CSU-Ministerin Huml zum Versandverbot

„SPD nimmt Zerschlagung von Versorgungsstrukturen in Kauf“

Berlin - 04.11.2016, 11:30 Uhr

Anti-Versand-Initiative im Bundesrat: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat der Länderkammer einen Vorstoß zur Abschaffung des Rx-Versandhandels vorgelegt und beschwert sich über die Meinung der Bundes-SPD. (Foto: dpa)

Anti-Versand-Initiative im Bundesrat: Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat der Länderkammer einen Vorstoß zur Abschaffung des Rx-Versandhandels vorgelegt und beschwert sich über die Meinung der Bundes-SPD. (Foto: dpa)


Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat dem Bundesrat eine Gesetzesinitiative zum Verbot des Rx-Versandhandels vorgelegt. Schon am kommenden Mittwoch soll die Länderkammer über den Antrag beraten. Huml kritisierte zudem die SPD aufs Schärfste, weil die aus ihrer Sicht die flächendeckende Versorgung mit Apotheken vor Ort gefährde.

Bayerns Gesundheitsministerin Huml hatte bereits kurz nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung erklärt, die inhabergeführte Apotheke schützen zu wollen. Sie werde daher schnellstmöglich eine Bundesratsinitiative entwerfen, die ein striktes Verbot des Rx-Versandhandels vorsieht. Huml lässt ihren Worten nun Taten folgen: Das Münchener Ministerium teilte heute mit, dass dem Bundesrat die Initiative weitergeleitet wurde. Schon am kommenden Mittwoch werde sich der Gesundheitsausschuss des Bundesrates damit beschäftigen. Stimmt der Ausschuss der Idee mehrheitlich zu, wandert es ins Plenum der Länderkammer.

Entgegen vieler Medienberichte hat der bayerische Antrag nichts mit dem Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) zu tun. Für die Apotheker ist das von Vorteil: Das AM-VSG bringt nicht zuletzt wegen der Streitigkeiten um die Arzneimittelpreis viele politische Probleme mit sich. Verzögert sich das Gesetz, könnte sich auch das Versandverbot verzögern. Mit dem Bundesratsantrag aus Bayern kann das Rx-Versandhandelsverbot nun separat behandelt werden.

Huml teilte dazu mit: „Mein Ziel ist der Erhalt der flächendeckenden Arzneimittelversorgung in Bayern. Das ist im Interesse aller Patientinnen und Patienten. Die bewährte Arzneimittelversorgung durch die Apotheken vor Ort ist aktuell gefährdet! Deshalb ist ein Versandhandelsverbot unumgänglich.“ Dass der Antrag eine Mehrheit findet, ist nicht unwahrscheinlich. CDU-geführte Länder dürften dem Vorstoß ohnehin zustimmen. Und inzwischen haben auch Bundesländer ihre Zustimmung angekündigt, in denen die SPD oder die Grünen an der Regierung beteiligt sind (Beispiele: Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen).

Versandapotheken können das nicht leisten!

Beschließt nach dem Gesundheitsausschuss auch das Bundesratsplenum den bayerischen Vorschlag, muss sich auch der Bundestag mit der Idee des Rx-Versandverbotes beschäftigen – innerhalb einer Frist von sechs Wochen. Anzumerken ist allerdings, dass nur die wenigsten Bundesratsinitiativen auch als Gesetze vom Bundestag beschlossen werden. In der 16. Legislaturperiode beispielsweise sind von den 100 vom Bundesrat beschlossenen Initiativen nur 19 in ein vom Bundespräsidenten unterzeichnetes Gesetz gemündet.

CSU-Ministerin Huml nutzte die Gelegenheit allerdings noch, um sich über die Gegner eines Versandhandelsverbotes – insbesondere über die SPD – zu beschweren. Mit Blick auf die Bedenken der Bundes-SPD sagte die bayerische Ministerin: „Unsere Kritiker haben bisher kein geeignetes Konzept vorgelegt, um die negativen Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die deutsche Arzneimittelversorgung abzuwenden. Sie haben bisher nicht dargelegt, wie beispielsweise Nacht- und Notdienste in ländlichen Regionen durch den Versandhandel sichergestellt werden können. Unklar ist auch, wie die patientenindividuelle Herstellung von Arzneimitteln gewährleistet werden soll, wenn die Apotheke vor Ort aus wirtschaftlichen Gründen schließen muss.“

Huml fügte hinzu: „Die Gegner unseres Vorstoßes nehmen kurzsichtig eine Zerschlagung der bewährten Versorgungsstruktur in Kauf, obwohl andere Versorgungsstrukturen weder vorhanden noch erwiesenermaßen besser sind. Wir müssen aber das Wohl der Patientinnen und Patienten im Blick behalten! Deshalb setze ich mich dafür ein, die wohnortnahe Arzneimittelversorgung rund um die Uhr zu erhalten - auch in Notfällen und mit in der Apotheke angefertigten Rezepturen bei persönlicher Beratung. Dies kann keine Versandapotheke leisten!“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Ich habe meine Meinung! Belästige mich nicht mit Tatsachen!

von Dr.med. Manneck am 05.11.2016 um 9:38 Uhr

Die Allianz der Versand-Verteidiger ist schon entlarvend.
Jung, gesund, mobil . Natürlich ohne jegliche Interessenskonflikte und leider auch ohne Detailkenntnisse.
Die Argumentationsweise dieser Allianz erinnert fatal an jene der Populisten in Europa.

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Vielen Dank,

von gabriela aures am 04.11.2016 um 16:19 Uhr

sehr geehrte Frau Huml für Ihre Initiative und Ihre Wertschätzung der Arbeit der Apothekn mit all ihren MitarbeiterInnen !

Nicht nur große Teile der SPD sollte noch mal nachdenken, sondern auchnganz explizit die Grünen !
Direkt am 19. Oktober forderte Frau Schulz-Asche ziemlich forsch und postwendend sofortige Maßnahmen der Regierung, um wieder Wettbewerbsgleichheit herzustellen.
Nur, um den Plan von Minister Gröhe im Handumdrehen und geradezu reflexartig abzulehnen ?
Achnö, finde ich doof.
Ende der Durchsage.

Schon bemerkenswert, daß ausgerechnet die CO2-Bilanz-Kontrolleure und TTIP/CETA -Gegner hier so willfährig den internationalen Aktiengesellschaften das Wort reden.
Und daß ausgerechnet diese beiden Parteien lieber taktieren, als sich um die nachhaltige Sicherung von über 155.000 Arbeitsplätzen mit 90%iger Frauenquote zu bemühen, ist schlicht eine Bankrotterklärung ihrer politischen Integrität und Identität.

Gerne wird auch von den Medien und den "Versandfreunden" immer verschwiegen, daß
1. es sich ausschließlich um ein Verbot von RX handelt -den Rest kann jeder Bürger gerne weiterhin bestellen.
2. gerade mal ca. 3% der Bevölkerung überhaupt RX im Versand bestellt.
Und selbst diese Zahl aus dem Jahr 2014/15 dürfte mittlerweile zu hoch gegriffen sein.
Ca. nur 0,6% aller RX -Packungen kam per Post ( IMS Zahlen von 2014).
Von "wichtigem Vertriebsweg" und "Sicherung der Versorgung" kann also nicht die Rede sein !

Und nahezu jede Apotheke bietet einen zumeist kostenlosen Botendienst an, wenn der Patient auf dem Weg vom Arzt in der ortsansässigen Apotheke nicht alles sofort bekommt.


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Dank der Frau Huml

von Heiko Barz am 04.11.2016 um 14:28 Uhr

Wer als verantwortungsvoller Gesundheitspolitiker, und nur die dürften sich in einem Beratungskreis über solche für Apotheken existenzielle Fragen einbringen, nicht so denkt wie die bayrische Gesundheitsministerin Melanie Huml, dem ist es eigentlich egal, was ein RX Arzneimittel bedeutet. Hauptsache, es kostet wenig, aus welchen dunklen Kanälen es kommt, ist ihm ebenfalls egal.
Wie können wir nur diesen liberalistischen Euromarkt- Verfechtern die Einzigartigkeit von RX Arzneien erklären, und das diese Arzneien unter gar keinen Umständen marktwirtschaftlicher Dynamik unterliegen dürfen. Das hieße im Klartext : Je mehr davon verkauft wird, desto größer der Profit!
Und genau das sollte doch gesundheitspolitisch nicht gewollt sein.
Übrigens, vor nicht all zu langer Zeit, von allen politischen Ebenen bestätigt, nur anscheinend längst vergessen.

Eigentlich geht es doch gar nicht um diese Fakten. Wir Deutschen als " EUROFIGHTER " müssen einfach den 21 Eurostaaten mit RX-Versandverbot klar machen, wie falsch sie ihre Gesundheitspolitik selbst einschätzen und demnächst auch bitte nach Gusto des EUGH zu verändern haben.
Unsere Regierung hat nur mit zitternden Knien Angst vor einer Kritik am EUGH, und das wäre ein Sakrileg.
Aus diesem Grund wird A. Merkel niemals eine Verteidigungsstellung für die stets verantwortungsbereiten Deutsche Apotheker eingehen können, und das wiederum heißt, dass für uns Apotheker dieses politische System nicht mehr wiedergewählt werden darf.
Leider gibt es kaum Alternativen, wenn man nicht gleich von der medialen Seite als 'Braun' und Rechtsaußen abgestempelt wird.
Ein Austritt aus der EU würde viel Unheil - und da ist dieses katastrophale EUGH-Urteil zum freizügigen Arzneimittel-Versandhandel nur eins von vielen Ungerechtigkeiten - vom Deutschen Volk nehmen.
Hat das nicht auch Frau Merkel in ihrem Eid bestätigt, schade nur, dass das immer so schnell zur eigenen Profession eifrig vergessen wird.
Wer den grenzenlos freien Marktwirtschaftlern das Feld der komplexen RX-Arzneien überläßt, der handelt sicher nicht
- ZUM WOHLE- der sozialen Gemeinschaft, sondern nur für seine ureigenen finanziellen Vorteile.

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Danke

von Anita Peter am 04.11.2016 um 12:42 Uhr

Danke Frau Huml für die klaren Worte!

Eines sollten sich alle SPD Politiker bewusst sein. Es gibt nur eine Menge X an RX Arzneimitteln. Hier kann ich die Ausbringungsmenge nicht durch Marketingmaßnahmen oder ähnliches erhöhen. ( Gott sei Dank ! ). Die vorhandene Menge an RX wird zukünftig nur anders verteilt. Die kapitalgesteuerten und mit reichlich Risikokapital ausgestatteten Versandhändler und die umsatzstarken Apotheken werden die Nutznießer sein, da diese die RX Arzneimittal an sich reissen werden. Die kleinen Apotheken, die erst gar keinen Spielraum für Boni haben, werden ratz fatz vor die Hunde gehen.
Die Preisbindung war der Königsweg. Da aber der EUGH das zu Fall gebracht hat, bleibt nur ein RX Versandverbot übrig, um die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln zu sichern. Ausser die Politik ist gewillt, alle Umsatzeinbußen der Apotheken 1:1 zu ersetzen. Anders werden wir nicht überleben.

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Ich habe nur eines zu sagen

von Christiane Patzelt am 04.11.2016 um 11:52 Uhr

D A N K E!!

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