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Wer Himalaya-Salz anbietet, das nicht wirklich aus dem Himalaya stammt, führt Kunden in die Irre. Ein Hamburger Anwalt hatte sich zur Aufgabe gemacht, die Online-Shops von Apotheken nach Himalaya-Salz-Produkten zu durchsuchen – und eine Abmahnwelle loszutreten. Doch einige Apotheker wehren sich. Sie halten dem Anwalt Rechtsmissbrauch vor.
Werbung für und der Vertrieb von Produkten, die mit „Himalaya-Salz“ gekennzeichnet sind, aber nicht tatsächlich aus dem Himalaya-Massiv stammen, ist irreführend. Da es im Himalaya keine Salzminen gibt, verstoßen solche Angaben gegen den lauteren Wettbewerb – so haben zumindest verschiedene Gerichte entschieden – zuletzt auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 31. März 2016, Az.: I ZR 86/13). Das Salz aus dieser Region wird nämlich im Tagebau im Salt Range oder auch Salzgebirge gewonnen, das etwa 200 Kilometer vom Himalaya entfernt ist.
Gleichwohl gab es in früheren Fällen auch Gerichte (z. B. LG Braunschweig, Urteil vom 14. April 2010, Az. 22 O 2599/09), die in diesen Angaben keine Irreführung der Verbraucher gesehen haben. Einem durchschnittlich interessierten Verbraucher sei durchaus bewusst, dass der Himalaya nicht allein aus abgelegenen Höhenregionen besteht, sondern auch weitere Regionen umfasst, und es fernliegend sei, dass ein Verbraucher davon ausgehe, dass Salz – das bergwerksmäßig gefördert wird – in Hochregionen abgebaut werden soll.
Woher kommt das Himalaya-Salz?
Mittlerweile haben wohl die meisten Anbieter von Himalaya-Salz reagiert, sie fügen dem Namen „Himalaya-Salz“ noch eine genauere Ursprungsangabe hinzu, wie etwa „aus Pakistan“ oder „Kristallsalz aus Punjab“.
Noch vor zwei Jahren fanden sich allerdings einige der Himalaya-Salz-Produkte ohne weitere Zusatzangaben zum Herkunftsgebiet im Handel und damit auch in den Online-Shops von Apotheken. Da die Angebote, wie sie in Apotheken-Web-Shops zu finden sind, meist entsprechend der in der Lauer-Taxe geführten Angaben automatisch aktualisiert werden, rutschen die Angaben dazu – meist unbemerkt von den Apotheken – in das Online-Sortimentsangebot. Für einen Anwalt ein gefundenes Fressen für Serienabmahnungen. Nichts einfacher als die Webshops von Apotheken durchforsten, das Stichwort Himalaya-Salz eingeben und – Treffer.
Die Abmahnwelle
Ein Hamburger Anwalt, Sohn einer Apothekerin, mahnte Ende 2014 im Namen seiner Mutter, die in Hamburg eine Drive-in-Apotheke betreibt, Apotheken ab, wenn sie in ihren Webshops solches Himalaya-Salz anboten. Schnell verdientes Geld für den Abmahnanwalt, da die meisten Apotheken die knapp 900 Euro für die Unterlassungserklärung bezahlten.
Einige der Betroffenen unternahmen daraufhin Testkäufe in der Apotheke der abmahnenden Apothekerin und fanden ebenfalls entsprechende Produkte. Nach Angaben eines betroffenen Apothekers zog der Anwalt – mit der Quittung aus der Apotheke seiner Mutter konfrontiert – seine Abmahnung zurück. In anderen Fällen blieb er jedoch bei seiner Forderung, die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Doch nicht alle Apotheker unterschrieben und zahlten. Eine von ihnen ist Sabine Bäumer von der Eisbär-Apotheke in Karlsruhe. Einen Tag vor Weihnachten 2015 traf bei ihr die Abmahnung aus Hamburg ein. Der Anwalt war in ihrem Webshop fündig geworden, er hatte zum Beispiel ein Elixier Himalaya, ein Himalaya Salt Dream Badesalz Harmonie Orange und Harmonie Lemon gefunden. Für Apothekerin Bäumer war dies nicht nachvollziehbar, denn Fotos der Produkte waren nicht abgebildet. Außerdem hatte der Hersteller der Produkte, wie er Frau Bäumer bestätigte, die Angaben auf den Packungen bereits geändert. Hätte ein Kunde dieses Produkt tatsächlich bestellt, hätte er bereits eine Packung mit korrigiertem Text bekommen, also mit einem Hinweis darauf, dass das „Kristallsalz aus Punjab südlich des Himalaya“ stammt. Die Apothekerin unterschrieb daher die Unterlassungserklärung nicht und übergab den Vorgang ihrem Anwalt.
Wo liegt das Motiv für die Abmahnung?
Der Anwalt von Apothekerin Bäumer ist überzeugt, dass in der Bezeichnung „Himalaya-Salt“ keine Irreführung der Verbraucher liege und ihr kein Verstoß gegen die für sie geltenden Sorgfaltsanforderungen zur Last gelegt werden könne. Des Weiteren stellt er auf eine missbräuchliche Abmahntätigkeit ab. So zitiert er in seinem Schreiben an das Gericht eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, wonach „von einem Missbrauch im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG dann auszugehen ist, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind …“.
Als Indizien nenne das Oberlandesgericht unter anderem: wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständige, das heißt, in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit des Anspruchstellers stehe und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen könne. Ein weiteres Indiz für den Missbrauch sei, dass der beauftragte Anwalt das Abmahngeschäft in eigener Regie betreibe, Wettbewerbsverstöße selbst ermittle oder den Auftraggeber vom Kostenrisiko ganz oder teilweise freistelle.
Zudem habe die Klägerin weder dargelegt noch sei es sonst irgendwie ersichtlich, dass ihr durch den abgemahnten Verstoß ein wirtschaftlich relevanter Schaden entstanden sein könnte: „Nähere Ausführungen, weshalb die Beklagte in einem direkten Wettbewerb mit der Apotheke der Klägerin stehen soll, sucht man im Schriftsatz der Klägerin vergebens.“
Wie Apothekerin Sabine Bäumer gegenüber DAZ.online deutlich macht, hält sie auch die Vorgehensweise der Hamburger Kollegin und Mutter des Anwalts für unkollegial. „Diese Art der Abmahnung geht gegen meinen Gerechtigkeitssinn. Ich muss dazu sagen, dass ich auch keine klassische Internetapotheke bin, sondern nur einen dieser Suche-Buttons auf der Internetseite meiner Apotheke habe, ein Button, bei dem die Lauer-Taxe hinterlegt ist.“ Eine Einwirkungsmöglichkeit bzgl. der im Artikelstamm der Lauer-Taxe hinterlegten Produktangaben habe sie hier nicht.
Wie das Verfahren für Apothekerin Bäumer ausgeht, ist noch offen, der Fall liegt vor dem Landgericht Hamburg. Mitte Oktober steht der Verhandlungstermin an.
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