Studie in „Science“

Wie der Sozialstatus das Immunsystem beeinflusst

Durham - 25.11.2016, 12:50 Uhr

Nicht nur beim Lausen: Der Sozialstatus ist bei Affen wie auch beim Menschen von zentraler Bedeutung. (Foto: Composer / Fotolia)

Nicht nur beim Lausen: Der Sozialstatus ist bei Affen wie auch beim Menschen von zentraler Bedeutung. (Foto: Composer / Fotolia)


Entzündungsreaktionen können retten – oder schaden

Im nächsten Schritt wurde den Rhesusaffen Blut abgenommen, das im Labor mit bakteriellen Giften infiziert wurde. Das Blut der sozial niedrig gestellten Tiere produzierte eine deutlich größere Zahl von sogenannten Zytokinen als Reaktion auf die bakterielle Infektion. Beim Menschen ist die vermehrte Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen als „Entzündungsaltern“ bekannt: Sie ist gerade bei Älteren mit chronischen Erkrankungen verbunden. 

Die Beobachtung der US-Forscher könnte auch erklären, warum ärmere Menschen sowie solche aus der Arbeiterschicht öfter mit entzündlichen Erkrankungen wie Diabetes oder Herzkrankheiten zu kämpfen haben, wie Co-Autor Luis Barreiro, Evolutionsgenetiker an der Universität von Montreal, sagt. „Eine starke entzündliche Reaktion kann lebensrettend bei Infektion sein.“ Aber diese Mechanismen der Selbstverteidigung könnten auch Schäden verursachen, wenn sie nicht richtig kontrolliert würden.

Veränderungen spiegeln sich im Immunsystem

Die Forscher veränderten auch die Rangordnung der Affen, indem sie neue Tiere in die Gruppe einführten: Die Neuen fanden sich – unabhängig von ihrem vorherigen Status – am unteren Ende der sozialen Leiter. Gleichzeitig achteten die Biologen darauf, vormalig schwächere Weibchen in der Hierarchie weiter nach oben rücken zu lassen. Das Ergebnis: Das Immunsystem reagierte deutlich auf den sozialen Auf- oder Abstieg. „Das deutet darauf hin, dass die Auswirkungen von Status auf die Gesundheit nicht permanent sind, zumindest im Erwachsenenalter“, folgert die Co-Autorin und Evolutionsanthropologin Jenny Tung.

Für den Neuroendokrinologen Sapolsky wirft die Studie wertvolle Fragen auf, die im Hinblick auf das Verhältnis von sozioökonomischem Status und Gesundheitszustand beim Menschen überprüft werden sollten. Denn erstaunlich wenig lasse sich darauf zurückführen, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung sich unterscheidet oder in welchem Maße Menschen Risikofaktoren ausgesetzt sind.

„Stattdessen hängt viel am psychologischen Stress eines niedrigen sozioökomischen Status“, sagt Sapolsky. „Soziale Not geht unter die Haut“, unterstreicht auch Biologe Noah Snyder-Mackler. „Wenn wir Menschen helfen können, ihre soziale Stellung zu verbessern und einige dieser Hierarchien zu reduzieren, könnten wir in der Lage sein, ihr Gesundheit und ihr Wohlergehen zu verbessern.“ 



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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