KBV-Skandal

Weitere Vorwürfe gegen Ärztechef Gassen

Berlin - 25.10.2016, 09:10 Uhr

Die Zeit des ehemaligen KBV-Chefs Andreas Köhler war mit einigen Skandalen verbunden. Doch nun gerät auch sein Nachfolger Andreas Gassen zunehmend unter Druck. (Foto: dpa / picture alliance)

Die Zeit des ehemaligen KBV-Chefs Andreas Köhler war mit einigen Skandalen verbunden. Doch nun gerät auch sein Nachfolger Andreas Gassen zunehmend unter Druck. (Foto: dpa / picture alliance)


Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kommen immer neue Vorwürfe auf. Die KBV-Vizechefin erhebt schwere Vorwürfe gegen ihren Vorstandskollegen Andreas Gassen, die Vertreterversammlung soll laut „Ärzte Zeitung“ eine Anzeige gegen ihn vorbereiten. Auch das Bundesgesundheitsministerium gerät unter Druck.

Nachdem im September ein internes Gutachten zum KBV-Skandal „nicht nachvollziehbare“ Kosten für einen Geschäfts-Geländewagen sowie überzogene Benzinpauschalen seines Vorgängers Andreas Köhler thematisierte, gerät nun der aktuelle Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen verstärkt in die Kritik. Laut „Ärzte Zeitung“ soll aus der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) eine Anzeige gegen Gassen wegen „Untreue im Amt“ vorbereitetet werden. Das Bundeskartellamt sei eingeschaltet. Vorstandskollegin Regina Feldmann erklärte gegenüber der Zeitung, sie wolle das Bundesgesundheitsministerium (BMG) als Rechtsaufsicht einschalten.

Eine Innenrevision soll die aktuellen Probleme aufgezeigt haben, bei der es um die Vergabe von Aufträgen an die Berliner Lobby-Agentur „Miller & Meier“ geht. Diese habe Beratungsleistungen für ein „Coaching KBV-Krisenmanagement“ mit knapp 40.000 Euro in Rechnung gestellt, was laut Ärzte Zeitung nach einer Analyse der Innenrevision hätte ausgeschrieben werden müssen – doch hätten die Prüfer weder Belege hierfür noch einen erforderlichen Beschluss des Vorstands finden können.

Offensichtlich unzulässig

Laut der Zeitung sprachen die Revisoren in ihrem Bericht bei einem weiteren Auftrag für die „Unterstützung und Beratung der KBV“ von „offensichtlich unzulässigen Submissionsabsprachen“. Gassen habe die Rechnungen trotz fehlender Verträge und unzureichender Leistungsbeschreibungen als „sachlich und rechnerisch richtig“ abgezeichnet. Die Aufträge beliefen sich auf eine Gesamtsumme von mehr als 200.000 Euro, von denen bislang laut Ärzte Zeitung rund die Hälfte abgerufen und abgerechnet seien.

Auch der Inhalt der Beratung ist brisant: Nachdem Gassen und seine Vize Feldmann seit mehr als einem Jahr offenbar zerstritten sind, solle nach den Beratern „Symbolpolitik in Personalfragen als Zeichen für neuen Aufbruch“ betrieben werden. Auch solle Feldmann nach Informationen, die der Ärztezeitung vorliegen, „isoliert“ werden und Gassen von Alltagsarbeit weitgehend befreit werden. 

Umstrittene Vorwürfe

Vergangene Woche soll Gassen laut der Zeitung den Bericht als noch nicht abgeschlossen bewertet haben, den er jedoch baldmöglichst vorlegen wolle, auch sollen Vorstandsbeschlüsse vorgelegen haben. Gassen werfe seiner Kollegin Feldmann vor, die Revision während eines Kurzurlaubs beauftragt zu haben. Gegenüber DAZ.online betonte auch KBV-Sprecher Roland Stahl, das Papier sei „vorläufiger Natur“ und nicht endgültig. „Der Vorgang wurde mittlerweile sowohl durch den Compliance-Beauftragten der KBV als auch extern durch die Gesellschaft KPMG überprüft“, betonte Stahl. Ihm sei nicht bekannt, ob die Vertreterversammlung eine Anzeige vorbereite – und ihm lägen auch keine Informationen vor, ob Vizechefin Feldmann sich an das BMG als Rechtsaufsicht gewandt hat.

Laut „Ärzteblatt“ sprächen die Regelungen der KBV sowie Gesetze „eher“ dafür, dass ein Vorstandsbeschluss nicht erforderlich ist. Die Betroffenen seien noch nicht befragt worden, auch er persönlich habe dazu noch keine Stellungnahme abgeben können.

Feldmann sagte der Ärzte Zeitung“, der Bericht sei sehr wohl fertig. „An den Inhalten ändert sich nichts“, wird sie zitiert. Das BMG wolle die Vorgänge gründlich prüfen. Kürzlich hatte Feldmann noch in einem Brief an den BMG-Staatssekretär Lutz Stroppe geschrieben, es sei „ein politischer Skandal“, dass das Ministerium seiner Rechtsaufsicht nicht nachkomme.

Schwerwiegende Beschuldigungen

Laut „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verlange sie, dass das Ministerium ein Verfahren gegen ihren Kollegen einleitet. „Warum wird durch die Rechtsaufsicht nicht die Befangenheit von Herrn Dr. Gassen in allen Angelegenheiten des Dienstvertrags und der Dienstwagenregelung geprüft“, fragte sie, obwohl in dem im September bekanntgewordenen Gutachten einer Anwaltskanzlei ein schwerer Untreuevorwurf gegenüber Gassen bekannt geworden sei. Er hatte Verträge, die seinen Vorgänger Köhler betrafen, mit unterschrieben – die laut Gutachtern zu einer sechsstelligen Schadenssumme und einer „strafrechtlich relevanten Pflichtverletzung“ geführt haben.

Wegen schon länger bekannter Skandale um Immobiliengeschäfte mit einer Tochtergesellschaft der Apotheker- und Ärztebank, überzogene Pensionsansprüche und Mietkostenzuschüsse ist die KBV schon lange in der Kritik. Erst nachdem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe der KBV mit einer Zwangsverwaltung durch einen Staatskommissar gedroht hatte, fasste die Vertreterversammlung Beschlüsse, um im eigenen Haus durchzugreifen. Zwischenzeitlich wurden verschiedene Strafanzeigen gestellt. Das BMG reagierte im September mit einem Gesetzentwurf auf die Probleme, der strengere Aufsichtsmöglichkeiten vorsieht.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wasser predigen und Wein saufen

von Andre` Polack am 25.09.2019 um 18:21 Uhr

Herr Gassen ist an Einsparungen am Patienten mit immer neue Ideen dabei aber selbst hält den größten und das obwohl in diese Patienten sein Luxus leben erst ermöglichen

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