- DAZ.online
- News
- Pharmazie
- FDA lässt umstrittenes ...
Eteplirsen
FDA lässt umstrittenes Mittel gegen Muskelerkrankung zu
Für Patienten mit Duchenne-Dystrophie gibt es bislang fast keine Therapieoptionen. Für manche Betroffene ließ die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA nach Protesten von Verbänden nun einen neuen Wirkstoff zu – nach Einschätzung von Experten jedoch ohne Wirksamkeitsnachweis. Gleichzeitig rief FDA-Chef Robert Califf dazu auf, eine Studie zu dem Arzneimittel zurückzuziehen.
Rund einer von 3600 Jungen ist von der Muskeldystrophie
Duchenne betroffen, die aufgrund einer Mutation im Gen des Muskelstrukturproteins Dystrophin zu einem lebensbedrohlichen Abbau der Muskelkraft führt. Bislang
gibt es keine kausale Therapie, weshalb viele Patienten viel Hoffnung mit Eteplirsen
(EXONDYS 51 ®) verbinden: Bei den 10 bis 15 Prozent der Betroffenen, bei denen
die Mutation in einer bestimmten Region auftritt, soll das sogenannte
Morpholino Antisense Oligomer die Produktion des benötigten Proteins erhöhen.
In klinischen Studien konnte der Hersteller Sarepta Pharmaceuticals allerdings nur zeigen, dass der Spiegel von Dystrophin durch das in den USA jährlich voraussichtlich 300.000 US-Dollar teure Arzneimittel anstieg – doch eine klinische Verbesserung ließ sich nicht nachweisen. Der FDA-Abteilungsleiter Ellis Unger bezeichnete das Arzneimittel laut „STAT“ als ein „wissenschaftlich elegantes Placebo“, und machte sich zusammen mit anderen Mitarbeitern gegen eine Zulassung der Substanz stark.
Ihrer Ansicht nach könnte dieser Fall zu abgesenkten Standards bei der Arzneimittelzulassung führen. Die Zulassung würde „weitreichende negative Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit“ haben, warnte Unger laut dem Fachmagazin „Nature“. „Dieser Präzedenzfall könnte zu Zulassungen von Arzneimitteln für seltene Erkrankungen führen – ohne dass es substanzielle Evidenz für die Wirksamkeit gibt.“
Patienten protestierten
Doch nach Protesten von Patientenverbänden entschied die FDA, Eteplirsen über ein beschleunigtes Verfahren zuzulassen – mit der Auflage, dass weitere Studien durchgeführt werden. Das Arzneimittel wurde bislang an ungefähr 150 Menschen getestet, doch in der für die Zulassung entscheidenden Studie wurden nur zwölf Probanden aufgenommen, kritisieren Experten. Auch erhielten die Patienten aus der Placebo-Gruppe nach 24 Wochen gleichfalls den Wirkstoff.
Laut „STAT“ war die Direktorin des Zentrums für Arzneimittelbewertung und -forschung der FDA, Janet Woodcock, die treibende Kraft hinter der Entscheidung: Sie habe sich über ihre Mitarbeiter hinweggesetzt und am Ende auch ihren Vorgesetzten, FDA-Chef Robert Califf, für die Zulassung gewonnen – der laut „Nature“ anerkannte, dass die Zulassung-Entscheidung eine sehr schwierige war.
Von Patientenseite wurde das positive Votum der FDA gefeiert. „Wir haben hierauf schon sehr, sehr lange gewartet“, erklärte Debra Miller laut dem Magazin. „Dies gibt den Familien so viel mehr Hoffnung.“
Wird den Patienten wirklich geholfen?
Laut Marc Boutin, Geschäftsführer der Patientenorganisation „National Health Council“, sei die Entscheidung ein kleiner, aber relevanter Sieg. „Bisher haben sie über ‚Risiko und Nutzen‘ gesprochen“, erklärte er laut „STAT“ – „nun sprechen sie über „Nutzen und Risiko“. Dies sei ein Erfolg der Patienten-Verbände.
Doch für Diana Zuckerman, Präsidentin des US-amerikanischen „National Center for Health Research“, reicht es nicht aus, wenn die FDA die Unbedenklichkeit des Arzneimittels feststellt. „Das größere Risiko ist nicht die Sicherheit dieses einen Arzneimittels“, sagte sie. „Das größere Risiko für dieses Arzneimittel ist, dass den Patienten am Ende nicht geholfen wird – und in manchen Fällen eine Familie all ihr Geld verliert für ein Arzneimittel, das nicht hilft.“
Irreführender Artikel des Herstellers
Erstaunlich ist, dass eine 2013 veröffentlichte Studie des Herstellers Eteplirsen auch von Seiten der FDA stark umstritten ist: Behördenchef Califf rief vor einer Woche in einem längeren Bericht dazu auf, sie zurückzuziehen. „Die Veröffentlichung, die wie nun bekannt irreführend ist, sollte von ihren Autoren zurückgezogen werden“, sagte er. Und Luciana Borio, Chefwissenschaftler der FDA, kritisierte „ernsthafte Unverantwortlichkeiten“ beim Veröffentlichen von nur ausgewählten Daten während der Entwicklung des Produkts. Hersteller Sarepta habe „eine Presseerklärung herausgegeben, die sich auf den irreführenden Artikel und seine Ergebnisse verließ“, kritisierte Borio. Doch die FDA verließ sich bei der Zulassung wohl auf eigene Analysen der vorliegenden Daten.
In Europa ist bisher nur Ataluren (Translarna®) für die Behandlung von Patienten mit Muskeldystrophie Duchenne zugelassen, welches allerdings von der FDA kein positives Votum erhielt.
2 Kommentare
Econdys51
von Yildirim am 30.04.2018 um 12:08 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Exondys51
von Yildirim am 30.04.2018 um 12:11 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.