Elmar Mand zum EuGH

„Ein einmaliger Affront“

Stuttgart - 19.10.2016, 14:10 Uhr

Elmar Mand:  „suboptimale Prozessführung“ (Foto: Hartlmair / DAZ)

Elmar Mand: „suboptimale Prozessführung“ (Foto: Hartlmair / DAZ)


Apothekenrechtsexperte Elmar Mand ist entsetzt: Es sei ein einmaliger Vorgang und ein Affront, dass eine Kleine Kammer des Europäischen Gerichtshofs offen einem Urteil des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes widerspricht. Darüber hinaus überzeugt ihn das Urteil in der Sache nicht.

Der Apothekenrechtsexperte Elmar Mand (Uni Marburg) zeigt sich entsetzt über die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs: „Es ist ein einmaliger Vorgang und offener Affront, dass fünf Richter einer ‚Kleinen EuGH-Kammer‘ offen einem Urteil des deutschen Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes widersprechen. Das ist mit dem zwischen den europäischen und nationalen obersten Gerichten bestehenden Kooperationsgrundsatz nicht zu vereinbaren.“ Aber auch in der Sache überzeugt ihn das Urteil nicht – weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht.  

Das Urteil lese sich, als ob im vorliegenden Fall nur eine „suboptimale Prozessführung“ vorgelegen habe. In mehreren Punkten, so das Gericht, seien die negativen Auswirkungen des Falls der Arzneimittelpreisbindung auf die flächendeckende Arzneimittelversorgung nicht hinreichend belegt.

Mand stellt aber auch klar: Die Arzneimittelpreiseverordnung gilt in Deutschland weiter. Lediglich für ausländische Versender, die Arzneimittel nach Deutschland liefern, ist sie nicht „anwendbar“. Über die Gültigkeit der Arzneimittelpreisverordnung in Deutschland kann und darf der Europäische Gerichtshof nicht entscheiden. Dies bedeutet, dass sich Apotheken in Deutschland nach wie vor an das geltende Preisrecht halten müssen – sonst drohen ihnen wettbewerbs-, berufs- oder aufsichtsrechtliche Konsequenzen. Es drohen Untersagungsverfügungen sowie Unterlassungs- und Schadensersatzklagen.  

Ein Rechtmittel gegen „Inländerdiskriminierung“ gibt es nicht 

Aufgrund des Umstands, dass damit faktisch inländische Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken preisrechtlich benachteiligt werden und eine „Inländerdiskriminierung“ vorliegt, ist jetzt, so Mand, die Politik gefordert. Ein Rx-Versandverbot, das europarechtlich zulässig wäre, hält Mand für „potenziell erfolgreich“, wenn er auch nicht mit einer schnellen Reaktion des Gesetzgebers rechnet. Möglichkeiten, rechtlich gegen die Ungleichbehandlung vorzugehen, bestehen für deutsche Apotheken allerdings nicht, da das deutsche Arzneimittelpreisrecht höchstrichterlich für rechtmäßig erklärt wurde. Ein Rechtsmittel dagegen ist nicht möglich. Noch nicht in letzter Konsequenz absehbar sind für Mand die Auswirkungen der EuGH-Entscheidung auf die der Arzneimittelabgabe in der Apotheke vorgelagerten Handelsstufen. 


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

EUxit

von Andreas P. Schenkel am 19.10.2016 um 19:54 Uhr

EILMELDUNG: Die Europäische Idee, geboren aus den Trümmern des zweiten Dreißigjährigen Kriegs (1914 - 1945), ist am heutigen Tage aus der EU ausgetreten. Brexit means Brexit. EuGH means dummdreiste, vertragswidrige Selbstermächtigung. Zukunft means Itaxit via Grillo, Fraxit via LePen, Gerxit via Petry. Nein, eher via Höcke. Toll gemacht, EuGH. So geht Staatenbund-Verschrottung. So seh'n Loser aus, schalalalala!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Entsetzt

von Frank ebert am 19.10.2016 um 14:33 Uhr

Alle sind überrascht oder entsetzt. Ich nicht !,höchstens über die ganze Naivität der handelnden Personen. Ich habe viel Kritik für meine Kommentare im Vorfeld einstecken müssen, aber es war klar, das in der heutigen Zeit, wenn ein Pole Generalanwalt ist , und die EuGH gegen Deutschland und Frau Merkel urteilen kann, dies auch geschieht. Ps: Geld regiert die Welt im Moment und nicht Vernuft---siehe Ceta und Ttipp

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Auswirkung auf MEdikamentenpreise

von Thomas Brongkoll am 19.10.2016 um 14:32 Uhr

Es mag sein, dass ich zu dumm bin dafür, deshalb erkläre mir jemand: wieso werden durch dieses Urteil Medikamentenpreise günstiger? Es geht einzig um die gesetzliche ZUZAHLUNG, die den Patienten erlassen wird, es glaubt doch niemand, dass DocMorris und Konsorten die Rechnung an die Krankenversicherungen reduzieren werden! Selbst Glaeske ist zu bl*d, dass zu kapieren!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.