1 Milliarde für Kassenärzte

Wie funktioniert eigentlich das Ärztehonorar?

Berlin - 22.09.2016, 14:00 Uhr

Die Ärzte sollen im kommenden Jahr 1 Milliarde Euro mehr bei den Kassen abrechnen dürfen. Aber wie genau funktioniert das Ärztehonorar? (Foto: Bilderbox)

Die Ärzte sollen im kommenden Jahr 1 Milliarde Euro mehr bei den Kassen abrechnen dürfen. Aber wie genau funktioniert das Ärztehonorar? (Foto: Bilderbox)


Mehrere zusätzliche Verdienste möglich

Es ist auch wichtig, zu wissen, dass die Ärzte in den Regionen nicht unbegrenzt viel Geld bei den Kassen abrechnen können. In jeder Region müssen Kassen und Ärzte ein Budget festlegen. Übertreffen die Mediziner mit ihren Abrechnungen die Budgethöhe, können sie die Leistungen danach nicht mehr zum vollen Preis abrechnen. Dabei gilt: Diese Budgets sind morbiditätsorientiert. In den Verhandlungen um die Höhe der Budgets ist also wichtig, wie der Krankenstand in der jeweiligen Region ist. Je mehr Kranke und Alte es in einer KV-Region gibt, desto höher fällt ihr Budget aus. Auch an dieser Stellschraube konnten die Ärzte drehen: KBV und GKV gaben gestern bekannt, dass die morbiditätsorientierten Budgets um 170 Millionen Euro pro Jahr ansteigen.

Doch neben dieser ganzen kollektivvertraglichen Kaskade haben die Kassenärzte noch mehrere weitere Möglichkeiten, den Kassen Leistungen in Rechnung zu stellen. Ein wichtiges Beispiel dafür sind extrabudgetäre Leistungen: Kassen und Ärzte können ausmachen, dass gewisse Leistungen nicht aus dem Gesamttopf, also mit dem Budget bezahlt werden. Das trifft beispielsweise für Screenings und andere Vorsorgeuntersuchungen zu. Trägt eine Behandlung im EBM die Bezeichnung „extrabudgetär“ ist das ein Joker für jeden Vertragsarzt: Denn er kann diese Leistung unabhängig von der Höhe des Gesamtbudgets so oft abrechnen wie er möchte – und immer zum gleichen Preis. Am gestrigen Mittwoch wurde bekannt gegeben, dass die Einnahmen der Ärzte in diesem Bereich um weitere geschätzte 330 Millionen Euro pro Jahr ansteigen sollen. Einige Mediziner hatten eine extrabudgetäre Vergütung auch für den Medikationsplan gefordert. Damit konnten sie sich auch durchsetzen: Laut Ärzte Zeitung erhalten die Mediziner pro Medikationsplan bis zu 5 Euro, sie können diese Position aber unbegrenzt, also extrabudgetär abrechnen.

Alle nun beschriebenen Abrechnungsmöglichkeiten entspringen aus dem Kollektivvertragssystem. Das heißt, dass die KBV und die KVen Konditionen für einzelne Leistungen aushandeln und jeder Arzt zu den gleichen Bedingungen abrechnet. Ein riesiges weiteres Verdienstfeld der Kassenärzte sind dazu noch die sogenannten Selektivverträge: Kassen haben grundsätzlich die Möglichkeit, zusätzlich zur Kollektivvergütung spezielle Verträge mit einzelnen Ärzten oder mit größeren Gruppen von Ärzten abzuschließen. In der Regel suchen sich die Kassen dazu einen besonderen regionalen Behandlungsbedarf und schreiben die damit verbundenen Leistungen aus. Das beste Beispiel dafür sind Hausarztverträge: Zusätzlich zu den Standard-Betreuungsleistungen aus dem EBM können die Kassen Hausärzte beauftragen und dafür bezahlen, gewisse Aufgaben in der Primärversorgung zu übernehmen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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