SPD-Stimmen nach dem EuGH-Urteil

Differenzierte Vergütungsmodelle als Lösung?

Berlin - 20.10.2016, 13:30 Uhr

Karl Lauterbach sieht die Gefahren für kleine Apotheken durch das EuGH-Urteil. (Foto: dpa)

Karl Lauterbach sieht die Gefahren für kleine Apotheken durch das EuGH-Urteil. (Foto: dpa)


Auch SPD-Gesundheitspolitiker lässt das EuGH-Urteil zur Preisbindung im grenzüberschreitenden Arzneimittelversand nicht unberührt. Sowohl Karl Lauterbach als auch Sabine Dittmar betonen, der Gesetzgeber sei jetzt gefordert. Dabei denken sie mehr an eine neue Form der Vergütung der Apotheker in Deutschland, weniger an ein Rx-Versandverbot.  

Der SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach erklärte nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH): „Das Urteil hat mich in seiner Eindeutigkeit überrascht“. Er sieht es differenziert: Aus ihm entstünden für den Verbraucher mögliche Vorteile – aber eben auch „erhebliche Gefahren“. Profitieren von den sinkenden Preisen bei Online-Versandapotheken könnten insbesondere Patienten, die ein bestimmtes Medikament über einen langen Zeitraum einnehmen müssen. Die Gefahr: Bei einem harten Preiskampf mit den Versendern könnten kleine Apotheken nicht mithalten und müssten schließen. Denn für sie gilt die Preisbindung nach wie vor. Es entstehe also eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung; Klagen gegen das Arzneimittelgesetz hält Lauterbach für möglich.

Beim aktuellen Stand könne es nach diesem Urteil nicht bleiben, so der SPD-Politiker weiter. „Ich rechne fest damit, dass wir gesetzgeberisch handeln müssen. Das ist nötig, um die Folgen dieses Urteils für Verbraucher und Apotheker in Einklang zu bringen. Denkbar wäre es beispielsweise, Apothekern die Beratungsleistung besser zu vergüten.“

Dittmar: Auch Beratung und Präsenz zählen

Nachdem DocMorris und die Europa Apotheek Venlo schon wenige Stunden nach dem EuGH-Urteil mit hohen Boni-Angeboten um die Gunst der Kunden – und ihre Rezepte – buhlen, ist auch Sabine Dittmar, in der SPD-Fraktion für Apothekenfragen zuständig, klar: Der Gesetzgeber muss überlegen, wie er die flächendeckende Versorgung durch Apotheken in Deutschland dauerhaft aufrechterhalten kann.

Sabine Dittmar macht sich Gedanken über eine sinnvollere Apothekenvergütung.

Sie bezweifelt allerdings – ebenso wie Lauterbach, der diese Option gar nicht erst anspricht –, dass ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel die Lösung wäre. Die DocMorris-Spitze hat schließlich bereits angekündigt, dass ihr Kampfeswillen im Fall eines solchen Verbots erneut aufflammen werde.

Spannender findet Dittmar die von ihrem Kollegen Lauterbach ins Spiel gebrachte Idee, die Beratungsleistungen der Apotheker besser zu vergüten. Schon 2014 habe sie auf dem Deutschen Apothekertag in München erklärt, dass sie es für sinnvoller halte, das Apothekenhonorar differenzierter auszugestalten. „Es sollte eben nicht nur von der Abgabe von Packungen abhängig sein, sondern auch von Beratung und Präsenz“, sagte Dittmar gegenüber DAZ.online. So gebe es kleine Apotheken, die nicht so viele Packungen abgeben, die aber dennoch mit dem erforderlichen Equipment präsent seien – das heißt etwa: sie leisten Notdienst und fertigen Rezepturen an. Das sieht die SPD-Politikerin heute nicht anders. Warum sollte ein Apotheker nicht auch vergütet werden, wenn er eine Viertelstunde berät – und am Ende festzustellen ist, dass ein Wadenwickel besser ist als ein Arzneimittel? Dittmar will diese Idee nächste Woche in ihrer Arbeitsgruppe Gesundheit erneut besprechen.

AMTS-Projekte mit Vor-Ort-Apotheken forcieren

Zudem erinnert Dittmar an die der Politik derzeit so wichtigen Themen Arzneimitteltherapiesicherheit und Medikationsmanagement. Diese Bestrebungen könnten leicht ad absurdum führen, wenn nun plötzlich Chroniker Rezepte an ausländische Versandapotheken schickten. Man sollte daher eher schauen, wie man Projekte wie ARMIN noch forcieren könne, um die Patienten weiter eng an die Apotheke vor Ort zu binden, sagte Dittmar.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Lauterbachs Utopie ?

von Heiko Barz am 21.10.2016 um 11:19 Uhr

Unser Karl L. Ist doch immer wieder für eine Überraschung gut.
Nur, Herr Lauterbach, wie stellen Sie sich solch eine Arbeitsbewertung in finanzieller Hinsicht vor? Immerhin handelt es sich um eine hochwertige, akademische Leistung, die wir in unseren Apotheken anbieten. Eine unserem Berufstand korrekte und adäquate Leistungsbezahlung wäre mit der uneinsichtig starren Haltung der KKassen unvereinbar und daher bei Ihnen, Herr Lauterbach, eher ein vorgezogenes Wahlkampfangebot.

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SPD-Perspektivpapier 2050: Honorierung für Nicht-Abgabe

von Wolfgang Müller am 20.10.2016 um 15:40 Uhr

Hier werden Sie geholfen.

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SPD Wirrwar

von Pöppl am 20.10.2016 um 14:26 Uhr

Wir brauchen jetzt eine Lösung. Bis neue Honorarmodelle entwickelt sind dauert es zu lanhe. Zudem,wieviel will die SPD mir den extra Honorar bezahlen damit ich mit den Angeboten " bis zu 30 EUro Rabat auf ihr Rezept" mithalten kann? Wir müssen jetzte den Versand verbieten dann können die klagen und dann haben wir 2 Jahre Zeit gewonnen um etwas anderes zu entwickeln.....übrigens eventuell entscheidet das EUGH ja dann auch für uns!! Und jetzt die Beratung besser zu entlohnen bringt nichts, weil kein Kunde mehr da sein wird den ich beraten kann!!!!!

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