ABDA-Präsident Schmidt

„Rx-Versandverbot kann sich noch Monate hinziehen"

Berlin - 09.11.2016, 16:15 Uhr


„Nutzen Sie die Chancen! Reden Sie mit Ihren Patienten und Ärzten über die unverzichtbaren Leistungen der Vor-Ort-Apotheke!“ Eindringlich appellierte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in seiner Eigenschaft als Präsident der Sächsischen Landesapothekerkammer an die Kammerversammlung, vor dem Hintergrund des EuGH-Urteils alles zu versuchen, ein Rx-Versandverbot zu erreichen.

„Sollte das Urteil eine Strategie der EU-Kommission widerspiegeln, dann stehen uns schwierige Zeiten bevor“, befürchtet Schmidt. Eingriffe in die Lebenswelt der Bürger würden wahrscheinlich. „Das läuft in Europa auf ein harmonisiertes Gesundheitswesen hinaus mit niedrigen Sicherheitsstandards.“ 

Die deutsche Politik habe die Auswirkungen erkannt und favorisiere deshalb ein Versandverbot von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. „Das ist kein Einknicken vor Partikularinteressen der Apotheker“, so Schmidt, „wir bilden uns auch nicht ein, dass das Rx-Versandverbot ausschließlich auf unser Betreiben hin gefordert wird. Wir unterstützen diese Forderung, es ist die einzige Alternative. Unsere Aufgabe ist es, das Bundesgesundheitsministerium zu unterstützen.“ Schmidt räumte allerdings ein, dass es nicht einfach sein werde, das Verbot durchzubringen, vor allem: „Der Zeitverlauf erstreckt sich über Monate hinweg, nicht zuletzt wegen des notwendigen EU-Notifizierungsverfahrens.“

Apotheker sollen Patienten aufklären

Jetzt komme es darauf an, Patienten über den Wert der wohnortnahen Versorgung aufzuklären: „Wir sind besser und schneller als der Versandhandel! Aber im Preiswettbewerb sehe dies anders aus, „deshalb müssen wir den Patienten nahebringen, dass wir in der Vor-Ort-Apotheke hohe Anforderungen haben aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und des Patientenschutzes“. Für Schmidt ist klar: „Viele Apotheken können nicht bestehen, wenn wir in diesen Wettbewerb eintreten.“

Aber selbst wenn die Apotheken die Verluste hinnehmen wollten, könne man den aus dem Preiswettbewerb resultierenden Nachteil für die Patienten nicht tolerieren, hob der ABDA-Präsident hervor: „Für viele Patienten bedeutet die Bestellung im Internet eine Barriere, sie brauchen persönliche Hilfe, direkte Zuwendung, das ist unersetzbar und unbezahlbar“. Der Zugang zu Leistungen dürfe nicht abhängig sein vom Ort, an dem man wohnt, oder ob man per Internet bestellt, „dafür werden wir kämpfen“.

Patientenansprache mit Emotionen

Schmidt ist sich im Klaren darüber, dass es schwer ist, Patienten mit Argumenten zu überzeugen, ihnen unsere Preisstruktur zu erklären. „Es bleibt zweifelhaft, ob die Patienten das verstehen“, ist sich Schmidt bewusst, die Komplexität unseres Systems ist sehr groß.“ Schmidt: „Ich versuchte, das EuGH-Urteil und seine Folgen meiner Friseuse zu erklären - ich weiß nicht, ob sie es verstanden hat.“ Dennoch, die Patientenansprache sei unverzichtbar. Daher plane die ABDA nun auch eine Unterschriftenaktion in den Apotheken, um Patienten für die Funktionen und die Bedeutung des Vor-Ort-Standorts zu gewinnen. Sein Rat: „Wir müssen es emotional machen, mit menschlichen Argumenten: Was hat der Patient davon, dass wir Apotheker vor Ort sind – das sollten wir thematisieren.“

Zur Prognose, ob ein Rx-Versandverbot kommt: Schmidt hofft, dass auch die SPD sich beim Rx-Versandverbot einig wird. Auch Sigmar Gabriel habe Handlungsbedarf eingeräumt. „Ich bin nach wie vor optimistisch, da die SPD keine Alternative skizzieren konnte. Außerdem, so Schmidt, eine diskutierte Höchstpreisverordnung sei ein absolut falscher Schritt.

Schmidts eindringlicher Appell auf der Kammerversammlung: „Bitte reden Sie mit allen, mit Patienten, Ärzten, Freunden. Die Unterstützung in der Bevölkerung ist größer, als wir annehmen, Nutzen Sie diese Chance!“


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Patientenansprache: nun soll wieder die Basis den Karren aus dem Dreck ziehen!

von Heiko Barz am 10.11.2016 um 11:03 Uhr

Natürlich können wir uns bei unseren Patienten und Kunden Gehöhr verschaffen und ihnen dezidiert unsere finanziellen Grundbedingungen zum Apothekenerhalt erklären, einige würden das vielleicht auch verinnerlichen. In den meisten Augen erkennt man aber nur stumpfes und argwöhnisches Missverständnis.
In den von uns bezahlten Apothekenpostillen müßte aber eine umfangreiche und mit unübersehbaren Fakten versehene Darstellung der Apothekenarbeitswelt und die aktuellen Preisgestaltungen abgedruckt werden. Man liest aber nur hin und wieder zu kurze und relativ inhaltslose Abhandlungen darüber. Wir sollten uns fragen wen wir da eigentlich finanziell überschütten?
Und wenn es dann tatsächlich gelingt, den einen und anderen zu überzeugen, so wird die Presse, gedruckt wie gesehen, mit ihren, der Wahrheit spottenden Todschlag Argumente, jede für uns positive Patientenregung gnadenlos vernichten. In den Presseorganen kann das derzeitig bis zum Erbrechen verfolgt werden.
Es geht diesen linken Presse Schreibern nicht um das Patientenwohl wie immer behauptet, sondern ausschließlich um die immer wieder geforderte Vernichtung des furchtbar anachronistischen und der digitalen Weltordnung entgegenwirkenden APOTHEKENPRIVILEGS.
Ich glaube noch nicht einmal, dass sich diese Schreiberlinge über die Konsequenzen ihrer Effekt heischenden Ergüsse völlig im Klaren sind.
Das werden dann die Ersten sein, die dann Weltuntergangs Szenarien beschwören, weil sie nachts und feiertags nicht mehr schnell genug an ihre Bagatellarzneien kommen.

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RX und Trump

von Frank Ebert am 09.11.2016 um 16:53 Uhr

Was würde Trump als deutscher Bundeskanzler machen ? Er würde ein Sofortiges Versandberbot erlassen mit der Begründung, das ein voll funktionsfähiges System bestehen bleibt, die 100 000 Arbeitsplätze erhalten bleiben, die Steuern in Deutschland und nicht in Holland gezahlt werden. Zudem würde er die Ordnungsgelder von Doc Morris endlich eintreiben.

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AW: RX und Trump

von Thesing-Bleck am 12.11.2016 um 12:55 Uhr

@ Frank Ebert
Sehr geehrter Herr Kollege, Ihre Einschätzung zu Herrn Trump teile ich ganz und gar nicht!
Meine Einschätzung: Donald Trump würde sofort das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufheben und dann eine Holding mit allen Apotheken entweder selber oder mit den vielen kleinen Tramps dieser Welt als Strohmänner betreiben.
Wenn ich seine Aussagen im Wahlkampf richtig interpretiere, dann will er ja viel stärker deregulieren als je ein amerikanischer Präsident zuvor. Das Arzneimittel als Ware der besonderen Art wäre dann schutzlos dem freien Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte unterworfen. Wollen Sie wirklich eine Politik, die zudem auch noch die gesetzliche Krankenversicherung abschaffen will?
Ich fürchte, Donald Trump könnte, wenn wir nicht sehr wachsam sind, schnell unserem System weitaus gefährlicher werden, als wir es bisher zu sehen vermögen.

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