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Exklusive Zytostatika-Verträge zwischen Apothekern und Krankenkassen könnten schon bald der Vergangenheit angehören. In der Branche kursiert derzeit ein „Regelungsentwurf“ des Bundesgesundheitsministeriums, nach dem Kassen keine direkten Verträge mehr mit Apothekern abschließen dürfen. Vielmehr sollen die Kassen Rabattverträge mit den Herstellern abschließen.
Seit Monaten liegen die Kassen auf der einen Seite und Apotheker sowie Ärzte auf der anderen Seite im Clinch wegen der Zytostatika-Ausschreibungen der AOK. Die Ortskrankenkassen vergeben in mehreren Regionen die Versorgung exklusiv an einzelne Apotheken. Pharmazeuten und Mediziner beschweren sich darüber, dass lang etablierte Kommunikationsstrukturen durch die Verträge gebrochen würden. In mehreren Medienberichten hieß es außerdem, dass auch die Qualität der Versorgung gelitten habe. Zuletzt hatten mehrere große Kassen, zunächst die DAK, dann aber auch die Techniker Krankenkasse und die Barmer GEK, die Zytostatika-Versorgung ebenfalls ausgeschrieben – sogar bundesweit.
Doch damit könnte nun bald Schluss sein. Denn nach Informationen von DAZ.online hat das Bundesgesundheitsministerium die Abschaffung der exklusiven Zyto-Verträge schon für das geplante Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) geplant. In der Branche wird derzeit ein sogenannter „Regelungsentwurf“ herumgereicht, der deutlicher nicht sein könnte. Das Papier trägt den Namen „Änderungen zu Zytostatika-Ausschreibungen zur Aufnahme in das AM-VSG“. Auf Nachfrage wollte das BMG sich nicht dazu äußern, ob die dort verfassten Pläne schon in den Gesetzentwurf des AM-VSG kommen sollen oder nicht. Unklar ist auch, in welchem Stadium die dortigen Inhalte sind, ob sie konsentiert sind oder nicht.
Bekenntnis zur Apothekenwahlfreiheit
Fest steht: Bleibt es bei diesem Stand, müssen sich die Kassen auf ein neues Wirtschaftlichkeits-Modell im Zyto-Bereich einstellen. Denn in dem Papier heißt es: „Mit diesem Gesetz wird in § 129 die Möglichkeit der Krankenkassen, die Versorgung mit individuell hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung auch durch Verträge mit Apotheken sicherzustellen, gestrichen.“ Weiter heißt es, dass diese Ergänzung klarstellen soll, dass die Apothekenwahlfreiheit der Versicherten gelte. Beschließt der Bundestag diese Änderung, würde er sich gegen eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes stellen. Dieses hatte auf Grundlage der derzeitigen Gesetzeslage geurteilt, dass das Recht der Patienten auf freie Apothekenwahl im Zytostatika-Bereich ohnehin eingeschränkt sei und das Wirtschaftlichkeitsgebot im Fall der Ausschreibungen vorgehe.
In dem Entwurf wird weiter aufgeführt, dass künftig nicht nur Vertrags-Apotheken versorgen dürfen, sondern auch andere Apotheken Vergütungsansprüche gegenüber den Kassen geltend machen können. Das heißt: Die Verträge, die schon bestehen, laufen weiter. Aber sie sind nicht mehr exklusiv.
In der Begründung folgt das BMG der Argumentation der Apotheker und Ärzte: „Die Versorgung von krebskranken Patientinnen und Patienten baut auf einem besonders engen Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und dem behandelnden Arzt auf. Patienten müssen darauf vertrauen können, dass die an ihrer Versorgung beteiligten Heilberufe gut zusammenwirken damit die ihnen zu verabreichenden parenteralen Zubereitungen therapiegerecht in der Arztpraxis zu Verfügung stehen.“ Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte vor einigen Wochen gemeinsam mit anderen Fachverbänden ein großes Bündnis geschlossen, das sich für die komplette Abschaffung der Verträge ausspricht. Das Königsargument der Heilberufler: Die jahrelang etablierte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern werde durch die Zyto-Verträge unterbrochen.
BMG: Neue Hilfstaxe und strengere Auskunftspflicht für Apotheker
Gespart werden soll aber dennoch: Sowohl Unions- als auch SPD-Politiker hatten in den
vergangenen Wochen immer wieder darauf hingewiesen, dass man nicht auf die
Einsparungen im Zyto-Bereich verzichten wolle. Und auch das BMG schreibt in
seinem Regelungsentwurf, dass vorhandene Einsparpotenziale weiterhin gehoben
werden sollen. Mit einer Änderung in § 129 SGB V will das Ministerium
die Krankenkassen daher auffordern, dass die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen mit
den Herstellern Rabatte für Zytostatika aushandeln. Und zwar einheitlich und gemeinsam – so soll auch im Hinblick auf Verwürfe das Wirtschafltichkeitsverbot berücksichtigt werden.
Das Ministerium will aber auch die Apotheker stärker in die Pflicht nehmen. Weil sich durch das Inkrafttreten eines solchen Gesetzes die Rahmenbedingungen für die Erhebung der Einsparmöglichkeiten ändern würden, müssten Kassen und Apotheker die Hilfstaxe dementsprechend anpassen. Dafür soll ihnen eine Frist gesetzt werden. Können sich die Partner innerhalb dieser nicht einigen, müsste die Schiedsstelle entscheiden. Außerdem sieht das Ministerium „Durchsetzungsschwierigkeiten“ beim sogenannten Auskunftsrecht. Die Krankenkassen hatten sich wiederholt über Intransparenz bei den Zyto-Preisen beschwert. Es sei schwer durchschaubar, wie hoch der tatsächliche Einkaufspreis eigentlich gewesen sei – auch weil viele Apotheker Herstellerbetiebe mit den Zubereitungen beauftragten, so das Argument der Kassen.
Das BMG will die Preistransparenz im Zyto-System erhöhen: Die Apotheker könnten demnach verpflichtet werden, den Kassen auf Wunsch auch den tatsächlichen Einkaufspreis der Herstellerbetriebe zu nennen. Zudem müssten die Pharmazeuten den Kassen all ihre erzielten Rabatte mitteilen. Das BMG stellt in seinen Plänen klar: „Von Einkaufsvorteilen beziehungsweise -rabatten sollen die Krankenkassen profitieren, indem diese bei den Beratungen zur sog. Hilfstaxe bekannt sind.“ Außerdem sieht der Regelungsentwurf vor, dass jegliche juristische Schritte der Apotheker im Vorfeld einer solchen Auskunftserteilung gegenüber der Krankenkasse ausgeschlossen sind.
Mit diesem Regelungsentwurf zeigt das Ministerium, dass es von sich aus die Initiative ergreifen möchte: Das Haus von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will selbst einen Vorschlag zur Lösung der Krise vorlegen. Doch dass dieser Vorschlag tatsächlich umgesetzt wird, steht noch in den Sternen. Denn selbst wenn das Bundeskabinett das AM-VSG samt dieser Zyto-Regelung durchwinkt, steht dem Gesetz noch die parlamentarische Debatte bevor. Am 19. Oktober lädt der Gesundheitsausschuss alle beteiligten Fachverbände ein, um sich über den Zyto-Konflikt ein Bild zu machen. Die Abgeordneten können den vom BMG vorgelegten Gesetzentwurf danach noch nach Belieben ändern.
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