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Meldonium, Kokain und Nandrolon
Die Dopingmittel der Tennisstars
Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die Dopingsperre für die Tennisspielerin Maria Scharapowa verkürzt. Sie war positiv auf das Herzmittel Meldonium getestet worden. Zwar werden Tennisspieler nicht so oft positiv getestet wie zum Beispiel Leichtathleten. Doch gibt es immer wieder Fälle. Dabei kommen die verschiedensten Substanzen zum Einsatz.
Ursprünglich hatte der Tennis-Weltverband die Tennisspielerin Maria Scharapowa für zwei Jahre bis Ende Januar 2018 gesperrt. Sie war im Januar 2016 bei den Australian Open in Melbourne positiv auf das Herzmittel Meldonium getestet worden. Scharapowa hatte jedoch Einspruch erhoben. Am gestrigen Dienstag hat der Internationale Sportgerichtshof CAS die Sperre der russischen Weltklasse-Spielerin auf 15 Monate verkürzt.
Scharapowa hatte angegeben, eine Änderung in den Doping-Regularien der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) übersehen zu haben. Das Mittel nehme sie bereits seit zehn Jahren ein – gegen Grippe und andere Krankheiten, erklärte sie im März, als der positive Test öffentlich wurde. Vergangenes Jahr war das noch erlaubt. Seit 1. Januar 2016 steht Meldonium aber auf der Liste der verbotenen Substanzen der WADA. Ein Hinweisschreiben der WADA habe Scharapowa nicht beachtet.
Meldonium soll die Regenerationszeit verkürzen
Meldonium wird in Russland und in baltischen Staaten unter dem Handelsnamen Mildronate in Form von Kapseln und Ampullen vertrieben. In Deutschland und den USA, wo Scharapowa lebt, ist das Präparat nicht zugelassen. Die Substanz soll durchblutungsfördernd und kardioprotektiv wirken. Daher wird sie unter anderem bei Angina pectoris, nach Herzinfarkt, bei Herzinsuffizienz, aber auch bei anderen Durchblutungsstörungen eingesetzt. Bei Gesunden soll Meldonium zu gesteigerter Ausdauer und schnellerer Rehabilitation nach Belastungen führen.
Meldonium ist ein Strukturanalogon zu γ-Butyrobetain und blockiert unter anderem die Oxidation von Fettsäuren. Einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit zufolge wirkt es vermutlich über Inhibition verschiedener Enzyme, die für die Carnitin-Biosynthese verantwortlich sind. L-Carnitin ist an der Fettsäure-Oxidation beteiligt. Dadurch scheint es zu Anpassungen im zellulären Energiehaushalt zu kommen. Außerdem scheint Meldonium blutzuckersenkende Effekte zu haben. Meldonium stand bereits in den letzten Jahren unter Beobachtung der WADA. 2014 konnte ein verstärkter Missbrauch in verschiedenen Sportarten festgestellt werden.
Kokain für die Psyche
Scharapowa ist somit ein weiterer prominenter Name auf der Liste der Dopingsünder im Profitennis. Sie findet sich dort zum Beispiel in Gesellschaft des Schweden Mats Wilander. Weil er bei den French Open positiv auf Kokain getestet wurde, musste er 1995 eine dreimonatige Sperre absitzen. Ebenso wie der Tscheche Karel Novacek. 2007 wurde dann bei der Schweizerin Martina Hingis Kokain nachgewiesen. Sie wurde zwei Jahre gesperrt.
Das Stimulans hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin in die präsynaptische Zelle und erhöht so die Aktivität des sympathischen Nervensystems. Es wirkt dadurch auf den ganzen Körper anregend. Inwiefern Kokain tatsächlich die physische Leistungsfähigkeit erhöht, ist unklar. Der Grund, warum Spitzensportler und auch viele andere, die in irgendeiner Weise Höchstleistung bringen müssen, Kokain konsumieren, dürfte vor allem der Effekt auf die Psyche sein. Kokain macht euphorisch und ruft ein Gefühl der Unbesiegbarkeit hervor. Die Reaktionsfähigkeit bleibt aber erhalten – ein entscheidender Vorteil. Ein Nachteil ist, dass es bei Nachlassen der Wirkung zu einer Art Kater kommt – geistig wie körperlich. Anlässlich des Dopingfalls von Martina Hingis wurden damals Experten in der FAZ zitiert, dass daher eine Einnahme nur direkt vor dem Spiel Sinn ergebe.
Der Klassiker Nandrolon
Eine weitere Substanz, die im Spitzentennis schon für Dopingsperren sorgte, ist Nandrolon. Der Tscheche Petr Korda (1998) wurde in Wimbledon positiv getestet. Seine Sperre betrug ein Jahr. Beim Briten Greg Rusedski wurde 2004 Nandrolon zwar nachgewiesen, er wurde aber freigesprochen. Er soll die Substanz über verunreinigte Lebensmittel aufgenommen haben, lautete die Begründung.
Bei Nandrolon handelt es sich um ein anaboles Steroid. Es ist strukturell verwandt mit dem männlichen Sexualhormon Testosteron. Die anabole Wirkung ist jedoch deutlich ausgeprägter als beim Testosteron, dafür hat es weniger androgene Wirkung.
Medizinisch wird es in Form eines Esters (Nandrolondecanoat) eingesetzt, zum Beispiel bei Osteoporose oder um dem körperlichen Verfall bei AIDS entgegenzuwirken. Der Ester wird in den Muskel injiziert. Er diffundiert von dort langsam ins Blut, bildet also ein Depot. Die lange Wirksamkeit der Depotpräparate – therapeutisch ein Vorteil – führt dazu, dass Nandrolon sehr lange nachweisbar ist. Deswegen werden sie im Leistungssport kaum noch eingesetzt, erfreuen sich aber im nichtkontrollierten Fitnessbereich einiger Beliebtheit. Es existiert ein entsprechender Schwarzmarkt.
Nandrolon-Vorstufen als NEM
Orale Formulierungen werden schneller ausgeschieden. Nandrolon selbst ist aber wegen des hohen First-pass-Effektes nicht effektiv. Oralia gibt es daher nicht. Aber sogenannte Prohormone von Nandrolon wie 4-Norandrostendion, 4-Norandrostendiol und 5-Norandrostendiol (sog.19-Norsteroide) werden teilweise als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) vertrieben. In Deutschland gelten die Prohormone als nicht zugelassene Arzneimittel und sind daher nicht verkehrsfähig.
Offensichtlich finden sich auch immer wieder Verunreinigungen mit Nandrolon-Vorstufen in Nahrungsergänzungsmitteln. Hier reichen bereits kleinste Mengen für einen positiven Befund aus. Da der Körper auch selbst Nandrolon produziert, dessen Abbauprodukte ebenfalls im Urin nachweisbar sind, gibt es einen Grenzwert.
Die Liste der Nandrolon-Doping-Sünder ist lang und zieht sich durch viele Sportarten. Hier einige Beispiele: Witali Klitschko (Boxen), Laurant Desbiens (Radsport), Merlene Ottey, Linford Christie und Dieter Baumann (Leichtathletik).
Appetitzügler Sibutramin seit 2006 verboten
Bei der Tschechin Barbora Strycova wurde 2012 der Appetitzügler Sibutramin nachgewiesen. Sibutramin-haltige Arzneimittel, in Deutschland vertrieben unter dem Namen Reductil, wurden aufgrund starker Nebenwirkungen vom Markt genommen. Das oral verabreichte indirekte Sympathomimetikum hemmt die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin. Die erhöhte Konzentration im synaptischen Spalt führt zu einer erhöhten Stimulation der Adrenozeptoren. Das mindert den Appetit. Sibutramin wird seit 2006 von der WADA auf der Liste der verbotenen Substanzen geführt. Das Stimulanz hat Amphetamin-artige Wirkung, also ein klassisches Aufputschmittel.
„Scharapowa hat nicht bewusst Regeln verletzt"
Maria Scharapowa darf laut der Deutschen Presseagentur (dpa) übrigens vom 26. April 2017 an wieder antreten – ein dreiviertel Jahr früher als gedacht. Der CAS begründete sein Urteil damit, dass die Russin keinen „signifikanten Fehler“ begangen habe. Daher halte man eine Sperre von 15 Monaten für angemessen. Auch der Tennisweltverband ITF hatte zuvor eingeräumt, dass Scharapowa nicht bewusst Regeln verletzt habe. Sie trage aber die Verantwortung für die Missachtung, heißt es bei der dpa. Das maximale Strafmaß von vier Jahren hatte der Verband daher aber nicht angewendet.
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