die Einsehbarkeit des Bodenbereichs für Kunden signifikant einschränke. Zudem gingen von den Auslagen einer Apotheke keine besonderen Ablenkungswirkungen aus. Und: Das Warensortiment einer Apotheke rufe regelmäßig keine erhebliche Sturzgefahr für Kunden hervor.
Eine gewisse Feuchtigkeit ist im Winter hinzunehmen
Letztlich stellt das Gericht fest, dass Besucher eines Geschäfts im Winter eine gewisse Feuchtigkeit des Fußbodens hinnehmen müssen. Eine Feuchtigkeit des Fußbodens lasse sich nämlich in einem solchen Falle auch durch häufiges Aufwischen niemals ganz beseitigen. Bevor er trocken werden kann, haben bereits die nächsten Kunden Feuchtigkeit hineingetragen. „Deshalb kann lediglich ein Aufwischen in angemessenen Zeiträumen gefordert werden“. Dass dies geschah, daran zweifelten die Richter nicht.
Dass es keine Fußmatten vor dem HV-Tisch gab, sieht das Gericht auch nicht als Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Denn dort bestehe gerade keine erhöhte Ausrutschgefahr.
Unschädlich sei es auch gewesen, dass der Apotheker kein Warnschild aufgestellt hatte. Mit einer Rutschgefahr beim Betreten eines Geschäfts müsse im Winter immer gerechnet werden. Der Besucher sei hier zu erhöhter Vorsicht verpflichtet. Überdies: Die Anwesenheit der Reinigungskraft habe einen ähnlich warnenden Effekt wie das Aufstellen eines Hinweisschildes gehabt.
Und so ging der Rechtsstreit für die Apotheke glimpflich aus. Das Urteil ist bereits rechtskräftig,
Amtsgericht München, Urteil vom 24.Juni 2016,
Az.: 274 C 17475/15 - rechtskräftig
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