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Nach EuGH-Urteil
ABDA bekräftigt Forderung nach Rx-Versandverbot
Eine knappe Woche nach dem EuGH-Urteil untermauert die ABDA ihre Forderung nach einem Rx-Versandverbot. Gegenüber DAZ.online gibt sich das bayerische Gesundheitsministerium optimistisch, dieses Ziel zu erreichen. Auch weitere Bundesländer positionieren sich und versprechen Unterstützung für Apotheken vor Ort.
In lediglich sieben von 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ist der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln erlaubt, betont die ABDA am heutigen Dienstag in einer Stellungnahme – und das zum Teil nur unter sehr restriktiven Bedingungen. Neben Deutschland gehörten dazu Dänemark, Estland, Finnland, die Niederlande, Schweden und Großbritannien. Bald sollen es nur noch sechs sein, wenn es nach der Apothekervereinigung geht: Sie setzt sich angesichts des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus der vergangenen Woche dafür ein, dass Deutschland den Versandhandel im Rx-Bereich verbietet.
„Die deutsche Politik ist jetzt dringend gefordert“, betonte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. „Der Gesetzgeber muss seinen Handlungsspielraum wiederherstellen, um den Patienten auch in Zukunft eine funktionierende Arzneimittelversorgung garantieren zu können.“ Er verweist darauf, dass das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln europarechtlich zulässig sei: In einer früheren Entscheidung hatte der EuGH im Jahr 2003 geurteilt, dass jeder EU-Mitgliedstaat den Versandhandel zwar mit rezeptfreien, nicht jedoch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten freigeben müsse. Diese Möglichkeit wurde auch durch die EU-Richtlinie 2011/62 zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen bestätigt.
„Wir sollten keine weiteren Apothekenschließungen riskieren“, appelliert Schmidt an die Politik. „Die Apothekendichte liegt in Deutschland schon heute unter dem europäischen Durchschnitt“, erklärte er: Während im EU-Durchschnitt 31 Apotheken auf 100.000 Einwohner kämen, seien es in Deutschland nur 25.
Bayern ist bei Rx-Versandverbot zuversichtlich
Nur kurz nach Verkündung des Urteils hatte das bayerische Gesundheitsministerium eine Bundesratsinitiative angekündigt, über die der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verboten werden soll.
„Das Thema hat massive Bedeutung für die zukünftige flächendeckende Versorgung unserer Bevölkerung mit Arzneimitteln durch Apotheken – und zwar bundesweit“, erklärte eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums. „Deshalb gehen wir davon aus, dass wir im Bundesrat die Unterstützung der weiteren Länder erhalten werden. Die Bundesratsinitiative werde derzeit erarbeitet und in Kürze in das Länderparlament eingebracht werden. Die Bundesländer Hessen und Nordrhein-Westfalen haben bereits ihre Unterstützung angekündigt.
Niedersachsen fordert grundsätzlichen Systemwechsel
Die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt betonte angesichts der EuGH-Entscheidung gegenüber DAZ.online, dass auch zukünftig und vor allem in entlegenen Regionen eine Versorgung durch Apotheken gegeben sein müsse. „Gerade in unserem Flächenland Niedersachsen muss die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt sein“, erklärt sie. „Ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bietet aber in meinen Augen allenfalls eine vorübergehende Lösung“, sagte Rundt, die damit auf der Linie der meisten SPD-Politiker liegt. „Es bedarf auf Dauer eines grundsätzlichen Systemwechsels bei der Vergütung von Apothekenleistungen.“
Auf Nachfrage von DAZ.online betont das brandenburgische Gesundheitsministerium, dass es sich bei einem möglichen Rx-Versandverbot um Bundesrecht handele. „In diesem Fall ist erst einmal der Bundesgesetzgeber aufgefordert zu handeln und ggf. Rechtsänderungen vorzunehmen“, erklärte die Sprecherin. „Die Länder können sich dann im Gesetzgebungsverfahren beteiligen.“
Bislang läge eine Gesetzesinitiative auch weder auf Bundes- noch auf Landesebene vor. Das Ministerium sei in Kontakt mit der Landesapothekerkammer und dem Apothekerverband Brandenburg, erklärte die Sprecherin. „Es geht im Kern darum einzuschätzen, inwieweit die flächendeckende Versorgung der Brandenburger Bevölkerung ohne gesetzgeberische Intervention gefährdet wäre.“
Ruinöser Preiskampf ist nicht gewollt
Für das Sozialministerium Sachsen-Anhalt ist es „vorrangigstes Ziel“, eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Aus Verbraucherschutzgründen müsse diese mit einer qualifizierten und umfassenden Beratung verbunden sein. „Ein ruinöser Preiskampf, der zulasten der Beratungs- und Versorgungsqualität, auch im Hinblick auf die Gemeinwohlaufgaben der deutschen Präsenzapotheken wie Nacht- und Notdienst, geht, ist nicht gewollt“, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums.
„Für die Verbraucherinnen und Verbraucher muss eine flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung, die bislang in Deutschland durch die Präsenzapotheke sichergestellt wird, auch weiterhin gewährleistet werden“, erklärt sie. Da die Bundesratsinitiative Bayerns noch nicht vorliege, könne sich das Ministerium hierzu noch nicht positionieren.
3 Kommentare
Es lebe der Rechtsstaat! z.B. Polen
von Roy Bean am 26.10.2016 um 8:50 Uhr
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So nicht!
von Ulrich Ströh am 25.10.2016 um 20:46 Uhr
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SwingStates
von Dr Schweikert-Wehner am 25.10.2016 um 13:04 Uhr
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