DocMorris vs. Kammer Nordrhein

Bundesgerichtshof schickt Rx-Boni in die nächste Runde

Berlin - 25.11.2016, 15:30 Uhr

Vor dem Bundesgerichtshof trafen sich gestern die Anwälte der Apothekerkammer Nordrhein und von DocMorris. (Foto: BGH)

Vor dem Bundesgerichtshof trafen sich gestern die Anwälte der Apothekerkammer Nordrhein und von DocMorris. (Foto: BGH)


Der Bundesgerichtshof hat am gestrigen Donnerstag erstmals unter den neuen Vorzeichen des EuGH-Urteils zur Rx-Preisbindung ein Boni-Verfahren verhandelt. Das Ergebnis: Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Köln, muss im Streit zwischen DocMorris und Apothekerkammer Nordrhein erneut entscheiden.

Die Apothekerkammer Nordrhein und die niederländische Versandapotheke DocMorris kämpften und kämpfen in zahlreichen Verfahren um die unterschiedlichsten Boni-Varianten. Das Landgericht sowie das Oberlandesgericht in Köln haben in den vergangenen Jahren immer wieder zugunsten der Kammer entschieden. Gegen DocMorris wurden Ordnungsgelder festgesetzt, deren Beitreibung sich allerdings als höchst schwierig erwiesen hat.

Am 24. November stand nun die mündliche Verhandlung in einem Revisionsverfahren zu einem der Kölner Urteile vor dem Bundesgerichtshof an. Wie kam es zu diesem Verfahren? Das Oberlandesgericht Köln hatte DocMorris im Juli 2015 in einem Teilurteil untersagt, ihren Kunden für die Werbung eines neuen Kunden, der ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel erwirbt, eine Bankgutschrift von 10 Euro zu versprechen und/oder zu gewähren (Az.: 6 U 189/14). Für die Zuwiderhandlung wurde angedroht, ein Ordnungsgeld festzusetzen. Wie stets legte DocMorris auch gegen dieses Urteil  Rechtsmittel ein.

Die Revision am gestrigen Donnerstag fand vor einem spannenden Hintergrund statt: Wie würde der Bundesgerichtshof einen guten Monat nachdem der EuGH geurteilt hat, dass die Rx-Preisbindung im grenzüberschreitenden Versandhandel europarechtswidrig ist, entscheiden? Grundsätzlich besteht die Frage, inwieweit die nationalen Gerichte hierzulande an Entscheidungen des EuGH gebunden sind. Zweifelsfrei besteht die Bindung für das Gericht, das dem EuGH die Vorlagefrage gestellt hat.

Hat der EuGH seine Kompetenzen überschritten?

Die Apothekerkammer Nordrhein kam allerdings nach genauer Prüfung des EuGH-Urteils zu dem Schluss, dass der EuGH in seinem jüngsten DocMorris-Urteil seine Kompetenzen überschritten habe. Denn im Vertrag über die Arbeitsweise in der Europäischen Union heißt es ausdrücklich, die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung werde gewahrt (Art. 168 Abs. 7 AEUV). Die Kammer hatte daher angestrebt, dass der Bundesgerichtshof dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorlegt, ob eine EuGH-Entscheidung, die in einer solchen Kompetenzüberschreitung gefällt wurde, bei einem Urteil in Deutschland Berücksichtigung finden muss.

Immerhin hat sich der EuGH in Sachen Rx-Boni auch gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestellt – und gegen die des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Die höchsten Richter des Landes waren davon ausgegangen, dass die deutsche Preisbindung europarechtlich unproblematisch ist, da es schließlich um eine Regelung zum Gesundheitsschutz geht.

Der Bundesgerichtshof will nun aber nicht zum Bundesverfassungsgericht. Er hat das Urteil stattdessen aufgehoben – und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen. Die Gründe für die Entscheidung liegen noch nicht vor. Nach Informationen von DAZ.online klang in der Verhandlung in Karlsruhe an, dass das Gericht einen Verstoß gegen § 7 HWG annimmt. Nach dieser Norm ist es grundsätzlich unzulässig, im Zusammenhang mit produktbezogener Werbung für Heilmittel Zuwendungen anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Auch die Vorinstanz hatte einen solchen Verstoß angenommen und eine produktbezogene Werbung bejaht. Erörtert wurde aber auch, dass die Entscheidung des EuGH und somit die preisbildenden Vorschriften ebenfalls Einfluss auf das Verfahren haben werden.

Nun heißt es abwarten, bis das OLG Köln einen Termin für das zurückgekehrte Verfahren findet. Man darf gespannt sein, wie es mit der neuen EuGH-Rechtsprechung umgehen wird.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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