ABDA im Krisenmodus

„Herabwürdigung auf Krämerniveau“

Rostock - 20.10.2016, 11:00 Uhr

Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, ist optimistisch, dass die Politik die deutsche Preisbindung erhalten werde. (Foto: DAZ)

Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, ist optimistisch, dass die Politik die deutsche Preisbindung erhalten werde. (Foto: DAZ)


Axel Pudimat, Vorsitzender des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, sieht die Apotheker durch das Urteil herabgewürdigt, zeigte sich aber optimistisch für eine politische Lösung. Bei einem Seminar in Rostock konnten die Teilnehmer die „ABDA im Krisenmodus“ erleben und erfuhren Ergebnisse einer ABDA-Telefonkonferenz.

Am Tag der Verkündung der EuGH-Entscheidung zur Preisbindung fand das Wirtschaftsseminiar des Apothekerverbandes Mecklenburg-Vorpommern in Rostock statt. Selbstverständlich prägte das Urteil den Ablauf der Veranstaltung. Nur gut drei Stunden nach der Verkündung eröffnete der Verbandsvorsitzende Axel Pudimat das Seminar und erklärte: „Der Europäische Gerichtshof hat leider nicht im Sinne einer geregelten Versorgung entschieden, sondern den freien, wilden Markt für wichtiger erklärt.“ Für ihn als Apotheker sei das „eine Herabwürdigung unserer Tätigkeit auf ein Krämerniveau.“ Den Richtern sei offenbar wichtiger, wenn die Apotheker mit den Patienten über Preise feilschen als über Wirkungen zu reden. Er hoffe daher sehr, dass „wir hier in Deutschland von unserer Möglichkeit Gebrauch machen werden, systemregulierende Preisregulierungen zu erhalten“. Pudimat betonte, dass es letztlich gar nicht um den eigentlichen Preis gehe, sondern mit der Entscheidung die Zuzahlung als sozialpolitisches Steuerungsinstrument ausgehebelt werde. Dies werde auch der wesentliche Punkt sein, mit dem die Apotheker argumentieren, erwartet Pudimat. 

Mit Blick zurück auf die Zeit vor dem Urteil erläuterte Pudimat, warum die ABDA so wenig darüber geredet hatte. Die ABDA sei vorbereitet gewesen, habe aber versucht „das öffentliche Durchwalken“ aller Optionen zu vermeiden, weil dies den Standpunkt der Apotheker nur geschwächt hätte. Zur Zukunft erklärte Pudimat, Preise und Rabatte würden höchstwahrscheinlich zum Marketinginstrument, falls es keine gesetzlich festgelegten Preise mehr geben sollte. „Statt um Leistung geht es dann meistens um den Preis“, fürchtet Pudimat. Doch „die aktuelle deutsche Regierung hat sich eindeutig zum bestehenden System bekannt“, so Pudimat. Gesundheitsminister Gröhe habe dies auf dem Apothekertag ausdrücklich bekräftigt. Daher gab sich Pudimat optimistisch, dass die Politik die deutsche Preisbindung erhalten werde.

Vorträge fast nach Plan

Anschließend präsentierte Torsten Eimicke, Treuhand Hannover, programmgemäß die derzeitige wirtschaftliche Lage der Apotheken. Er berichtete, dass die Hochrechnung aus dem ersten Halbjahr 2016 für das Gesamtjahr eine Steigerung des Umsatzes um 3,0 Prozent und des Betriebsergebnisses um 2,9 Prozent erwarten lasse. Doch angesichts der Neuigkeiten aus Luxemburg fehlte in dem Vortrag eine Szenarioanalyse für den Fall, dass die Margen aus verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wesentlich schrumpfen. Allerdings erklärte Eimicke, dass schon jetzt 22 Prozent der Apotheken weniger als 4 Prozent des Umsatzes als Betriebsergebnis erzielen und damit bereits in einem kritischen Bereich liegen. Auch wenn Eimicke dies nicht ausgesprochen hat, ist klar, dass diese Apotheken keinen Margenverlust aushalten können. Der nächste Vortrag von Sören Friedrich, dem Leiter der neuen IT-Abteilung der ABDA, verlief, als wäre nichts geschehen. Es ging um Technik und um Pläne für 2019. Niemand weiß, unter welchen Bedingungen die Apotheken dann arbeiten müssen



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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