Neuer Noweda-Chef Kuck

Kassen an Lieferengpässen mitschuldig – Noweda nicht

Essen - 21.11.2016, 10:30 Uhr

Der zukünftige Noweda-Vorstandschef Dr. Michael P. Kuck: Noweda als Unternehmen der Apotheker exportiere „anders als andere“ nicht systematisch knappe Arzneimittel. (Foto: Noweda)

Der zukünftige Noweda-Vorstandschef Dr. Michael P. Kuck: Noweda als Unternehmen der Apotheker exportiere „anders als andere“ nicht systematisch knappe Arzneimittel. (Foto: Noweda)


Mit scharfen Worten hat der designierte Vorstandschef der Noweda Kuck die Krankenkassen angegriffen. Sie drangsalierten Leistungserbringer, vernachlässigten das Patientenwohl und verhielten sich unanständig. Ihre Sparpolitik sei mit Schuld an den Lieferengpässen. In diesem Zusammenhang gab die Noweda eine Selbstverpflichtung ab.

Einer der Mitschuldigen an den zunehmenden Arzneimittel-Lieferengpässen in Deutschland sei der pharmazeutische Großhandel, erklärte der zukünftige Noweda-Vorstandschef Dr. Michael P. Kuck in seltener Offenheit. Da in vielen Fällen Arzneimittel inzwischen in Deutschland billiger zu haben sind als im Ausland, nutze mancher Pharmahändler – „und leider auch die eine oder andere Apotheke“ – das Preisgefälle zum eigenen Vorteil und exportiere Arzneimittel, die dann in Deutschland knapp werden, sagte Kuck bei der Generalversammlung des genossenschaftlichen Großhändlers am Samstag in Essen. Zu diesem Umstand habe auch die „Sparwut der Gesundheitspolitik“ beigetragen, die Warenströme folgten nun einfach den Gesetzen der Ökonomie.

Selbstverpflichtung der Noweda

Die Noweda als apothekereigenes Unternehmen exportiere „anders als andere“ nicht systematisch knappe Arzneimittel: „Noweda bereichert sich nicht am Preisgefälle und entzieht dem Markt keine dringend benötigten Arzneimittel“, so Kuck. Das werde auch in Zukunft so bleiben, versprach er. Man werde diese Selbstverpflichtung auch den Herstellern mitteilen. Außerdem werde man für jedes knappe, exportgefährdete Arzneimittel bekannt machen, welche Anzahl an Packungen die Industrie geliefert und welche Anzahl an Packungen an Mitglieder und Kunden weitergegeben worden sei. Die anderen deutschen Großhändler forderte Kuck auf, diesem Beispiel zu folgen und sich zur umfassenden Wahrnehmung und Erfüllung ihrer Versorgungsverpflichtung zu bekennen. 

Kritik am Verhalten der Kassen…

Am Verhalten der Krankenkassen ließ Kuck in seinem Bericht an die Generalversammlung kein gutes Haar. Neben der Mitschuld an den Lieferengpässen warf er ihr vor, ihre zentrale Aufgabe – sich um die Gesundheit ihrer Versicherten zu kümmern – zu vernachlässigen. Lieber befasse sie sich mit der Erkundung immer neuer Sparmöglichkeiten. Er frage sich, ob das Führungspersonal „jegliches Gespür für angemessenes Verhalten verloren“ habe und was in ihren Köpfen vorgehe, wenn sie die Apotheken, die Tag für Tag und manche Nacht die Versorgung der Versicherten garantieren, immer weniger als Partner und dafür als lästigen Kostenfaktor behandelten.

Statt Wertschätzung gebe es Drangsalierungen, manche Akteure würden „den Konflikt gleichsam zum Goldstandard des Umgangs miteinander erheben“. Nullretaxationen erklärte Kuck angesichts Milliardeneinsparungen, die nur durch die Umsetzung der Rabattverträge durch die Apotheker überhaupt möglich sein, zur Schikane. Auch wenn diese wohl rechtlich nicht angreifbar seien, gelte hier doch die einfache Formel „was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand“.

… und Androhung von Schadenersatzklagen

Die Praxis, dass manche Kasse neuerdings zum Nachweis der Nichtlieferbarkeit eines Rabatt-Arzneimittels den Nachweis zweier statt eines Großhändlers abfordere, haben man in einem Schreiben an den Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg scharf verurteilt, so Kuck. Außerdem habe man der Kasse Schadenersatzklagen angedroht, falls es in Folge dieser AOK-Forderung dazu komme, dass von Apotheken Umsätze bei der Noweda abgezogen und an einen zweiten Großhändler vergeben werden.

Die Kassen handelten unanständig und hätten offenbar ihren inneren Kompass verloren – diesen Verlust bekämen Apotheken und ihre Patienten jeden Tag zu spüren, so Kuck. Deswegen sei eine neue Ethik bei den Krankenkassen nötig. Die Noweda jedenfalls werde auch in Zukunft klar und deutlich sagen, „dass sie nicht einverstanden ist, dass der Sparwahn der Krankenkassen rücksichtslos auf dem Rücken der Apothekerinnen und Apotheker ausgetragen wird“.

Michael Kuck wird zum Jahresbeginn Vorstandsvorsitzender der Noweda Apothekergenossenschaft. Der 52-jährige Jurist folgt auf Wilfried Hollmann, der zum Jahresende altersbedingt nach 40 Jahren im Unternehmen ausscheidet.



Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Lieferengpässe/ Kassen-Verhalten

von Alexander Zeitler am 21.11.2016 um 19:40 Uhr

Endlich spricht da mal jemand Klartext. Ich wüsste zu gerne, was die Kassen kassieren für die Zulassung zu den Rabattverträgen? Was zahlen die Hersteller? Eine Mauer des Schweigens. DIe Herren Lauterbach und Bahr sollten sich darum mal kümmern, Was da abläuft ist politisch legaliesierte Bestechung. Da könnten Sie merh erreichen, als sich blind gegen uns Apotheker zu stellen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bravo

von Karl Friedrich Müller am 21.11.2016 um 11:32 Uhr

das war überfällig und kann gar nicht oft genug wiederholt werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.