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H5N8-Epidemie
Vogelgrippe erstmals auch in Niedersachsen
Mit einem schnellen Ende der Vogelgrippe-Epidemie ist nicht zu rechnen. Inzwischen verstehen die Forscher zwar den Eintragsweg immer besser, doch das Risiko von Ansteckungen ist weiter groß. Am Mittwoch wurde ein erster Fall in Niedersachsen bekannt, wo rund die Hälfte aller deutschen Hühner, Puten und Enten gehalten wird.
Die Vogelgrippe mit dem für Menschen bislang nicht gefährlichen H5N8-Erreger breitet sich weiter aus. Neben infizierten Wildtieren kam es Ende vergangener Woche auch zu einem Ausbruch in einem schleswig-holsteinischen Geflügelbetrieb: 30.000 Hühner mussten getötet werden. Wie der Erreger in den abgeschlossenen Betrieb kam, ist weiter unklar.
Erstmals seit Beginn der aktuellen Epidemie ist auch in Niedersachsen die Vogelgrippe nachgewiesen worden. Bei einer am Eixer See im Kreis Peine entdeckten Wildente sei die hochpathogene Virus-Variante gefunden worden, teilte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium am Mittwoch mit. Damit wurden inzwischen aus sechs Bundesländern Vogelgrippe-Fälle gemeldet. Als letztes der Bundesländer ordnete auch Berlin für bestimmte Risikoregionen vor allem nahe Flüssen und Seen eine Stallpflicht an.
In Niedersachsen wird rund die Hälfte aller deutschen Hühner, Puten und Enten gehalten. Nun gibt es auch dort einen Vogelgrippe-Fall – bei einem Wildvogel. Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) appellierte an Geflügelhalter, strikt alle Schutzmaßnahmen einzuhalten. „Das gilt insbesondere für Hygienevorkehrungen etwa durch Schleusen, Desinfektionsmatten, Handwaschbecken und Schutzkleidung“, erklärter er. Zutritt zu den Beständen sollten allein die Tierhalter haben.
Tiere müssen in den Stall
Im Kreis Peine wurde die Stallpflicht angeordnet – wie zuvor bereits in 20 anderen Landkreisen Niedersachsens. Um den Fundort der Ente wurde ein Sperrbezirk mit drei Kilometern Radius eingerichtet. In dem Gebiet gebe es 50 Betriebe mit insgesamt rund 1600 Tieren, hieß es vom Ministerium. In einer zusätzlichen Beobachtungszone von zehn Kilometern leben demnach rund 120.000 Tiere in Geflügelhaltungen. Auch in anderen Bundesländern wurde die Stallpflicht auf weitere Landkreise ausgedehnt. Damit soll der Kontakt zu erkrankten Wildvögeln, ihrem Kot oder verunreinigtem Wasser verhindert werden.
Der H5N8-Erreger sei vermutlich von Zugvögeln nach Europa
getragen worden, und der Vogelzug habe gerade erst begonnen, erklärte der
Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Thomas Mettenleiter. Weitere
Ausbrüche auf Geflügelhöfen seien jederzeit möglich. „Bei dem aktuell hohen
Infektionsdruck durch Wildvögel von außen sind vereinzelte Einträge in
Nutzgeflügelbestände nicht zu 100 Prozent zu verhindern.“
In Kassel wurde vorsichtshalber die für dieses Wochenende geplante größte deutsche Vogelschau mit rund 1000 Züchtern und 14.000 Tieren abgesagt. Die Veranstaltung hätte im Risikogebiet der Fuldaauen stattgefunden, teilte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Kassel am Dienstag mit. „Das Risiko einer Ansteckung von Tieren während dieser Veranstaltung mit dem Virus sowie einer Weiterverbreitung des Erregers über Deutschland ist zu groß“, hieß es. Die Vogelschau hat seit 1953 bisher 64 Mal stattgefunden – nun fällt sie erstmals aus.
Erreger kam wahrscheinlich aus Russland
In Deutschland wurde das Virus bisher vor allem im Süden und Norden bei verendeten Wildvögeln gefunden. Der Erreger sei vermutlich von Zugvögeln aus Russland eingeschleppt worden, sagte FLI-Präsident Mettenleiter. Demnach war das Virus im Sommer 2016 bei Wildvögeln in Zentralrussland, in Sibirien und der Mongolei nachgewiesen worden. Da der aktuell in Mitteleuropa auftretende Erreger dem im Sommer gefundenen „sehr ähnele“, könne man davon ausgehen, dass er von dort über Wildvögel nach Westen gelangt sei.
Beim winterlichen Vogelzug flüchten Hunderttausende Vögel vor der Kälte im Osten und Norden Europas nach Westen. Ob damit in den kommenden Wochen mehr infizierte Wildvögel in Mittel- und Westeuropa gefunden werden, müsse abgewartet werden, sagte Mettenleiter. Die Situation könne sich noch verschärfen. Es sei aber auch durchaus möglich, dass es wie bei der Vogelgrippe-Epidemie von 2006 Phasen gebe, in denen die Infektionsdynamik wieder abebbe.
Schutzimpfung nicht sinnvoll
Ausnahmen von den Schutzmaßnahmen, die in Deutschland ergriffen wurden, gab es auch für besonderes Federvieh nicht: Auch die Weihnachtsgans von Kanzlerin Angela Merkel muss ihre letzten Wochen im Stall verbringen. „Natürlich habe ich wie andere Tierhalter die Weisung des Ministers umgesetzt“, sagte der vorpommersche Hobbygeflügelhalter Wolfhard Molkentin, von dem Merkel seit Jahren eine Pommerngans bezieht. Hamburgs rund 120 Alsterschwäne bezogen verfrüht ihr Winterquartier – wegen der Stallpflicht diesmal ein rund 500 Quadratmeter großes Zelt.
Eine Schutzimpfung für Nutzgeflügelbestände sei trotz der Infektionsgefahr nicht sinnvoll, erklärte FLI-Präsident Mettenleiter. Eine Impfung verhindere zwar klinische Symptome, nicht aber die Infektion. „Wir rennen dann in die Gefahr, dass sich unter der Impfdecke die Infektion weiter ausbreitet.“ Impfungen sind derzeit auf Antrag für besonders seltene Rassen und Zoohaltungen möglich.
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